Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman
Überprüfung ausgewählt und von einer Reihe von Hunden, Maschinen und frisch angelernter Heimatschützern gefilzt. Sie schnüffelten mich nach Bomben ab, scannten mich auf Metalle und unterzogen mich sogar einer Leibesvisitation, wahrscheinlich, weil ihnen irgendwas an meiner Haltung nicht passte. Vielleicht spürten sie meine Wut. Ich weiß nicht.
Abgelenkt durch die Kontrolle machte ich mir keine Gedanken über den Flieger, bis man uns auf die Rollbahn führte und ich den Kopf einziehen musste, um die Kabine zu betreten. Ich hatte einen Einzelsitz auf der linken Seite, aber mein Hintern war breiter als der Abstand der Armlehnen, zwischen die er sich zwängen sollte. Mir war, als ob die gewölbten Innenwände immerenger zusammenrückten und viel zu viele Passagiere an Bord waren. Ich zählte siebzehn.
An den Tragflächen sah ich Propeller.
Der Pilot zog die Plastikabtrennung auf und wandte uns sein attraktives graues Haupt zu.
»Wir haben heute nur einen kurzen Flug vor uns, Leute«, sagte er. »Ich werde Marie, Ihrer Flugbegleiterin, sagen, dass Sie sich anschnallen soll, weil von zweiundachtzig Minuten in der Luft einhundertsieben ziemlich böig sein werden.«
Die Stewardess, eine falsche Blondine Mitte vierzig mit einem Faible für Körperertüchtigung, jedoch nicht für gutes Essen, lächelte uns vage angewidert an. Ich wollte gerade meinen Sicherheitsgurt wieder öffnen, als Marie die Luke schloss und ihren Sitz nach unten klappte. Sie legte ihren Sicherheitsgurt an, ein Kreuz aus Nylonriemen über ihrem Herz, und ich holte tief Luft und schien plötzlich vergessen zu haben, wie man ausatmet. Ich machte mir keine Sorgen mehr über Frank Tork, Roger Brown, Ambrose Thurman oder Tony, The Suit. Als das Flugzeug Richtung Startbahn rollte, vergaß ich auch meine Überzeugung, dass der Tod mich nicht auf irgendeine vorhersehbare Art erwischen würde.
Ich schloss die Augen und suchte einen ruhigen Ort in meiner Seele. Einen Moment lang fand ich ihn, indem ich mir einredete, dass es so schlimm nicht sein könne, dass dieser Flug ein Allerweltsereignis war, wie es täglich rund um den Globus tausende Male ohne Zwischenfall über die Bühne ging.
Ich sollte mich irren.
An diesem Flug war rein gar nichts gewöhnlich. VomStart an wurde der Flieger durchgerüttelt wie ein welkes Blatt in tosender Gischt. Mein Kopf schlug gegen das Fenster, und nur mein Gurt verhinderte, dass ich durch die Kabine geschleudert wurde. Ich hielt die Augen geschlossen, was jedoch auch keine große Hilfe war. Das Flugzeug schwenkte nach links und kippte dann plötzlich nach rechts. Ich wusste, dass das nicht die Absicht des Piloten gewesen sein konnte. Danach wurden wir gründlich und, so schien es mir, sehr lange durchgerüttelt, aber als ich auf meine Uhr linste, stellte ich fest, dass der Flug erst neun Minuten andauerte.
Ich sah mich in der Kabine um und erwartete, in den Augen meiner Mitpassagiere blankes Entsetzen zu lesen. Aber auch darin irrte ich. Zwei Damen führten eine offenbar angenehme Unterhaltung. Ein Mann las Zeitung, der Mann neben ihm schlief.
Die Welt vor meinem Fenster war von demselben Blau wie der Himmel in meinem Traum. Aus irgendeinem Grund milderte die Erinnerung daran meine Angst vor dem Flug.
Irgendwann wurde ich noch weiter von meiner Furcht abgelenkt, als mich ein anderer Gedanke streifte. Mir fiel ein, dass ich nicht einmal wusste, wie Roger Brown aussah. Ich hatte vielleicht einen Mann zum Tode verurteilt, ohne ihm je ins Gesicht geblickt zu haben.
Der Flug rumpelte weiter wie ein alter Laster ohne Stoßdämpfer über eine von Schlaglöchern übersäte Landstraße. Aber das Rappeln und Dröhnen in meinem Kopf wurde leiser. Ich war nie bei der Armee gewesen, doch ich hatte den einen oder anderen Krieg mitgemacht. Dieser Flug war kaum schlimmer als eine meiner kalten Duschen, dachte ich nach einer Weile, nur die Ouvertüre zu einem wochenlangen Tag voller Widrigkeiten. Ich grinste über die in mir brodelnde Furcht.
14
In dem Moment, in dem ich aus dem Flugzeug stieg, fingen meine Hände an zu zittern. Die Angst, die ich unterdrückt hatte, blühte nun richtig auf und zwang mich, langsam zu gehen, damit ich nicht stolperte. Es war nur ein kleiner Flughafen mit einem Zeitungskiosk und einem Hotdog-Stand, aber mir kam er vor wie das Nirwana.
Zephyra hatte einen Wagen bei der besten Autovermietung reserviert. Sie hatte die verschiedenen Kreditkarten-Luftmeilen und Mietwagen-Punkte all ihrer Kunden so
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