Manhattan Blues
nickte. »Brauchst du etwas Rückendeckung, Kumpel? Die
Einsatzabteilung ist mir was schuldig.«
Im Büro von 16 C gingen die Lichter an. Der Mann winkte, und Walter
winkte zurück.
»Was soll das? Spielst du für den Typ den Schwulen?« wollte Dietz
wissen.
»Ganz und gar nicht, William«, erwiderte Walter. »Das tue ich nur für
dich.«
Dietz ließ die Hand an den Hosenschlitz fallen und sagte: »Bleib noch.
Ich habe etwas für dich.«
Walters Gegensprechanlage summte.
»Vom Läuten gerettet«, sagte er. »Bis später, mein Süßer?«
»Ein andermal, Engelchen«, sagte Dietz. »Laß mich wissen, wie du über
die Rückendeckung denkst. Es ist nichts, dessen man sich schämen müßte,
Walter.«
Er gab Walter einen Klaps auf die Schulter und ging. »Mr. Forbes würde
mich gern sehen?« fragte Walter in die Sprechanlage.
»Woher haben Sie das gewußt, Mr. Withers?« antwortete die weibliche
Stimme.
»Wer weiß schon, welches Böse in den Herzen der Menschen lauert, Miss
Bradley?« fragte Walter. »Nur der Schatten weiß es.«
Er wurde mit Miss Bradleys tiefem leisen Lachen belohnt.
Forbes jr. kann sich glücklich schätzen, dachte Walter.
Forbes jr. hatte seine Pfeife geschürt wie einen alten Küchenherd,
als Walter eintrat.
»Wie haben Sie Weihnachten verbracht, Withers?« fragte er, als sie es
sich bequem gemacht hatten.
»Ich hatte einen interessanten Heiligen Abend«, gab Walter zurück.
Er sah, wie Forbes jr. rot wurde. Die gerötete Haut ergab einen
interessanten Kontrast zu dem silbernen Haar. »Joe Keneally ist ein wichtiger
Kunde«, sagte Forbes jr. »Anscheinend.«
»Er möchte Sie heute abend wieder einsetzen«, fuhr Forbes jr. fort und
folgte mit den Blicken einer anmutigen Schlittschuhläuferin, die auf der Eisbahn
vor dem Gebäude Achten ins Eis ritzte. »Sie gehen erst ins Theater und
hinterher in einem Club essen.«
So ist es immer, dachte Walter. Und so ist es immer.
Walter erwiderte: »Ich könnte wetten, daß Keneally für mich eine Dame
besorgt hat, damit ich nicht wie das fünfte Rad am Wagen dastehe.«
»Für die Firma tun wir alle möglichen Dinge«, entgegnete Forbes jr. Er
riß ein Streichholz an und hielt es an den Pfeifenkopf.
»Miss Marlund?« fragte Walter.
»Es könnte einem Schlimmeres passieren, Withers.«
»Wenigstens bleibt Keneally bei seinen Seitensprüngen treu«, sagte
Walter. »Diesmal würde ich gern passen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
Forbes stand auf und trat ans Fenster, um die Schlittschuhläuferin
besser sehen zu können. Die Bewegung ermöglichte es ihm überdies, Walter
Withers den Rücken zuzuwenden.
»Ich fürchte, ich habe etwas dagegen«, bemerkte Forbes jr.
Versuche ich es noch mal, oder hieße das, die Dinge zu weit zu
treiben? fragte sich Walter.
»Wenn es gut für die Firma ist, Mr. Forbes...«, sagte er.
Forbes jr. erklärte sich in dieser Frage zum Sieger und fuhr fort:
»Wie kommen Sie in der Howard-Sache weiter?« fragte er.
»Ich bin gerade dabei, ein paar lose Enden festzunageln«, erwiderte
Walter. Vielleicht hätte er in der Sache mit Keneally etwas länger Widerstand
leisten sollen.
»Dann will ich Sie nicht länger aufhalten«, sagte Forbes jr. »Wir
brauchen diesen Bericht.«
Da Walter wußte, daß er damit entlassen war, stand er auf, widerstand
der Versuchung zu opponieren und ging zur Tür. Forbes jr. hatte es sich schon
hinter seinem Schreibtisch gemütlich gemacht und täuschte tiefe Konzentration
auf ein paar Papiere vor, die vor ihm lagen.
Wie schäbig, dachte Walter, deine beste Hure so zu behandeln.
Die Schlösser zu H. Bensons Wohnung öffneten sich wie Blüten im
Sonnenschein. Dennoch wünschte Walter, er hätte Dietz' Angebot angenommen, ihm
Rückendeckung zu geben.
Temperament, Temperament, Temperament, tadelte er sich. Sein
Temperament wird dem Choleriker zum Verhängnis. Er war aus Forbes' Büro
gestürmt, hatte sich Mantel, Hut und Einbruchwerkzeuge gegriffen und war direkt
zu H. Bensons Wohnung gefahren. Seine Irritation über Forbes jr. ließ ihn
schnell die Schlösser überwinden und in die Wohnung gelangen. Die Ausbilder der
Firma hatten recht gehabt - es war tatsächlich wie
Radfahren, man verlernte es nie. Doch als er in der Wohnung war, kühlte ihn ab,
was er jetzt zu tun hatte. Ließ ihm sogar eiskalte Schauer über den Rücken
laufen.
Diese Arbeit eines Operateurs war wirklich nicht sein Tätigkeitsfeld.
In der Firma hatte er verzweifelt wenig damit zu tun gehabt. Seine
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