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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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durcheinandergebracht?«
    »Oder Ihre Bogart-Imitation.«
    »Sie sind heute aber empfindlich, was?«
    »Was wollen Sie?« fragte Walter. »Bedienen Sie sich, falls Sie es
finden können.«
    Zaif stieß ein paar Bücher von einem Stuhl und setzte sich. Walter
fuhr fort, Ordnung in seine Jazzplatten-Sammlung zu bringen, als Zaif anfing:
»Ich habe mich wieder beim Gerichtsmediziner erkundigt. Er hat in Marlunds
Magen nur geringe Spuren von Barbituraten gefunden.«
    »Hmm, äh...«
    »Verstehen Sie nicht?« fragte Zaif. »Wie soll sie eine tödliche Dosis
Nembutol geschluckt haben, die in ihrem Magen dann nicht zu finden ist?«
    Die Lösung dieses Rätsels, dachte Walter, als er eine kostbare
Oscar-Peterson-LP wieder in ihre Hülle schob, lautet, daß das Nembutol direkt
in die Blutbahn injiziert wurde und so nicht mit dem Verdauungsapparat in
Berührung kam.
    »Ich habe dem Gerichtsarzt die gleiche Frage gestellt«, fuhr Zaif
fort, »und dieser Knallkopf sagt mir im Grunde nur so etwas wie: >Keine
Ahnung.< Dann erwähnt er, daß er zwischen ihren Zehen einen Einstich
gefunden hat, und ich frage ihn, weshalb er mir das nicht früher erzählt hat,
und er antwortet so etwas wie: >Sie haben mich nicht gefragt.< Dann sage
ich: >Dann können Sie das doch keinen Selbstmord nennen<, worauf er
sagt: >Natürlich kann ich das. Die Frau hat sich eine illegale Injektion
gegeben<... eine >illegale Injektion<, als hätten wir vor, sie unter
Anklage zu stellen..., >und ist daran gestorben.< Und ich sage: >Doc,
das ist wunderbar, wenn ich davon absehe, daß wir keine Spritze gefunden haben.<
oder so ähnlich. Dann fängt er an zu mauern und sagt so etwas wie: >Von der
Frau war bekannt, daß sie Alkohol zusammen mit Barbituraten einnahm, und das
bietet immer ein Potential für schädliche Vorkommnisse.< >Schädliche
Vorkommnisse?< frage ich. >Todesfälle etwa?< Worauf er sagt, der Tod
sei gewiß eine Möglichkeit, worauf ich sage: >Möglichkeit, du lieber Himmel,
Doktor, das einzige, was wir sicher wissen, ist, daß sie tot ist.<«
    »Wenn Sie kurz mal Luft holen wollen oder so, lassen Sie sich durch mich
nicht stören.«
    »Nein, mir geht's gut«, entgegnete Zaif. »Also frage ich den Doktor,
ob es für uns eine Möglichkeit gibt zu bestimmen, ob sie durch eine tödliche
Injektion getötet worden ist - entweder von eigener Hand oder, wie soll ich
sagen, durch Fremdeinwirkung, worauf er sagt: >Na klar, untersuchen Sie Ihre
Leber, da müßte es sich zeigen!< Und ich sage so etwas wie: >Fabelhaft,
dann schneiden Sie sie doch wieder auf<, worauf er sagt, das könne er nicht
tun. In diesem Augenblick werde ich ein bißchen sauer und frage: >Mit wem
muß ich denn sprechen, um das zu veranlassen<, worauf er sagt - das wird
Ihnen gefallen, Walter - worauf er sagt: >Versuchen Sie es doch beim
Generalstaatsanwalt oder was auch immer in Dänemark, denn dort befindet sie
sich jetzt.< Dies waren seine genauen Worte. Der Leichnam wurde heute morgen
ausgeflogen.«
    »Was wollten Sie denn?« fragte Walter. »Sie ausstopfen und einrahmen
lassen, sozusagen?«
    »Allmählich kriegen Sie Ihren Sinn für Humor wieder«, sagte Zaif. »Das
gefällt mir. Nein, was ich mir vorstelle, ist folgendes: Daß jemand sie
entweder mit Schnaps abgefüllt hat, bis sie in Ohnmacht fiel, oder ihr etwas in
den Wodka tat, was sie k. o. machte, um sie dann mit flüssigem Pentobarbitol
vollzupumpen, was ziemlich clever ist, weil Nembutol nur der Markenname von
Pentobarbitol ist. Es sieht also perfekt aus, nicht wahr? Unglückliche
Schauspielerin verabschiedet sich mit Schnaps und Pillen in die ewigen
Jagdgründe, wenn wir schon von kulturellen Klischees sprechen.«
    Was ungefähr das ist, was auch ich herausgefunden habe, dachte Walter.
Ich kann nur noch nicht den Daumen darauf legen, wer genau es getan hat. Aber
bald.
    »Doch jetzt werden Sie es nie erfahren«, sagte Walter, »weil Sie keine
zweite Autopsie vornehmen lassen können.«
    »Oh, ich werde es auch so erfahren, weil Sie es mir sagen werden.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Weil das die einzige Chance ist, die Ihnen noch bleibt, Walter«,
sagte Zaif. »Himmel, Keneally hat eine schöne Frau wie die töten lassen.
Stellen Sie sich doch nur vor, was er mit Ihnen tun wird, und dabei hat er Sie
nicht mal gefickt. Jedenfalls glaube ich nicht, daß er es getan hat. Oder
doch?«
    Nur bildlich gesprochen, dachte Walter.
    Er fand die neue Platte von Ahmad Jamal, wollte sie in die Hülle
schieben, überlegte es sich dann anders

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