Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
einseitigen Perspektive kann sowohl von der Vorteilsseite her geschehen als auch von der Nachteilsseite. Eine objektive Abwägung wird in jedem Fall vermieden. Wenn relevantes Material ignoriert wird, dann lassen wir uns dadurch zu schnell auf eine Seite der Entscheidung ziehen. In unserer eigenen Argumentation sollten wir darauf achten, ob wir wirklich vorurteilsfrei alle Perspektiven geprüft haben. Wir betrügen uns selbst, wenn wir bloß die eine Seite derMedaille in Augenschein nehmen, nur weil sie am stärksten unseren Wünschen entspricht.
Es gibt eine sehr raffinierte Variante der Perspektivenfalle, die der Manipulator für uns aufstellen kann. Sie funktioniert auf folgende Weise: Angenommen, der Manipulator will für die positive Seite einer Entscheidung argumentieren. Dann nennt er zuerst einen ganz marginalen Nachteil, sozusagen das Zugeständnis an die andere Seite (er täuscht eine objektive Vor- und Nachteilsabwägung vor) und startet dann mit der Aufzählung der positiven Aspekte, die natürlich die negativen übertrumpfen.
Beispiel
Bei der Logo GmbH geht es um die Frage, ob man ein neues Produkt herstellen sollte, obwohl man bisher keinerlei Erfahrung mit der Produktion dieses oder eines ähnlichen Produkts hat. Rudi favorisiert die Idee der Produktion. Er argumentiert: „Natürlich würde die Herstellung dieses neuen Produkts bedeuten, dass unsere Mitarbeiter eingearbeitet werden müssten, aber dem stehen die Vorteile entgegen, dass wir uns ein ganz neues Marktsegment erschließen können, ein Marktsegment, das ein ungeheures Wachstumspotential aufweist.“
Dass die Mitarbeiter eingearbeitet werden müssten, wenn man das fragliche Produkt herstellen will, ist nur ein Randaspekt der Nachteilsseite. Es dürfte schwerwiegendere Gründe geben, die gegen eine Produktion sprechen, über die Rudi aber geschickt hinweggeht.
Wie schützt man sich vor der Perspektivenfalle?
Bitten Sie den Manipulator um eine Darstellung der anderen Seite oder stellen Sie kritische Fragen, durch die Sie deutlich machen, dass man die Sache nicht nur einseitig betrachten darf.
Beispiel
Auf die oben genannte Tirade von Agnes gegen das Selbstständigmachen antwortet Hans: „Klar hast du recht. Das können wirklich alles Nachteile sein. Aber welche Vorteile würden sich denn ergeben?“
50. Übung: Perspektivenfalle abwehren (siehe Lösungsteil)
Überlegen Sie sich eine Erwiderung auf Rudis Argumentation.
Der definitorische Rückzug
Es gibt einige Verteidigungstaktiken, mit denen der Manipulator versuchen wird, seine Position zu retten, wenn er sie in Gefahr sieht. Eine übliche Form ist der definitorische Rückzug.
Bei einem definitorischen Rückzug ändert der Manipulator die Bedeutung der Wörter, wenn ein Einwand gegen seine ursprüngliche Formulierung vorgebracht wird.
Beispiel
Susanne: „Was ich gerade gesagt habe, war natürlich nicht als Kritikpunkt an Ihrem Vorschlag gemeint. Es war eher eine Einladung zu einem neuen Blickwinkel.“
Der definitorische Rückzug wird eingeleitet durch Worte wie „Ich meine natürlich …“. Durch einen definitorischen Rückzug versucht man, einen Gesichtsverlust zu vermeiden, wenn man erkannt hat, dass es um die eigene Position ziemlich schlecht steht. Die Taktik geht am ehesten dann unbemerkt durch, wenn die gewählte neue Bedeutung sehr plausibel ist. Es wird für Sie nicht leicht sein nachzuweisen, dass Ihr Gesprächspartner tatsächlich einen definitorischen Rückzug begangen hat. Sie sollten ihn im Verdachtsfall noch einmal einladen, seine Position klar zu formulieren. Die nächsten Versuche eines definitorischen Rückzugs werden ihm dann schon schwerer fallen.
Absicherungstaktik und Sicherheitsleinen
Sich mehrdeutig oder vage ausdrücken
In engem Zusammenhang mit der Rückzugstaktik steht die Absicherungstaktik. Sie leitet oft einen definitorischen Rückzug ein. Dabei benutzt man mit voller Absicht mehrdeutige Begriffe oder vage Ausdrücke. Sollte die eigene Position gefährdet sein, zieht man sich einfach auf eine Bedeutung zurück, die dem Angriff entgeht.
Beispiel
Michael: „Mit offensiver Preispolitik habe ich natürlich nicht gemeint, dass wir in einen Preiskampf mit unseren Wettbewerbern eintreten sollten, sondern nur, dass wir in unserer Preispolitik flexibler sein sollten.“
Michael hat in seiner Äußerung gleich wieder eine Sicherung eingebaut, indem er von einer „flexiblen Preispolitik“ spricht. DiesePosition ist schwer anzugreifen, weil sie
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