Manhattan Projekt
Empfangsdame unwirsch und schob Blaine und Liz das Anmeldeformular hin.
Evan teilte sich das Büro mit anderen Assistenten, die sich jedoch an diesem Tag freigenommen hatten. Er untersuchte die Münze unter einem Mikroskop, stöberte in einigen Büchern und rief ein paar Dateien im Computer auf.
»Genauso wie ich's mir gedacht habe«, sagte er schließlich.
»Was?« fragte ihn Blaine.
»Diese Münze dürfte normalerweise gar nicht existieren.«
»Wollen Sie damit sagen, daß sie eine Fälschung ist?«
»Nein, ich bin mir fast sicher, daß sie echt ist, aber ich kann einfach keinen Vermerk über eine Münze finden, die wie diese hier geprägt ist.« Evan justierte einen Satz Vergrößerungsgläser auf einem Gestell, damit Blaine und Liz die Münze besser sehen konnten. »Auf den ersten Blick ist das eine gewöhnliche Goldmünze. Auf der Kopfseite haben wir die Göttin der Freiheit.« Er drehte die Münze auf seinen Fingern um. »Und das Wappen stellt einen Adler dar.«
»Kommt mir bekannt vor«, sagte Blaine.
»Oberflächlich gesehen. Haben Sie bemerkt, daß irgend etwas auf der Rückseite fehlt?«
»Nein.«
»Wie wäre es mit ›United States of America‹, hier am Rand?« und er strich mit einem Finger über leere Stellen. »Dieser Zusatz findet sich auf allen Münzen, die je vom Schatzamt geprägt wurden. Diese Münze hier ist eine fehlerhafte Prägung.«
»Ist denn das möglich?«
»Ein solch eklatanter Fehler? Wenn die Münzen hier im Haus geprägt worden sind, dann nicht.«
»Gibt es eine Möglichkeit, das herauszufinden?« fragte Liz.
Evan dachte kurz nach. »Vielleicht.«
Der einzige Aufzug, der in die unterirdischen Archive der Behörde führte, war nur den Mitarbeitern zugänglich. Als sie im Kellergeschoß angekommen waren, gingen sie über einen schwach beleuchteten Korridor bis zu einer stabilen Holztür, die Evan mit Hilfe eines Schlüssels öffnete.
»Münzen werden in Washington nicht mehr geprägt«, erklärte er und ließ Blaine und Liz zuerst eintreten. »Aber wir haben alle Aufzeichnungen hier jahrelang gesammelt. Nicht daß es irgend jemanden interessieren würde. Die meisten Dokumente sind nicht einmal wichtig genug, um in eine Datenbank oder auf Mikrofilm übertragen zu werden.«
Sie befanden sich in einem Raum mit unzähligen Wandnischen, in denen die Dokumente lagen. Die hölzernen Tische und Stühle zwischen den Nischen waren schwer und von dunkler Farbe. Die Bücher, die man sorgfältig in den Nischen gestapelt hatte, waren so groß wie Grabsteine und hatten zerschlissene Einbände. In dem Raum roch es nach Papier, Desinfektionsmittel und schaler Luft.
»Das Prägedatum ist 1862, und das Fehlen eines Kennbuchstabens bedeutet, daß sie hier in der Hauptstadt geprägt wurden«, erklärte Evan. »Können Sie den Zeitraum in irgendeiner Weise weiter einengen?«
»Versuchen wir's mit Dezember«, sagte Liz, die sich daran erinnerte, daß William Henry Stratton die Kisten und die Wagen am 11. Januar entgegengenommen hatte.
Evan suchte im Regal das entsprechende Verzeichnis der Washingtoner Prägeanstalt und schleppte es zu dem schweren Holztisch. Er blätterte zügig das Buch durch und überflog die Listen, wann welche Münze geprägt worden war und in welcher Menge. Plötzlich hörte er auf zu blättern und ging zurück zu einer Seite, die er schon geprüft hatte. Er sah sichtlich verblüfft aus.
»Sieht aus, als ob die Listen nicht vollständig sind«, verkündete er. »Hier fehlt eine Seite.«
Er schob das Buch zu Blaine und Liz hin, damit auch sie es ansehen konnten.
»Sehen Sie das?« erklärte Evan. »Diese Seite endet unten mit dem 15. Dezember, und die nächste fängt mit dem 27. Dezember an.«
»Vielleicht haben sie über Weihnachten nicht gearbeitet«, meinte Liz.
»Versuchen wir es herauszufinden«, sagte Evan.
Er verschwand kurz in einer Nische und kam mit einem anderen Buch in der Hand wieder zurück.
»Das hier sind die Verzeichnisse der abgefertigten Lieferungen. Mal sehen, was die dazu sagen …«
Er blätterte vorsichtig die brüchigen Seiten um und prüfte sorgfältig die Eintragungen. Dann schien er etwas Interessantes gefunden zu haben, vergewisserte sich noch einmal der Eingänge und brach schließlich sein Schweigen.
»Die Mehrzahl der Goldlieferungen aus San Francisco wurden am 14., 17. und 21. Dezember eingetragen.«
»Vermutlich blieben sie offen«, bemerkte Liz.
»Wieviel Gold?« fragte Blaine.
»Grob geschätzt genug, um eine
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