Mann meiner Sehnsucht (German Edition)
angefleht, ihr zu helfen, aber niemand war vorgetreten.
Cummings hatte sie an den schmalen Schultern gefasst und geschüttelt.
“Natürlich weißt du es. Na los, spuck es aus, oder willst du, dass ich es aus dir herausprügele?”
Angsterfüllt hatte Hope sich geduckt, als Cummings ausgeholt hatte, aber diesmal schritt ein beherzter Viehtreiber ein.
“Hören Sie schon auf, Cummings! Sie sehen doch, dass das Kind nichts weiß. Was erwarten Sie denn von ihr? Nehmen Sie das, was der alte Mann bei sich hatte und seien Sie damit zufrieden.”
Einen Augenblick lang hatte Hope gedacht, Cummings würde auch den anderen Mann angreifen, aber dann hatte er die Hand sinken lassen und sie hasserfüllt angestarrt.
“Na schön”, hatte er gekeucht. “Dann beanspruche ich eben alles, was er hatte. Einschließlich des Mädchens. Sie kann bei mir die Schulden ihres alten Herrn abarbeiten.”
Niemand hatte auf Hopes Proteste gehört. Niemand hatte sich für sie eingesetzt. Leibeigenschaft zur Bezahlung von Schulden war keine Seltenheit, und niemand hatte ihr geglaubt, dass ihr Großvater bei Nigel Cummings keine Schulden gemacht hatte. Sie hatte keine Beweise. Die Quittungen, die ihr Großvater sich immer hatte geben lassen, befanden sich in der Hütte bei der Mine, aber sie zu holen hätte bedeutet, Cummings zur Mine ihre Großvaters zu führen. Und sie wäre lieber gestorben, als das zu tun.
Insgeheim, so war Hope sich sicher, waren sie alle froh gewesen, dass sich keiner von ihnen mit dem Schicksal des verwaisten Mädchens belasten musste.
Und nun konnte Hope sich kaum noch daran erinnern wie es gewesen war, als sie Hope, die geliebte Enkelin gewesen war, anstelle von Hopp, dem Mädchen für alles.
Hopp, die Sklavin.
Sie schuftete beinahe rund um die Uhr für Cummings, sieben Tage die Woche. Sie hatte immer zu Stelle zu sein, immer einsatzbereit, sobald er nach ihr rief. War sie es nicht, musste ihr Rücken für ihre Langsamkeit büßen. Hope wusste nicht mehr, wie oft er sie schon grün und blau geprügelt hatte, wie oft sie nicht hatte sitzen oder liegen können, und trotzdem gezwungen worden war, tagsüber in seinem Laden zu arbeiten, Zucker und Mehl nach Cummings Vorgaben – natürlich zu seinen Gunsten – abzuwiegen, zu putzen und zu schrubben und Abend für Abend in der Spelunke die Bierkrüge für die Gäste hin und her zu schleppen. Die Erinnerung an die Ungerechtigkeit schmeckte bitter wie Galle auf ihrer Zunge, jedes Mal, wenn sie daran dachte.
Nur zwei Kerle hockten diesmal stumpfsinnig auf zwei der Kisten, die anstelle von Stühlen auf dem festgetretenen Boden standen, zu betrunken, um noch etwas zu bestellen, als Hope an ihnen vorbei eilte. Aber schon bald würden die Kisten und kopfüber aufgestellten Fässer von Trinkfreudigen belagert sein und dafür musste n noch die Flaschen, aus denen ausgeschenkt wurde, gefüllt werden. Der Whiskey, der in den großen Fässern lagerte, war unreifer Fusel, billigste Ware, aber stark genug, um selbst gepanscht die Gäste noch zu berauschen und somit zufrieden zu stellen.
Hope bemühte sich, nicht länger wehmütig an ihre Träumerei zu denken, während sie die Flaschen fast bis zur Hälfte mit einem Gemisch aus Wasser, Essig und ein wenig Seifenlauge füllte. Dann führte sie einen Schlauch in das Fass ein, saugte den Alkohol an, um die Flaschen aufzufüllen Sie hatte schon zuviel Übung darin, um vom plötzlichen Losfließen der übel schmeckenden Flüssigkeit überrascht zu werden, sodass sie gottlob schon seit Langem nicht mehr gezwungen gewesen war, selbst etwas davon zu schlucken.
Wie von selbst, glitten ihre Gedanken zurück zu ihrem Tagtraum. Von allen Träumen, in die sie sich immer wieder flüchtete, war ihr die Sonnenuntergangsszene am Fluss am liebsten. Sie wusste selbst nicht warum, aber vielleicht lag es einfach daran, dass sie dem Leben, das sie sich erträumte, am nächsten kam. Ein Häuschen, ein wenig Land, Hühner, Kinder und einen Mann, der jeden Abend zu ihr nach Hause zurückkehrte.
Hope seufzte. Dieser Traum würde sich nie erfüllen, denn wer sollte sie schon von hier fortholen? Wer?
Wie jedes Mal, wenn sie daran dachte, schob sich ein Gesicht über die unsichtbaren Züge des Mannes aus ihren Träumen. Es war das Gesicht eines Fremden, eines Mannes, der ihr vor fast zwei Jahren ein Goldstück geschenkt hatte, das sie noch immer hütete als ihren größten Schatz. Sie hatte den Fremden nie wieder gesehen, und Hope fragte sich
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