Mann der 1000 Namen
Wahrnehmung ist davon nicht betroffen. Später erst stellte sich eine möglicherweise einschneidende Wirkung ein, die oft ein lebenslanges Trauma mit beträchtlichem automatischen Einfluß auf das Verhalten mit sich bringt. Aber im eigentlichen Augenblick ...
Mark Bröhms erster Verwirrung folgte eine instinktive Ablehnung dessen, was er gesehen hatte – aber auch ein Funke von Erkennen.
Im nächsten Moment befand er sich im Wasser, dem Ertrinken nahe.
Er kam wieder zu sich, als mehrere Hände ihn aus einer beträchtlichen Tiefe zogen. Und nun lag er mit nicht länger gebundenen Händen auf etwas Rauhem, Hartem.
Ich lebe noch, dachte er müde und öffnete die Augen.
Es dauerte mehrere Minuten, ehe er ganz begriff, daß er auf einem Floß lag, das langsam flußaufwärts auf die Ruinenstadt zutrieb.
Mark rollte sich herum und blickte zurück. Er sah mehrere der Halbnackten ihm am Ufer nachschauen.
»Heh!« rief er. »Was habt ihr mit mir vor?«
Keiner antwortete. Noch einmal öffnete Mark die Lippen, aber er schloß sie schnell wieder und starrte nur mit weitoffenen Augen zurück. Das Bild, das sich ihm aus dieser Entfernung bot, war zu phantastisch.
Ein riesiges Lager, in dem es von Nudisten wimmelte. Nackte standen oder bückten sich, andere schritten herum. Und im nahen Hintergrund erhob sich sanftes Hügelland, das in weiter Ferne zu einer hohen grauen Gebirgskette anwuchs.
Eine plötzliche Strömung erfaßte das Floß und wirbelte es hinter ein zerfallenes Gebäude, das bis ins Wasser hereinragte. Hier beruhigte es sich schnell und trieb langsam weiter.
Aber in diesen kurzen Sekunden hatte er die Sicht auf das Lager verloren.
9.
Die Männer der kleinen Gruppe kletterten einer nach dem anderen aus dem Raumschiff, Steven als erster.
Er war nicht allzu begeistert gewesen, als Captain Odard es von ihm verlangte. »Immerhin sind Sie der einzige, der schon einmal hier war«, hatte der Offizier gebrummt.
Also gut, dann machte er eben wieder einmal den ersten.
Nun standen sie alle auf dem Boden, die sieben des ersten Landeboots. Vier weitere warteten im Orbit mit dem Mutterschiff, das aus mehr als einem Dutzend großen separaten Transporttrommeln bestand, die wiederum jede ihre eigene Besatzung und Versorgung hatten. Auf ein Signal hin würden nach gewisser Zeit noch vierundfünfzig Männer mit ihren Waffen landen.
Der Captain – seine Statur ähnelte der Mark Bröhms, nur war er kräftiger und besser durchtrainiert – stellte sich neben Steven.
»Ich hoffe, es stört Sie nicht, Mr. Masters, wenn wir Sie nicht aus den Augen lassen.«
»Absolut nicht. Mir hat das eine Mal genügt. Ich beabsichtige nicht noch einmal Ausflüge auf eigene Faust.«
Vorsichtig schritt er auf den Kanister zu, der verlassen im Sand lag. Dann warf er einen Blick auf die Hügelkette. Alles war wie beim erstenmal.
Dort drüben war es, dachte er, das Hügeltrio. Ein seltsames Gefühl bemächtigte sich seiner.
Kaum dreißig Meter zu seiner Linken stand das erste Raumschiff – schweigend und verlassen. Von seiner Besatzung gab es keine Spur.
Und rechts von ihm, viel näher, hatte ihr Landeboot aufgesetzt, dessen Mannschaft nicht zu übersehen war.
Er nahm einen tiefen Zug der kühlen mittendianischen Luft. Es fiel ihm auf, daß sie bedeutend kälter als beim letztenmal war. Offenbar nahte der Winter.
Es ist wohl das beste, wenn ich die anderen darauf aufmerksam mache, dachte er. Er drehte sich zu Odard um, doch der war inzwischen weiterspaziert. Steven hätte natürlich sein Sprechgerät einschalten können, aber die Lämpchen zeigten an, daß sich bereits mehrere Personen miteinander unterhielten. »Es kann wohl warten«, brummte er vor sich hin.
Soweit er sehen konnte, gab es weit und breit nichts Bedrohliches. Es erleichterte ihn auch, daß zumindest heute noch nichts gegen die Eingeborenen unternommen werden sollte.
Es existierte natürlich ein Plan, den die Militärbonzen sorgfältig ausgearbeitet hatten. Ein Luftskooter aus ihrem Boot würde mit ein paar Mann ihrer Gruppe den Himmel abfliegen. Und wenn sie Mittendianer entdeckten, sollten sie versuchen, einen gefangenzunehmen. Dann erst würden die anderen Boote landen.
Die Besatzung des Skooters mußte sich natürlich ablösen. Mark war jeden zweiten Tag eingeteilt, dazu kamen der Pilot und zwei Männer mit Fangnetzen.
Wenn erst die anderen gelandet waren, würden Erkundungstrupps in alle Richtungen ausgeschickt werden, während selbstverständlich
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