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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Keneally,
nämlich falls er geglaubt hat, daß Marta mit ihrer Affäre an die Öffentlichkeit
geht. Er hätte es aber nicht selbst gemacht. Er hätte es durch Jimmy
arrangieren lassen. Vielleicht hat also Jimmy Keneally, der Adjutant, der
Stabschef, das Mädchen für alles, diese Situation bereinigt. Er hätte sie nicht
an Callahan, Brown oder Cahill delegiert. Sie war zu wichtig und erforderte
einige Subtilität.
    Wer sonst?
    Madeleine, natürlich, wenn wir schon von Subtilität sprechen.
Vielleicht ein Klischee - die eifersüchtige Gefährtin -, aber möglich.
    Dann ist da noch Anne.
    Er wählte erneut ihre Nummer, landete wieder beim Auftragsdienst und
hinterließ erneut eine Nachricht für sie. Wo zum Teufel konnte sie stecken?
Marta war tot, und Anne?
    Er zog den Mantel an, setzte sich den Hut auf und verließ die Wohnung.
    Vielleicht würde er beim Keneally-Clan einige Antworten finden.
    Als er auf die Straße trat, kauerten sich die beiden FBI-Männer in
einer schwarzen Limousine hin. Der Wagen startete und beschattete ihn bis zur
U-Bahn, wo einer der beiden heraussprang und ihm die Treppe hinunter folgte.
     
    Der Zug ratterte unter Harlem hindurch. Die dicht an dicht und
Ellbogen an Ellbogen stehenden Fans brachten es trotzdem fertig, Flachmänner
herumzureichen und kleine, demokratische Schlucke zu nehmen, bevor sie sie
weiterreichten, auch an Fremde. Der Geruch von Schnaps, Rasierwasser und von
Kleidern, die nach Zigarren rochen, erfüllte das bißchen Luft in den Wagen.
    Walter liebte das: die Menge, das freundliche Gedränge, das Rumpeln
des Zuges, das nervöse Geplapper, die hoffnungsvolle Vorfreude auf das Große
Spiel.
    Es würde tatsächlich ein großes Spiel werden. Die beiden Mannschaften
waren etwa gleich stark: Weeb Ewbanks Colts hatten einen starken Angriff, der
pro Spiel durchschnittlich fast vierzig Punkte machte, während Jimmy Lee
Howells Giant-Abwehr einen Durchschnitt von zwölf erlaubte.
    Es würde ein fabelhaftes Spiel werden, großartiger, als nach den
Vorwetten zu vermuten war. Im Augenblick hieß es bei den New Yorker Buchmachern
dreieinhalb bis vier Punkte Differenz und bei denen in Baltimore viereinhalb
bis fünf. Was für Walter bedeutete: Entweder jemand wußte etwas über die
Giants, oder jemand wußte etwas über die Colts, oder jemand hatte eine
irrsinnig hohe Wette auf Baltimore plaziert und die Quoten hochgetrieben, um
Wetten aus New York anzulocken und einen satten Gewinn einzustreichen.
     
    Als er zu seinem Platz kam - etwa an der Vierzig-Yard-Linie, in der
zwanzigsten Reihe —, wärmten sich die Teams auf dem Spielfeld auf, und die
Keneallys hatten ihre Plätze schon eingenommen. Der junge Mann des FBI, der
sich in der überfüllten U-Bahn so sichtlich unwohl gefühlt hatte, zog sich dann
zurück und ging im Mittelgang zu einem Stehplatz im nächsten Rang hoch.
    Madeleine Keneally trug einen schweren roten Tuchmantel mit einem
Pelzhut und einen riesigen Schal, den sie sich um den Hals geschlungen hatte.
Sie trug auch eine dunkle Brille und saß zusammengesunken auf ihrem Platz. Ihr
schien kalt zu sein, und sie sah unglücklich aus.
    Callahan, Cahill und Brown saßen direkt über den Keneallys.
    »Na, wenn das nicht Cerberus ist«, sagte Walter.
»Wer ist das?« fragte Callahan.
    »Der Hund mit den drei Köpfen, der das Tor zum Hades bewacht«, gab
Walter zurück.
    »Sie haben ein geöltes Mundwerk«, murmelte
Callahan.
    Jimmy Keneally stand auf, um Walter die Hand zu schütteln. Dabei
beugte er sich vor und fragte: »Was haben Sie der Polizei gesagt?«
    »Nichts über den Senator«, erwiderte Walter mit einem Lächeln.
    Jimmy grinste breit. »Das ist gut, Walter.«
    Joe Keneally blieb sitzen, streckte Walter aber eine Hand entgegen.
»Hallo, Walter. Tut mir leid, das mit Ihrer Freundin zu hören!«
    »Vielen Dank, Senator!«
    Madeleine starrte sie an.
    »Hallo, Walter«, sagte sie, als er sich neben sie
setzte. »Mrs. Keneally.“
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Einfach scheußlich, vielen Dank«, erwiderte er. »Und Ihnen?«
    »Wir sollten nicht hier sein«, sagte sie.
    »Aber man muß mit den Wölfen heulen«, sagte Walter.
    »Das ist so kaltblütig.«
    Walter drehte sich um, um Senator Keneally
anzusehen, der für jeden unbefangenen Betrachter den Eindruck erweckte, als
gäbe es nichts, worum er sich Sorgen machen müßte. Ohne Hut, leichter
Wintermantel, frisches Gesicht. Vital.
    »Nun, Walter«, sagte Joe Keneally, »es ist nicht gerade ein Spiel
Harvard gegen Yale, aber

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