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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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durch wie viele städtische Parks, an wie vielen Flußufern? Wie
oft am Ufer der schwarzen, kalten und zornigen Insel Skeppsholmen in jenen
bitteren Stockholmer Tagen? Vertraust du mir? So gesprochen,
daß der Agent nicht nein sagen konnte.
    »Ja.«
    »Dann rühr dich nicht von der Stelle. Verstehst du?“
    »Ja.«
    »Bleib wo du bist«, befahl er. »Geh nicht aus, laß niemanden rein und
geh nicht ans Telefon, es sei denn, ich bin's.«
    Komisch, dachte er, selbst am Telefon kann man ein Zögern spüren.
    »Ich fange morgen abend wieder an zu arbeiten«, sagte sie. Und fügte
dann hinzu: »Im Rainbow Room.«
    Morgen wird alles vorbei sein, dachte er.
    »Rühr dich nicht von der Stelle, bis du wieder von mir hörst«, sagte
er.
    »Ich...«
    »Vertraust du mir?«
    »Ja«, sagte sie. »Haßt du mich?«
    »Nein«, sagte er.
    »Je t 'aime.«
    »Je t 'aime aussi.«
    Das tue ich wirklich, dachte er, als er auflegte. Meine liebe
Verräterin.
     
    »Sie sind heute früh dran, Mr. Walter«, sagte Malion. »Ich werde den
Kaffee und den Kopenhagener raufschicken.«
    »Sie sind absolut unbezahlbar«, erwiderte Walter.
    »Ich möchte ja nicht aufdringlich sein«, sagte Mallon, »aber sehe ich
da Blut, Mr. Withers?«
    »Ich habe heute morgen eine Rasierklinge fallen lassen, bückte mich,
um sie aufzuheben, und vergaß, daß ich mit dem Kopf unter dem Waschbecken war,
als ich wieder aufstand«, sagte Walter.
    »Aua.«
    »Dummheit hat ihren Preis«, bemerkte Walter trocken.
    »Sie sollten das mal untersuchen lassen.«
    »Wenn Sie sagen, daß ich mal meinen Kopf untersuchen lassen sollte,
haben Sie nicht ganz unrecht.«
    Mallon lachte und sagte dann ernst: »Gibt es etwas, was ich für Sie
tun kann, Mr. Withers?«
    Walter wollte erst zögern, doch dann sagte er: »Ob Sie vielleicht auf
Fremde achten könnten?“
    »Fremde?«
    »Auf jeden, der nicht hierher zu gehören scheint.«
Mallon warf ihm den skeptischen Blick eines altgedienten Portiers zu.
    »Sie haben eine Rasierklinge fallen lassen«, sagte
er. »Eine von Schick, ja.“
    »Tückische Dinger.“
    »Genau wie Waschbecken.«
    Dann hinauf in sein schmales Handtuch von Büro. Er hatte das Gefühl,
ohne den gewohnten Morgenkaffee und das Gebäck mit leeren Händen zu kommen. In
seinem Kopf pochte es, doch er fühlte sich auch merkwürdig ... freudig
erregt wäre zu viel gesagt... vielleicht resigniert. Jedenfalls zufrieden damit, für ein paar Stunden in den beruhigenden
Trott der Schreibtischarbeit zu verfallen.
    Er trat ans Fenster, genoß seine Teilaussicht auf Saks und die
St.-Patricks-Kathedrale und sah zu, wie 16C ohne jede
Begeisterung seinen Arbeitsplatz betrat. An diesem Morgen winkte er 16 C nicht zu. Der Mann wirkte ... aus der Entfernung war es
schwer zu sagen, doch irgendwie hatte es den Anschein, als sähe der Mann
gekränkt aus. 16 C blickte
für einen Augenblick zu Walter hinüber und hob dann schüchtern seinen
Pappbecher zu einer Art Gruß oder Ehrenbezeigung. Walter winkte jedoch nicht
zurück, sondern starrte nur einen Moment hinüber und zog dann die Jalousien
herunter.
    Dann setzte er sich an den Schreibtisch, denn weil er am nächsten Tag
wahrscheinlich noch nicht zurück sein würde, würde Arbeit liegen blieben, und
es wäre unfair, seine Kollegen mit unvollständigen Akten sitzenzulassen. Nein,
dachte er, deine persönlichen Probleme sind nur eines, nämlich deine
persönlichen Probleme, und sollten deinen Freunden und Kollegen keine
Kopfschmerzen bereiten.
    Also nahm er sich sein Spesenformular vor, trug die Höhe der Rechnung
von Sardi's ein und befestigte die Rechnung am Blatt. Dann fischte er sich aus
seiner Sammlung eine leere Quittung heraus und trug neun Dollar und Wechselgeld
ein, um seine Zehndollarbestechung für den charmanten Türsteher am Winter
Garden zu decken.
    Als er den Spesenbericht fertig hatte, nahm er sich seinen täglichen
Tätigkeitsbericht vor, der angesichts der Situation nicht ganz einfach war.
Folglich schrieb er sich in der Howard-Akte ein paar zusätzliche Stunden gut
und frisierte die Zeiten ein wenig, die er den verschiedenen Amouren Keneallys
gewidmet hatte, und schuf so einen Ausgleich.
    In diesem Augenblick erschien einer von Mallons Günstlingen mit dem
Frühstück, sagte, Mallon werde ihn skalpieren, wenn er das angebotene
Trinkgeld annehme, und trat eilig den Rückzug an.
    Als Walter sein Frühstück hinunterwürgte, läutete das Telefon.
    »Withers, Personalüberprüfung.“
    »Zaif. Scheußliche Verbrechen. Raten

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