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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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ich Hush kannte.
    »Was schlagen Sie also vor?«
    »Geben Sie mir eine Nummer, unter der ich Sie erreichen kann, wenn ich Sie brauche. Ich verspreche Ihnen, wenn ich diese Nuss knacke, teile ich die Frucht mit Ihnen.«
    Wir tauschten Kontaktdaten aus, und ich begleitete Antoinette vorbei an Twill zum Empfang meiner Bürosuite.
    Nachdem sie gegangen war, fragte ich Mardi: »Was sagt dir dein drittes Auge über sie?«
    »Da waren Sie mit dem Fieber besser dran, Boss.«
    In diesem Moment wusste ich, dass Mardi eines Tages mein Unternehmen erben würde.

42
    Ich beschloss, nicht an meinen Schreibtisch zurückzukehren, sondern nahm stattdessen den Fahrstuhl bis zur Straße. Als ich in westlicher Richtung losschlenderte, merkte ich, dass ich nicht nur wütend, sondern auch durcheinander war. Ich wollte Hush abholen und meinen Feinden den Krieg erklären, doch ich wusste nicht genau, wer der Feind war.
    Minnie Lesser hatte irgendwas mit der Sache zu tun – obwohl das keinen logischen Sinn ergab. Johann Brighton steckte mit drin. Und dann war da Antoinette Lowry – versuchte auch dieses Kind des Südens, mich zu töten?
    Auf dem Heimweg schickte ich Bug Bateman von der Rückbank eines Taxis aus eine SMS . Es kam mir vor wie das vergebliche Bemühen, vorwärtszukommen.
    Zu Hause fand ich einen neuen Schlüssel im Briefkasten, der perfekt in das Schloss der ersetzen Tür passte. Tatyana und Katrina saßen nebeneinander in dem kleinen Zimmer und plauderten in gedämpftem Ton. Meine Frau lächelte beinahe wehmütig, während Tatyana gebannt an ihren Lippen hing.
    »Ladys«, sagte ich.
    Ich ging zu dem rosafarben Polsterstuhl neben dem braunen Sofa, und Tatyana machte Anstalten aufzustehen. Katrina streckte eine Hand aus, und die Weißrussin ließ sich wieder auf das Polster sinken. Dieser kurze wortlose Austausch erzählte mir eine ganze Geschichte – allerdings in einer Sprache, die mir fremd war.
    »Wie geht es dir, Katrina?«
    »Gut.« Das milde Lächeln wirkte allerdings nicht beruhigend. »Ich hab Lasagne für dich und die Kinder gemacht.«
    »Was geschehen ist, tut mir so leid.«
    »Nein, Leonid«, sagte sie, »ich bin diejenige, die sich entschuldigen sollte. Die meisten Männer ernähren ihre Familien mit sicheren Jobs bei Versicherungen oder Autowerkstätten. Ich war grausam zu dir, dabei steht da draußen jeden Tag dein Leben auf dem Spiel. Wenn diese Gefahr eines Nachts bis in unsere Wohnung schwappt, kann ich dir daraus keinen Vorwurf machen. Ich hätte arbeiten und dir ein paar Lasten abnehmen sollen.«
    »Darum habe ich nie gebeten«, sagte ich.
    »Ich hätte trotzdem die Initiative ergreifen sollen. Jetzt erkenne ich, dass das, was geschehen ist, ebenso sehr meine Schuld war wie deine.«
    »Katrina …«
    »Tatyana hat ihre Familie jahrelang unterstützt, und sie ist noch so jung«, sagte meine Frau. »In ihrem Alter habe ich erwartet, dass Männer mir etwas kaufen, und sie macht das Gleiche für andere.«
    Das war definitiv nicht die Frau, die ich geheiratet hatte. Ihre Worte deuteten auf eine so grundlegende Veränderung hin, dass ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Ich war ein einsamer Kreuzfahrer an der Küste der Neuen Welt, dessen Schiff mit der kompletten Besatzung untergegangen war.
    »Kann ich dir einen Drink machen?«, fragte ich. Im Zweifelsfall sind die alten Muster immer die besten.
    »Cognac«, sagte meine Frau.
    Ich warf einen fragenden Blick zu Tatyana. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf.
    Im Esszimmer fand ich Dimitri in die Lektüre eines gebundenen Buches vertieft.
    »Was liest du?«, fragte ich.
    » Hoffnung oder Barbarei «, sagte er, »von Lewis Mumford.«
    »Von dem hab ich auch mal ein Buch gelesen. Die Stadt – Geschichte und Ausblick oder so.«
    Ich setzte mich neben meinen Jungen. Dimitri klappte das Buch zu und widmete mir seine ganze Aufmerksamkeit.
    »Es ist meine Schuld, stimmt’s?«, fragte er.
    »Was?«
    »Dass Mom fast getötet worden wäre.«
    »Natürlich nicht. Diese Männer waren hinter mir her. Und es ist nicht mal meine Schuld. Ich hab ihnen nichts getan.«
    Mein Handy zwitscherte, um mich über den Eingang einer Nachricht zu unterrichten. Ich widerstand der Verlockung.
    »Ich war nicht da«, sagte Dimitri.
    »Aber ich.«
    »Ja … weißt du, ich hab überlegt, Pops … vielleicht sollte ich anfangen, in Onkel Gordos Studio zu trainieren.«
    »Die Statur dafür hast du«, sagte ich, »so viel ist sicher. Aber du kannst nicht alle beschützen, die du

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