Manhattan
Sicherheit.«
»Und was tun wir dem Land an?«, wollte Keneally wissen.
»Ihre Hexenjagden. Die zerstören Menschen.«
»Verglichen mit Onkel Joe Stalin sind wir doch nur Stümper.«
»Entschuldigen Sie, aber der ist doch tot, denke ich, oder haben Sie das noch nicht mitbekommen?«
»Chruschtschow ist auch nicht besser.«
»Als McCarthy?«, fragte Anne weiter.
»Entschuldigen Sie, aber der ist so gut wie tot.«
»Wie wär's dann mit Nixon«, sagte Anne. »Oder Keneally?«
Keneally lachte wieder, hielt die Hände hoch und sagte: »Himmel, werfen Sie mich bloß nicht mit Dick Nixon in einen Topf!«
»Sie sind selbst reingesprungen, Senator.«
»Ich glaube nicht, dass Diskussionen über Politik oder Religion im Rainbow Room erlaubt sind«, schaltete sich Walter ein. »Wie ich höre, soll das den Champagner so schal machen …«
Er sah, wie der Fotograf von der Treppe her auf sie zustürmte. Er hielt die Kamera tief, unter Tischhöhe, doch sie war dadurch zu erkennen, wie der kleine Mann die Schulter hängen ließ. Walter stand auf und verstellte ihm den Weg. Trat dicht an ihn heran, so dass der Mann die Kamera nicht heben konnte, ohne ihn damit zu treffen.
»Heute Abend nicht«, sagte Walter. »Private Veranstaltung.«
»Private Veranstaltung im Rainbow Room?!«, sagte der Fotograf. »Öffentlicher als hier kann es kaum sein, mein Freund.«
»Umso besser müssen dann Ihre Manieren sein.«
»Ich habe zu arbeiten.«
Ich auch. Und ich bin nicht sicher, ob es dazugehört, diese kleine Szene in allen Samstagszeitungen zu sehen.
»Bitte lassen Sie sie in Ruhe«, sagte Walter.
»Der Schwarze Ritter und seine Herzensdame in der Stadt? Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Mit einer Blondine, die so aussieht? Das ist doch nicht Ihr Ernst.«
»Ist schon in Ordnung, Walt«, sagte Keneally.
Nein, Senator, es ist nicht in Ordnung. Es ist überhaupt nicht in Ordnung, wenn Sie nichts dagegen haben. Er trat trotzdem zurück und setzte sich neben Marta.
Die sich herüberbeugte und ihn auf die Wange küsste, als das Blitzlicht explodierte.
»Könnte ich die Namen haben?«, fragte der Fotograf. Er hatte Notizblock und Kugelschreiber gezückt. »Den Senator kenne ich natürlich und Mrs. Keneally auch. Aber wer ist der Gentleman, Miss Marlund?«
»Mein Begleiter für den Abend«, flötete Marta.
»Hat er einen Namen, oder ist er der große Unbekannte?«
»Oh, der große Unbekannte.«
»Walter Withers«, sagte Marta.
Besten Dank, Marta, dachte Walter.
»Sind Sie im Showbiz, Walt?«
Ganz im Gegenteil, dachte Walter. Es gehört zu meinen Pflichten, mich unsichtbar zu machen.
»Ich gehe ganz gewöhnlichen Geschäften nach«, sagte er. »Und ich denke, das reicht jetzt«, fügte er hinzu.
»Langsam, langsam, rätselhafter Gast«, zirpte der Fotograf. »Gibt es etwas, was Sie uns erzählen möchten, Mrs. Keneally?«
»Ja, ich verbringe hier einen wunderschönen Abend! Sie entschuldigen mich, nicht wahr, Schätzchen?«, sagte Madeleine zum Fotografen. »Ich muss mir die Nase pudern.«
»Ja, ich auch«, fügte Marta hinzu.
Und damit verschwanden sie.
»So wie die Dinge liegen, sollte ich mich jetzt wohl auch aus dem Staub machen«, sagte Anne. »Aber meine Nase glänzt nicht, und pinkeln muss ich auch nicht.«
»Ich aber«, sagte Keneally und erhob sich. »Es war nett, Sie kennenzulernen, Miss Blanchard. Ich mag Ihre Musik trotzdem.«
»Nun, das haben wir wenigstens gemeinsam«, gab Anne zurück.
Keneally arbeitete sich langsam durch den Saal, lächelte und schüttelte Hände. Der Fotograf folgte ihm und schoss seine Fotos.
»Das war bezaubernd von dir«, sagte Walter zu Anne.
Sie zuckte die Schultern. »Ich bin nicht ihr Schutzengel.«
»Was für ein Segen.«
Sie heftete den Blick auf ihn und fragte: »Hast du heute Abend Kletterhaken und Seil mitgebracht? Um die schneebedeckten Gipfel der Miss Marlund zu erklimmen?«
»Nett gesagt.«
»Eine Frage, die beantwortet werden will, mein Guter.«
»Wenn das so ist«, sagte Walter, »das einzige, was ich heute Abend zu besteigen hoffte, war dein Bett.«
»Heute Abend? Heute Nacht? Etwa in den verbleibenden Stunden zwischen jetzt und morgen früh?«
»Ich glaube, du hast es kapiert«, sagte Walter. »Diese Nacht.«
Ihre grauen Augen wurden hart wie Stein.
»Verbring die mit deiner Stockholmer Hure«, sagte sie, bevor sie sich umdrehte und zum Podium zurückging.
Ja, dachte Walter, es ist nicht meine, Schwedin ist sie auch nicht, und was die Hure angeht,
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