Manhattan
Er war auf, dampfte geradezu vor Dexedrine und zeigte sich tatsächlich kaum überrascht, als er die Tür aufmachte und einen zerzausten, zerkratzten und gequälten Walter Withers dort stehen sah.
»Hartes Spiel, Mann«, sagte McGuire. »Ich bin erledigt.«
Walter schüttelte den Kopf. »Ich habe auf Baltimore gesetzt, Sieg mit fünf Punkten oder mehr.«
»Sie haben gegen die eigene Mannschaft gewettet?!«
»Sie glauben an Poesie«, sagte Walter. »Ich glaube an Trap Blocks.«
»Mann, du lieber Himmel.«
»Damit sind Sie bei Martino vom Haken.«
McGuire stand mitten im Zimmer, schüttelte den Kopf und kratzte sich das Haar. »Gott im Himmel, Mann.«
»Tun Sie mir einen Gefallen?«, fragte Walter.
»Jeden.«
Walter zog die braune Papiertüte aus seinem Mantel und reichte sie McGuire.
»Bewahren Sie das hier ein paar Tage für mich auf«, sagte Walter. »Ich werde es wieder abholen.«
McGuire machte eine Sekunde ein zweifelndes Gesicht, schüttelte den Kopf und sagte: »Wenn das Pot ist, Mann …«
McGuire nahm das Päckchen an sich, die Tonbänder von Senator Joseph Keneallys Rendezvous mit der armen toten Marta Marlund, schwedischem Starlet und sowjetischer Spionin, die Tonbänder, die Marta Anne gegeben hatte und Anne Alicia, und stopfte sie unter seine Matratze.
Dann musterte er Walter mehrere Sekunden lang und sagte wieder: »Sie wetten gegen Ihre eigene Mannschaft?«
Als er in jener Nacht träumte, entglitt Anne seinem Griff und stürzte vom Felsen in das schwarze Wasser. Doch in diesem neuen Traum befand er sich nicht auf der Klippe darüber, sondern zusammen mit ihr unten auf dem Felsen. Er wachte auf, als sich die nächste Woge erhob und auf ihn zustürzte.
BUT NOT FOR ME
Montag, 29. Dezember 1958
Pünktlich um sieben Uhr kam Walter im Büro an.
»Guten Morgen, Mr. Withers«, sagte Mallon.
»Das wünsche ich Ihnen auch, Mr. Mallon.«
Der Portier gab Walter seinen Kaffee und den Kopenhagener und bemerkte: »Sie sehen heute ein wenig müde aus, Mr. Withers. Eine harte Nacht?«
»Das könnte man sagen«, gab Walter zurück.
»Eine Schande mit den Giants.«
»Haben Sie das Spiel gesehen?«
Mallon schüttelte den Kopf. »Nur im Fernsehen. Ich dachte schon, wir hätten gewonnen.«
»Nun ja. Nächstes Jahr dann.«
»Da könnten Sie recht haben, Mr. Withers.«
Walter fuhr zu seinem Büro hinauf, stellte den Kaffee und das Gebäck auf seinen Schreibtisch und trat für einen Augenblick ans Fenster. Er winkte 16 C zu, goss den Kaffee in seinen Becher, aß den Kopenhagener, machte sich über den täglichen Ausgabenbericht her und fragte sich, wie viele der Drinks von Samstag er wohl mit gutem Recht auf den Howard-Fall anrechnen konnte.
Er war gerade zu dem Schluss gekommen, dass die richtige Antwort »keinen« war, als Dietz untypisch früh ins Büro kam und die Tür hinter sich zumachte.
»Woher hast du das gewusst?«, fragte Dietz.
»Was denn?«
»Einstiche. An deiner toten Tussi.«
Walter fragte: »Einstiche, Plural?«
»Der Gerichtsmediziner fand einen einzelnen Einstich zwischen den mittleren Zehen des rechten Fußes«, erwiderte Dietz, »also Einstich Singular. Habe ich ›Einstiche‹ gesagt?«
»Ja.«
»Tut mir leid.«
»Macht doch nichts.«
Dietz zog eine Zeitung aus seinem Mantel, die auf der Klatschseite aufgeschlagen war, und legte sie auf Walters Schreibtisch. Zu seinem Entsetzen sah Walter auf dem körnigen Foto sich und Marta Marlund im Rainbow Room. Zu seiner Erleichterung waren Keneally und Madeleine aus dem Bild herausgeschnitten worden. In der Bildunterschrift hieß es: Marta Marlund, sexy Starlet, feiert im Rainbow Room mit rätselhaftem Begleiter Walt Smithers in der Nacht vor ihrem Selbstmord.
»Die Frau frisst dich ja mit den Augen auf«, bemerkte Dietz nicht ohne so etwas wie sadistisches Vergnügen. »Wie gut, dass du ihr einen falschen Namen genannt hast, du Hund.«
»Sehr komisch.«
»Und wie war sie im Bett?«
In meinem Bekanntenkreis bin ich vielleicht die einzige Person, die diese Frage nicht beantworten kann, dachte Walter.
»Giftspuren?«, fragte er.
»Das wird eine Weile dauern.«
Aber wir wissen, was die Untersuchung ergeben wird, dachte Walter.
»Walter«, sagte Dietz vorsichtig, als näherte er sich einem
empfindlichen Gesprächsthema, »bist du vielleicht in einer Situation, in der du etwas Hilfe brauchen könntest?«
»Es ist alles bestens, William.«
»Ja, wie du meinst«, sagte Dietz. »Möchtest du die Zeitung als Souvenir
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