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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Feldern verbracht hatte. Er hatte gepflügt, Stacheldrahtzäune gezogen und dem Vieh Heuballen vorgeworfen. Mit dem Saxophon hatte er angefangen, weil er in der Marschband seiner High School mitspielen woll
te, um dann zu entdecken, dass er nicht marschieren wollte und die High School hasste. Das Saxophon aber liebte er.
    »Kalifornien«, sagte er zu Walter.
    »Ja?«
    »Es ist warm da drüben.«
    Walter sah Evans in die Augen. Sie waren so leer wie die Wüste. Der Mann war vollgepumpt mit Heroin.
    »Und die Sonne geht über dem Meer unter«, sagte Walter.
    »Ach ja?«
    »An der Ostküste geht sie auf«, erklärte Walter. »Man muss im Morgengrauen aufstehen, um es zu sehen.«
    »Oder es auf dem Heimweg erwischen«, sagte Evans.
    »So geht's natürlich auch«, gab Walter zu. »Hast du Anne gesehen?«
    »Sie ist hier irgendwo.«
    Walter gefiel es nicht, dass sie hier irgendwo war. Er sah sie lieber unter einem kleinen Spotlight in einem hochklassigen Saal. Oder bei einem Spaziergang am Fluss. Oder bei einem stillen Essen für zwei. Oder im Bett.
    Aber nicht irgendwo in der Menge.
    Es jagte ihm aus irgendeinem Grund, den er sich nicht genau erklären konnte, Angst ein. Er holte sich an der Bar einen Wodka und lehnte sich zurück, um Elvin zuzuhören und nach Anne Ausschau zu halten. Vielleicht hatte sie keine Lust mehr gehabt, auf ihn zu warten, und war gegangen.
    Elvin kehrte zum Thema zurück.
    Walter erkannte es als »East of the Sun, West of the Moon«, als er Anne entdeckte, die sich gerade aus dem schmalen Durchgang zwängte, der zu den Toiletten und dem Hinterausgang führte. Sie unterhielt sich mit einer jungen Frau, die hinter ihr ging, einem kleinwüchsigen schwarzen Mädchen in einem Gymnastiktop und Rock.
    Anne entdeckte ihn und winkte, sprach dann wieder mit dem Mädchen, küsste sie auf die Wange und bahnte sich ihren Weg durch die Menge zur Bar.
    Walter bemerkte, dass sie immer noch ihre Nachtclub-Aufmachung trug, ein tiefausgeschnittenes rotes Satinkleid, aber die gewohnten Ohrringe und die Halskette abgenommen hatte. Sie sah großartig aus, eine umwerfende Mischung aus Unschuld und Sinnlichkeit. Sie hatte auch das innere Glühen der erfolgreichen Sängerin. Sie musste die Leute im Rainbow Room hingerissen haben.
    »Wie wär's mit uns beiden, Matrose?«, fragte Anne, als sie sich neben ihn setzte.
    »Bedaure, aber ich warte auf jemanden«, antwortete er.
    Sie küssten sich.
    »Wie geht's dir?«, fragte sie.
    »Müde«, sagte er.
    »Sei bitte kein Spielverderber, ja?«
    »Lass das bloß niemanden hören.«
    Nicht von Walter Withers, dachte er. Der immer bis zuletzt bleibt, bis die Bar schließt, dann frühstücken geht und Orangensaft zum Champagner bestellt. Der einen krummen Aufschlag retournieren kann, schnell einen anständigen Martini mixt und gleich wieder zurück ist, um einen gefühlvollen Lob zu landen. Wer weiß schon, welche Bosheit in Männerherzen lauert.
    Wenn wir schon vom König der Late Night Shows reden wollen.
    Er flüsterte: »Lass uns zu dir gehen.«
    »Platz, Boy«, lachte sie und fügte dann hinzu: »Aber aus reiner Neugier: Was schwebt dir vor, Sex oder Schlaf?«
    »Erst das eine und dann das andere«, gab er zurück. »Die Reihenfolge spielt keine Rolle.«
    »Wie schmeichelhaft.«
    »Nun ja«, sagte er. »Willst du singen?«
    »Mit dem Singen bin ich durch«, sagte sie. »Ich hatte einen sehr smarten Auftritt mit Elvin und Mickey. Mickey war heute Abend sehr out.«
    »Out« im Gegensatz zu »in«. Walter hatte inzwischen etwas vom Jargon der Jazzmusiker gelernt. Ein Musiker, der mit seinen Improvisationen recht eng an der Melodie blieb, war »in«, einer, der sich davon entfernte und eigene Wege ging, war »out«.
    »Er hält sich in letzter Zeit für John Coltrane«, fügte Anne hinzu.
    »Er ist aber nicht Coltrane.«
    »Das ist niemand«, sagte Anne. »Er ärgert aber die anderen Musiker.«
    »Warum spielen sie dann mit ihm?«
    »Er hat eine Quelle für Stoff aufgetan«, erwiderte sie. »Es ist heutzutage schwer, saubere Nadeln zu finden, habe ich mir sagen lassen.«
    »Nun, heute Abend ist Mickey ziemlich high«, sagte Walter.
    »Warum sollte es heute Abend anders sein als sonst?«
    »Der falsche Feiertag.«
    »Er wird sich wohl schon bald von der Contessa herumkutschieren lassen«, sagte Anne traurig. Anne nahm seinen Arm und legte den Kopf an seine Schulter. »Trotzdem bin ich traurig, dass du unseren Auftritt verpasst hast. Nachdem ich im Rainbow Room drei Auftritte für die

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