Manhattan Blues
Rosemary Harris, Eli Wallach,
Maureen Stapleton, Walter Slezak, Jayne Meadows, Imogene Coca, Cyril Ritchard
und, zu Walters großem Entzücken, Claudette Colbert und Charles Boyer. Schon
die Namen der Theater waren für Walter so etwas wie Magie: Das Helen Hayes,
natürlich, das Martin Beck, das Lyceum, das Bijou, das Broadhurst, das Belasco,
das Booth und das Barrymore, und zwei Dollar und dreißig Cent brachten einen
durch die Tür und auf die billigen Sitze.
Wenn einem das Theater wirklich etwas bedeutete - was bei Walter nicht
der Fall war, wohl aber bei Anne -, konnte man in die Querstraßen des Broadway
wandern, um Brendan Behans Der Spaßvogel im
Circle-in-the Square zu sehen oder The Power and the Glory im
Phoenix. Unten im Village lief schon seit vier Jahren Die
Dreigroschenoper, im Cherry Lane wurde The
Boyfriend gegeben, im Martinique Hexenjagd, und im Sheridan Square Playhouse spielte man The Time
of the Cuckoo.
Und das waren nur die Bühnen.
Für einen Kino-Liebhaber wie Walter (er weigerte sich, »Film« zu sagen
wie die Schickeria im Cellar) war New York ein Zelluloid-Paradies. Im hübschen
Paris Theater - gleich um die Ecke beim Plaza — spielt Alec Guinness in The
Horse's Mouth, Rosalind Russell war in der Radio City Music Hall Auntie
Marne, während in dem kleinen, aber feinen Sutton Theater — in
der 57. Straße querab der Third Avenue - Leslie Caron, Louis Jourdan, Maurice
Chevalier und Hermione Gingold in Gigi zu sehen
waren, den Walter inzwischen schon fünfmal gesehen hatte.
In den Erstaufführungskinos am Broadway konnte man für einen Dollar im
Odeon etwa Jimmy Stewart und Kim Novak in Bell, Book
and Candle sehen oder Leslie Caron und Dirk Bogarde in Aber Herr
Doktor im Translux. Im Victoria konnte man Susan Hayward Ich will
leben rufen hören, und im Astor waren Burt Lancaster, Deborah
Kerr, Rita Hayworth und David Niven Getrennt von Tisch und Bett.
Walter bekam einen schlimmen Anfall von Broadway. Die Straße hatte die
Neigung, ihn in Walter Mitty Withers zu verwandeln, und er hätte liebend gern
seine ganze Karriere für eine kleine, aber stilvolle Rolle in einem großen
Musical hergegeben. Das hätte ich auch, dachte er, als er das Trio zum Majestic
Theater geleitete, wenn ich davon absehe, daß ich weder singen noch tanzen
kann. Aber sonst...
So muß ich mich eben damit begnügen, im Schatten von Conan, Runyon und
Brown herumzulaufen, mit Steaks bei Donovans, einem Whiskey bei Toots Shors und
einem Martini bei Sardi's. Und wie bisher im Publikum zu sitzen — wie üblich
allein, da Anne woanders ist und den Leuten in den Clubs Songs von Cole Porter
vorträllert — und die Darsteller auf der Bühne ehrfürchtig anzustarren.
Aber ich könnte regelmäßig ins Theater gehen, dachte er. Einer von
diesen rätselhaften und bemitleidenswerten Typen werden, die mit einem
Blumenstrauß in der Hand und einer Einladung zum Dinner oder einem Wochenende
auf dem Land hinten am Bühneneingang warten. Ich könnte zum Schrecken aller
langbeinigen Tanzmädchen New Yorks werden und mich dabei auch noch großartig
amüsieren. Könnte zu einem lästigen Anhängsel werden, einem Kerl, der bei
Sardi's sitzt und auf die ersten Rezensionen wartet, der bei den
Besetzungsproben hilfreiche Vorschläge macht und die Theaterdirektoren mit
ihren Spitznamen anredet — Himmel, ich würde es erstklassig machen.
Vielleicht sollte ich es auch tun. Oder mich zum Laufburschen machen,
der Kaffee und Brötchen besorgt, losrennt und Zigaretten holt und Schnaps oder
im Regen Taxis anhält. Völlig dienstbereit und ohne Verpflichtung wie jetzt
etwa mit ... nun, jetzt bin ich mit Joe Keneally hier. Mit Joe Keneallys Marta
Marlund am Arm und seiner Frau an der Seite, aber dennoch bin ich auf dem
Broadway.
Eine Straße, dachte Walter grübelnd, auf der man die meisten Anblicke
mindestens zweimal gleichzeitig sehen kann. Wo Neon, die blitzenden Lichter und
die großen Fensterscheiben kombiniert ein riesiges Spiegelkabinett im Freien
bilden. Ein Lachkabinett, in dem man stehenbleiben, eine Pause einlegen und
nicht nur sich selbst - in Scharlach-, Silber- und Bernsteintöne getaucht -
sehen kann, sondern auch das, was hinter einem ist, ein Stück weiter oder auf
der anderen Straßenseite.
Wie etwa die beiden ernsten Typen, die sie vom Plaza an bei ihrem
Spaziergang zur Show verfolgt hatten. Es waren Flaschen, Amateure, wie es beim
FBI viele gab, und so hielt er diese Burschen für zwei von Hoovers humorlosen
Agenten. Ihre
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