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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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innerhalb ihrer Zwanziger-Linie spielen.
    Er trat mit Jimmy aus der Sitzreihe auf die Treppe, worauf sie zum
Imbißstand gingen.
     
    »Ob der Junge vom FBI auch ein Würstchen will? Was meinen Sie?« fragte
Walter Jimmy. »Wo ist er?«
    »Etwa vier Stufen unter uns«, erwiderte Walter. »Haben Sie ihn nicht
bemerkt?«
    »Das ist Ihre Angelegenheit«, sagte Jimmy. »Dieser gottverdammte
Hoover würde sich auf uns stürzen, wenn er irgendwas in die Hand bekommt.«
    Sie gingen am Imbißstand vorbei zu einem Alkoven neben einer
Eingangsrampe.
    Eins muß man Jimmy Keneally lassen, dachte Walter. Er haut nicht zu
sehr auf die Pauke. Er sah sogar zögernd und schüchtern aus, als er fragte:
»Sie werden also den Mund halten, Walter?«
    »Jimmy, rund dreihundert Menschen haben uns am Freitagabend zusammen
gesehen«, entgegnete Walter. »Wir haben eine Broadway-Show besucht und den
Rainbow Room. Meinen Sie nicht auch, daß die Polizei das herausfinden kann?«
    »Lassen Sie die Cops meine Sorge sein«, bellte Jimmy. »Jedenfalls hat
der Coroner schon bestätigt, daß es ein Selbstmord ist. Die Cops werden ihre
Zeit nicht mit einem Selbstmord verschwenden. Folglich gibt es keinen Grund,
Joes Namen in die Sache reinzuziehen.«
    Es sei denn, es findet sich ein Einstich, dachte Walter. Dann wird die
New Yorker Polizei vielleicht die letzte Sorge der Keneallys sein. Und von mir.
    »Dieser verdammte Joe«, sagte Jimmy plötzlich. »Ihm ist nicht klar,
daß Menschen verletzt werden.«
    Wirklich nicht? fragte sich Walter.
    »Es kann sein, daß Hoovers Jungs hinter Ihnen her sind«, sagte Jimmy.
»Werden Sie mit denen fertig?«
    Walter nickte. Es sei denn, ich finde heraus, daß du Marta hast
umbringen lassen, dachte er. Dann gilt keine Abmachung mehr.
    »Wir werden uns bei Ihnen revanchieren«, sagte Jimmy. »Wenn über diese
Geschichte Gras gewachsen ist.«
    Außerdem steht noch lange nicht fest, daß jemals Gras darüber wächst.
    Die Giants spielten die zweite Halbzeit nicht hinter ihrer
Drei-Yards-Linie. Vier Angriffe - vier — stoppte
die Abwehr der Giants hinter ihrer Drei-Yards-Linie. Viermal stöhnte Joe
Keneally, und Walter schrie, bis ihm die Stimme heiser wurde und die Menge
einen Singsang anfing, den man noch nie in einem Football-Stadion gehört hatte
- Aaabwehr! Aaab-wehr! Die
körperlich schwächeren und leichtgewichtigeren Giants hielten die Colts davon
ab, den Sack jetzt schon zuzumachen. Das war um so eindrucksvoller, als die
Colts sich mit der kühlen Präzision einer überlegenen Sturmreihe übers Feld
bewegten. Da unten war es kein Zuckerschlecken, nur Linie gegen Linie, und die
Linie der Giants hielt, sie hielt und hielt nochmals, als die Menge Aaabwehr!
Aaabwehr! rief. Das ist Football dachte
Walter, das ist das sagenhafte Spiel der Zentimeter, dieses Mann
gegen Mann und Wille gegen Wille, und von Rückzug kann keine Rede sein. Er fühlte
sich fast zu Tränen gerührt, als die hart bedrängten Giants es nur durch Willenskraft schafften, ihre Abwehr zu halten.
    Und noch was. Neugier? Die Neigung des eingefleischten Football-Fans,
das Spiel von der Tribüne aus zu leiten? Der sechste Sinn des Wetters? Aber
warum hatte Baltimore bei vier Downs keine Field Goals erziehlt? fragte sich
Walter.
    Vielleicht waren sie beim ersten Mal überzeugt gewesen, es mit Gewalt
zu schaffen. Beim dritten Mal waren es vielleicht Arroganz und verletzter Stolz
gewesen. Doch es war der vierte Versuch, den Walter Withers so vernichtend
fand, ein Goal beim ersten Versuch einer neuen Serie an der Drei-Yards-Linie
der Giants, als das dritte Viertel schon halb zu Ende war.
    Die Nachmittagssonne war inzwischen schwächer geworden, und die
Endzone der Giants lag in kaltem, tiefem Schatten. Das kann die Giants wohl
mehr retten als alles andere, überlegte Walter, denn ein Stürmer der Colts
rutschte zweimal hintereinander nach der Ballannahme auf dem eisigen Feld aus,
bevor er losrennen konnte. Die Hoffnungen der Giants waren noch lebendig, wenn
auch so schwach wie der Sonnenschein jetzt im Dezember.
    »Verdammt!« brüllte Keneally. Er war rot im Gesicht, und seine Lippen
hatten sich zu einer wutverzerrten Grimasse verzogen.
    »Ameche hat den falschen Angriff gestartet!« rief Walter, doch er
wußte, daß Keneally das Spiel jetzt nicht analysierte. Als die Offensive der
Giants jetzt ins Feld kam, sah Walter, daß Keneally mehr als fünf Dollar in das
Spiel investiert hatte. Es war irgendwie persönlich geworden, etwas zwischen
ihm und

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