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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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wirst
also den jungen Prinzen und seine Prinzessin beschützen«, sagte sie.
    »Strenggenommen nur die junge Prinzessin.“
    »Vor dem jungen Prinzen?«
    »Vielleicht«, sagte er lachend. »Wenn ich ihr Leibwächter sein
soll...«
    »Das Scheunentor könnte aber weit offen stehen«, sagte Anne.
    »Zieh die Krallen ein.«
    »Der junge Prinz ist ein Scheißkerl«, sagte sie.
    Anne und ihre Neigung zu voreiligen Schlüssen, dachte Walter. Das
kommt davon, daß sie so viele populäre Songtexte singt.
    »Ist die Party noch im Gang, und bin ich eingeladen?« fragte er sie.
    »Sie ist es, und du bist willkommen.«
    Eine Weihnachtsfeier im Cellar unter den In-Leuten des Village.
    »Ich werde ein Dinner Jackett tragen«, warnte er sie, als er an ihre
Freunde aus der Boheme dachte. »Es sei denn, du sagst mir, ich soll erst zu Hause
vorbeifahren und mich umziehen.«
    »Tu's nicht. Sie werden dich für wunderbar aufgedonnert halten.«
    »Ich komme, so schnell ich kann«, versprach er.
     
    Walter schaffte es, um sieben im Plaza Hotel zu sein.
    Er ließ sich an der Ecke Fifth Avenue und Central Park South absetzen,
weil die Auffahrt vor dem Haupteingang des Plaza mit Lieferwagen, Taxis und
Limousinen vollgestellt war. Außerdem war das Plaza von dieser Ecke aus einer
von Walters Lieblingsanblicken, besonders an einem funkelnden, feierlichen Abend
wie diesem. Zu seiner Rechten glitzerte der Park von frischgefallenem Schnee,
und zu seiner Linken strömte silbrigglänzendes Wasser aus dem Springbrunnen auf
der Grand Army Plaza. Direkt vor ihm präsidierte das Plaza Hotel wie eine
Königin über Untertanen, die jetzt ankamen, um sie in ihrem besten
Sonntagsstaat zu begrüßen.
    Walter kam die ganze Szene wie bei einer dieser Spielzeugkugeln vor,
in denen künstlicher Schnee auf hübsche Miniaturgebäude fällt.
    Und die Geräusche: das Hupen der Autos, das Stimmengewirr, das
stetige Trapp-Trapp der Kutschpferde, das der Schnee dämpfte, als sie
aufgeregte Kinder und träumende Liebespaare zu einer Fahrt unter den Bäumen des
Central Park entführten.
    Ein leichter Schneefall am Heiligen Abend ist das erste und beste Geschenk,
dachte Walter. Es mildert einen sonst harten Tag.
    Er hatte keine Mühe, Keneallys Personenschutz zu erkennen, drei dicke
Iren aus South Boston, die auf den Treppenstufen des Plaza mit den Füßen
stampften, Zigaretten rauchten und so glücklich und zufrieden wirkten wie drei
Seeleute in der Sonntagsschule.
    Kein Wunder, daß sie jemanden mit meinem unbestreitbaren je ne sais
quoi haben will, um den Raum im Auge zu behalten, dachte Walter
mit einem selbstzufriedenen Glucksen. Die Kerlchen dort mögen zwar recht
geschickt sein, wenn es darum geht, einen Verwaltungsbeamten auf dem Land dazu
zu bringen, die Namen verstorbener Wahlberechtigter herauszurücken, aber in
einem Festsaal des Plaza fallen sie auf wie die sprichwörtlichen weißen Raben.
    Der Mann, der bei ihnen stand, sah jedoch etwas anders aus. Schlank
wie ein Frettchen und elegant gekleidet in Smoking und Mantel. Seine Augen
blickten prüfend auf die näherkommende Menge, um nach Anzeichen von Freund
oder Feind Ausschau zu halten. Dieser Junge, dachte Walter, kann in jedem
Zimmer seinen Willen durchsetzen, besonders in einem Hinterzimmer.
    Walter ging zu ihm und stellte sich vor.
    »Walter Withers«, sagte er und streckte die Hand aus. »Von Forbes und
Forbes.«
    Die drei Sicherheitsbeamten schenkten ihm ein mürrisches Kopfnicken.
Der dünne junge Mann streckte die Hand aus und sagte: »Verzeihen Sie den Mangel
an Manieren. Ich bin Jimmy Keneally.«
    »Der Bruder«, sagte Walter.
    Der berühmte oder berüchtigte jüngere Bruder Joe Keneallys, je nach
Standpunkt. Dessen Stabschef, Berater, Vertrauter und Mädchen für alles. Er
hatte nichts von der Überredungskunst, dem Charme oder dem Draufgängertum
seines Bruders, war aber kühl und tüchtig.
    »Der Bruder«, sagte Keneally und lachte. »Diese Typen hier sind
Callahan, Brown und Cahill. Callahan ist der Chef.«
    Callahan war wie ein Steinblock gebaut. Er hatte die Schultern eines
Boxers und das Gesicht eines Schlägers. Er musterte Walter von oben nach unten
und fragte dann: »Sie sollen also dafür sorgen, daß niemand das Tafelsilber einsteckt,
habe ich recht?«
    »Etwas in der Richtung«, gab Walter zurück.
    Callahan schnaubte, was Brown und Cahill zu erlauben schien, ein
schiefes Grinsen aufzusetzen.
    »Forbes hat Sie eingewiesen?« fragte Jimmy Keneally.
    »Aber sicher.«
    »Im Grunde wollen

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