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Manhattan Projekt

Titel: Manhattan Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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hinteren Teil des Wagens und zog seinen Seesack heraus. Er schloß die Tür und warf einen flüchtigen Blick auf sein Spiegelbild im Fenster. Es kam ihm schmaler vor denn je, seine Wangenknochen und sein Kinn traten unter dem kurzgeschorenen Bart hervor. Die blasse Haut war voller Furchen, deutlich trat eine Narbe hervor, die seine linke Augenbraue an der Stelle durchbrach, wo ihn vor Jahren eine Kugel gestreift hatte. Der Sheriff machte keine Anstalten, mit ihm aus dem Wagen zu steigen, und wies statt dessen geradeaus durch die Windschutzscheibe.
    »Sie brauchen nur über diesen Steg zu gehen, bis Sie nicht mehr weiterkommen. Früher oder später wird dort ein Boot kommen, das Sie weiterbringen wird.«
    »Danke fürs Mitnehmen.«
    Der Sheriff lehnte sich leicht über den Beifahrersitz: »Kann ich Sie mal was fragen?«
    »Ja.«
    »Wissen Sie, dieser Mann bekommt nicht viel Besuch hier draußen. Sie sind der erste, den ich hier gesehen habe, seit er hergezogen ist, seine Familie inbegriffen.«
    »Und was wollten Sie mich fragen?«
    »Weiß er, daß Sie kommen?«
    »Das hängt davon ab, ob er seine Post liest.«
    Der Sheriff nickte, ohne seine Miene zu verziehen. »Das habe ich befürchtet.«
    »Wieso haben Sie mich dann hierher gebracht?« fragte Blaine durchs Fenster, ließ seine Tasche fallen und lehnte sich gegen die Tür.
    »Ich habe Ihren Ring gesehen, mein Junge.« Der Sheriff blickte vielsagend auf Blaines Ringfinger. »Er hat genauso einen, ich kenne mich gut genug aus in solchen Dingen, um zu wissen, daß es nicht viele davon gibt. Und weil Sie diesen Ring tragen, glaube ich, daß er nichts dagegen haben wird, Sie zu sehen. Ich werde es ihm büßen müssen, sollte ich mich irren.«
    »Sie, und ich auch.«
    Der Sheriff ließ den Motor aufheulen. »Grüßen Sie ihn von mir. Und sagen Sie ihm, daß bei mir eine Mahlzeit auf ihn wartet, wann immer es ihm in den Sinn kommen sollte, in die Stadt zu kommen.«
    Er mußte den Wagen einige Male vor- und zurücksetzen, bis er ihn gewendet hatte. Als der Sheriff fort war, blieb Blaine allein zurück, umgeben von Mangroven und schwarzem Moorwasser, das nach allen Richtungen ausgebreitet vor ihm lag. Das Land war so flach und so dicht bewachsen, daß er jenseits des alten Landungsstegs kaum etwas sehen konnte. Blaines Hemd war bereits naßgeschwitzt, als er das Ufer erreichte. Die Luft um ihn herum war erfüllt vom Flirren der Sümpfe. Hier und da glitt etwas ins Wasser, und die Mangrovenblätter raschelten im Wind.
    Blaine setzte sich auf den Steg, um seine taube Hüfte zu entlasten. Er spürte, wie die unerbittliche Feuchtigkeit des Holzes durch seine Hose drang. Er schlug nach den Moskitos, die um seine Ohren herumschwirrten, und betastete seinen Ring – nun war er froh, daß er ihn trug – mit den beiden erhabenen Buchstaben, silbern auf schwarzem Grund.
    DS
    Sie waren ein Teil seiner Vergangenheit, ein Teil seines Lebens, auf das er jetzt zurückgreifen mußte.
    Sein mystisch veranlagter indianischer Freund Johnny Wareagle, der ihn besser gekannt hatte als irgend jemand anderes, sagte immer, daß Männer wie sie mit guten Geistern wandeln, die sie begleiten und beschützen. Im Laufe der letzten Jahre hatte Blaine begonnen, auf seine Worte zu hören, weil Wareagles Ausführungen mindestens so einleuchtend waren wie andere auch. Eine kleine Kugel kann töten, während eine große Kugel jemanden unversehrt läßt; es kommt nur darauf an, wo die Kugel einen trifft.
    Johnny hatte in den letzten sechs Monaten viele Stunden im Krankenhaus verbracht und blieb seltsamerweise unbeeindruckt von McCrackens Wunden oder den Prognosen, die die Ärzte ihm stellten.
    »Offensichtlich haben mich deine Geister verlassen, Indianer«, hatte Blaine eines Nachts gesagt, als ihm die Schmerzen in der Hüfte besonders schlimm zusetzten.
    »Es sind auch deine Geister, Blaine«, antwortete der sieben Fuß große Wareagle. »Der Pfad, auf dem du mit ihnen wandelst, wurde nur unwegsam, das ist alles.«
    »Vielleicht stehe ich am Ende des Pfades.«
    »Du bist schon früher verletzt gewesen.«
    »Eine Mullbinde und etwas antiseptische Creme haben immer ausgereicht.«
    »Ich habe von deiner Seele gesprochen, und deren Narben sind niemals klein. Ich habe darüber gesprochen, daß wir schon vor Jahren ausgestiegen sind und uns mit der Leere abgefunden haben.«
    »Dann bin ich hier aufgetaucht und habe dich kennengelernt.«
    »Die Jahre zwischen jener Zeit und der Hölle waren nur eine kurze

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