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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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wir von Ihnen, daß Sie ungebetene Gäste
hinauskomplimentieren. Unauffällig«, fuhr Jimmy fort. »Ich erwarte einen netten
langweiligen Abend, aber man kann nie wissen.«
    »Wahrscheinlich kriegen Sie rein gar nichts zu tun«, ergänzte
Callahan. »Wir werden das Gebäude sichern. Wenn was passiert, rufen Sie uns.
Kapiert?«
    »Kapiert.«
    »Ich fahre mit Ihnen nach oben«, sagte Jimmy. »Ich muß jetzt mein
Partygesicht aufsetzen.«
    Im Fahrstuhl fragte Jimmy: »Sie haben noch nie für uns gearbeitet,
nicht wahr?«
    »Ich hatte noch nicht das Vergnügen«, gab Walter zurück.
    »Ich hätte mich nämlich wahrscheinlich an Sie erinnert«, sagte Jimmy.
Er musterte Walter mit einem langen Blick und sagte dann: »Ja, Sie sind genau
richtig.«
    »Ich werde mein Bestes tun, danke«, sagte Walter.
     
    Madeleine Keneally hatte sich gedacht, daß es Spaß machen würde, über
die Feiertage in New York zu sein.
    Sie konnte einkaufen, es gab das Theater, und außerdem lebten so viele
liebe Freunde in der Stadt.
    »Außerdem ist es in Newport so windig«, erklärte sie Walter. »Und auch
auf Cape Cod ist es so... windig. Und wie sehr sie sich auch bemühen, da ist
diese trostlose puritanische Aura. Man scheint sie nicht abschütteln zu können.
Wissen Sie, was ich meine?«
    »Das weiß ich genau«, erwiderte Walter, »weil ich auch diese trostlose
puritanische Aura habe, die auch ich nicht abschütteln kann.«
    »Versuchen Sie es denn überhaupt, Mr. Withers?« wollte sie wissen.
    Er hob sein Glas.
    »Bis zum Umfallen, Miss Keneally.«
    Er konnte nicht erkennen, ob ihr Lachen aufrichtig war, oder ob es nur
eine gesellschaftliche Fähigkeit war, die sie an Miss Porters Schule geübt
hatte. Das paßte zu allem anderen. Sie besaß die Gabe, jedem Menschen, mit dem
sie zusammen war, das Gefühl zu geben, als wäre er in einem überfüllten Raum
der einzige Gesprächspartner und die interessanteste Persönlichkeit in einer
erlesenen Gesellschaft.
    Diese war tatsächlich erlesen. Walter hatte das Gefühl, als
wetteiferten die Hälfte aller Sterne am New Yorker Firmament an Glanz in
diesem einen kleinen Raum.
    Der Komponist der West Side Story bückte
sich, um mit dem Autor von Frühstück bei Tiffany zu
plaudern. Für Walter sahen sie aus wie eine musikalisch-literarische Kombination
á la Tom und Jerry, die im Moment von einem dunkeläugigen Essayisten eifersüchtig
beobachtet wurde, einem Amerikaner mit einem gleichwohl lateinischen Namen, an
den Walter sich nicht erinnerte. »Fidel« war es jedoch nicht, denn dessen
Guerilleros rückten selbst in diesem Moment noch auf Havanna vor, doch es war
ein ähnlicher Name. Überdies hatte Walter die vage Vorstellung, daß es
irgendein entfernter Verwandter von Madeleine war. In einer anderen Gruppe
erkannte er die abscheuliche Klatschkolumnistin - ein Beruf, der für Walter auf
einer Stufe mit Geldeintreibern stand. Dorothy Kilgallen hielt vor ihrer
Entourage hof, die darauf hoffte, in ihrer nächsten Kolumne erwähnt zu werden.
Eine Fernseh-»Persönlichkeit«, die Walter vor allem deshalb erkannte, weil das
NBC-Gebäude ganz in der Nähe seines Büros lag, beobachtete die Szene mit einem
höhnischen Grinsen. Sein Blick begegnete dem von Walter in gemeinsamem Abscheu.
Der Mann war der momentane »König der Late-Night-Shows«, wie Walter wußte.
Allerdings nur bei Leuten, die spät abends vor dem Fernseher hockten und
zusahen, wie eine Persönlichkeit mit einer anderen plauderte. Walter erkannte
ferner einige der prominenten Figuren aus der aktuellen Kunst- und
Theaterszene, einen Richter oder zwei, eine Horde von Politikern, ein paar
Debütantinnen als »Hofpersonal« sowie ein paar New Yorker Damen, die nichts
weiter waren als New Yorker Damen. Eine ansehnliche Blondine mit einem
gewagten Dekollete fügte der Versammlung ein wenig gefährlichen Sex-Appeal
hinzu.
    Der Saal glitzerte ebensosehr wie die Gäste. Jemand hatte sich größte
Mühe gegeben, ihn in ein winterliches Wunderland zu verwandeln. An der Decke
hingen große Schneeflocken an Schnüren, und mit Silberfarbe besprühte Kränze
schmückten die Wände. Die Tische waren mit weißem Leinen gedeckt, und darauf
hatte man weiße Kunststoffglöckchen drapiert. Hinter den Tischen standen
unglücklich dreinblickende Kellner, die als Zwerge verkleidet waren. Sie
tranchierten Truthähne und schnitten Schinken, während andere Zwerge
herumgingen und den Gästen Horsd'oeuvres und Champagner anboten.
    Der Star der Party war Madeleine

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