Mandys Verlangen
wider. Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust, während sie auf ihrem Stuhl saß und den Mann anstarrte.
Er hatte sich kaum verändert, war nur älter – oder besser: reifer – geworden, was ihn jedoch noch attraktiver machte.
Nicholas Clayton! Träumte sie etwa? Ging er tatsächlich gerade den schmalen Gang zwischen den Tischen hindurch, oder handelte es sich um eine Sinnestäuschung?
Mit einem Ruck fuhr sie zu Clemens herum. So vehement, dass ihr Ellbogen das Weinglas streifte. Es fiel um, der rote Inhalt ergoss sich über den Tisch und tropfte auf Carlas edlen Wildlederrock.
»Verdammt!« Carla sprang auf und begann, wie wild mit der Serviette auf dem Stoff herumzureiben. »Können Sie denn nicht aufpassen?«
»Es tut mir leid«, stotterte Mandy. Im selben Moment wurde ihr klar, dass sie log. Im Gegenteil, es war genau das geschehen, was sie sich unterbewusst gewünscht hatte.
»Das war wirklich ungeschickt«, mischte Clemens sich ein, der mindestens genauso empört war wie Carla. »Meine Güte, der schöne Rock. Schau nur Mandy, was du da angerichtet hast!«
»Es tut mir leid«, wiederholte Mandolyn gereizt. »Bringen Sie den Rock in die Reinigung. Ich werde den Schaden selbstverständlich ersetzen.«
»Das ist Wildleder!«, keifte Carla aufgebracht. »Wildleder, begreifen Sie, was ich sage? Das kann man nicht reinigen. Der Rock ist ruiniert!«
»Das ist ein Totalschaden.« Clemens reichte Carla seine Serviette, damit sie den Fleck trockenreiben konnte. »Vollkommen hin. Also wirklich, Mandy!«
»Hilft es, wenn ich mich auf der Stelle erschieße?«, fragte Mandy zornig. Clemens behandelte sie wie ein Kind! »Ich habe gesagt, dass es mir leidtut und dass ich den Schaden ersetze. Aber es ist nun mal passiert, und ich kann es nicht rückgängig machen. Miss Young soll sich einen neuen Rock kaufen und mir die Rechnung schicken.«
»Nein, nein, ist ja schon gut«, lenkte Carla hastig ein. Mandys Wutausbruch hatte ihren eigenen Zorn etwas abgekühlt. Sie setzte sich wieder, rieb aber weiter wie besessen an dem Fleck herum. »Die Welt wird davon nicht untergehen. Ich hoffe nur, dass ich das Modell noch einmal bekomme. Es war nicht gerade günstig.«
»Bestimmt«, versuchte Robert Miles, sie zu trösten. »Und wer weiß, vielleicht kriegt die Waschmaschine das ja doch wieder hin.«
»Ich werde mich hüten, ein so teures Teil in die Maschine zu stecken!«, erwiderte Carla entrüstet und schoss ihm einen giftigen Blick zu, der von Robert mit einem entwaffnenden Grinsen quittiert wurde.
Clemens grummelte unterdessen leise vor sich und versuchte, die Tischdecke zu trocknen. Der Kellner kam ihm zu Hilfe, brachte eine frische Decke und Servietten, mit denen Carla ihren Rock weiter bearbeiten konnte.
Endlich beruhigte sich die Situation wieder. Clemens strafte Mandy noch einmal mit einem langen, vorwurfsvollen Blick. Aber dann wandte sich das Gespräch wieder dem Thema zu, bei dem sie unterbrochen worden waren.
Mandy lehnte sich zurück. Sie hielt Ausschau nach Nicholas, den sie durch den Zwischenfall aus den Augen verloren hatte.
Vielleicht hatte sie sich ja getäuscht und dieser Mann hatte dem Bekannten aus alten Jugendtagen einfach nur sehr ähnlich gesehen? Ja, ganz sicher hatte der heutige Nick mit den Bildern ihrer Erinnerung nichts mehr gemein. Er war wahrscheinlich fett geworden, hatte Geheimratsecken oder sogar schon eine Halbglatze und sah längst nicht mehr so gut aus wie damals, als sie noch ein dürrer Teenager mit Zahnspange gewesen war.
Trotzdem klopfte ihr Herz immer noch wie wild, wenn sie an ihn dachte. Komisch, manche Dinge änderten sich nie. Egal wie viele Jahre vergingen.
Langsam beruhigte sich Mandy wieder. Sie konnte Nick oder den Mann, den sie für ihn gehalten hatte, nirgendwo entdecken. Na also, dann hatte sie sich tatsächlich getäuscht, dumme Pute ! Mandy musste jetzt über sich selbst und ihre heftige Reaktion lächeln. Nun, wenigstens hatte diese unerträglich kluge Carla einen Dämpfer erhalten. Das war immerhin eine kleine Genugtuung.
Später, beim Verlassen des Lokals, ließ Mandy ihren Blick noch einmal unauffällig über die Tische gleiten. Doch ihre Augen mussten ihr wirklich einen Streich gespielt haben. Keiner der Gäste, die hier saßen und das exzellente Essen genossen, hatte auch nur im Entferntesten Ähnlichkeit mit Nicholas Clayton.
Während sie noch über sich und ihre Fantasie den Kopf schüttelte, verließ Mandy das Four Roses und verabschiedete sich draußen
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