Mann meiner Sehnsucht (German Edition)
zurückzukommen. Aber das will ich nicht.”
Gabriel sah sie einen Moment lang an. Ihre Verzweifelung war beinahe körperlich spürbar, und er konnte es ihr nicht verdenken. Es konnte nicht leicht für sie gewesen sein, so viele Jahre unter Cummings’ Herrschaft zu überdauern.
“Wenn wir diesen Raum verlassen, möchte ich, dass Sie den Hut wieder aufsetzen. Vermeiden Sie es, irgendwelche Leute direkt anzusehen. Für den Fall, dass jemand fragt: Ab sofort sind Sie mein Sohn, ist das klar?”
Erleichtert strahlte Hope ihn an. Er würde ihr helfen. Er würde sie nicht verraten, sondern sich an ihre Abmachung halten.
“Ja, Sir, Mister McKinlay”, sagte sie überglücklich, und Gabriel musste sich ein Grinsen verkneifen.
“Noch eins: In Gegenwart anderer Leute: Nenn mich Dad.”
KAPITEL SECHS
Mit einem gequälten Stöhnen zerrte Hope den Mehlsack auf das Wagenbett und ließ ihn dann mit einem erleichterten Seufzen fallen, ehe sie sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn wischte und von der Ladefläche sprang. Auch wenn sie an schwere Arbeit im Laden gewöhnt war, so war es doch weitaus anstrengender, als sie gedacht hatte, die schweren Säcke auf den Wagen zu hieven. Das Verladen der großen Mehlsäcke auf die Wagen der Kunden hatte meist Vernon übernommen, sie selbst hatte sie nur innerhalb des Ladens bewegt, aber jetzt wollte sie sich nützlich machen. Außerdem – je schneller die Vorräte verladen waren, desto schneller konnten sie aufbrechen. Gott sei Dank hatte sie ihr Haar am Morgen geflochten und anschließend auf dem Kopf mit einigen Haarnadeln fixiert, ehe sie den Hut aufgesetzt hatte, sodass sie sich zumindest keine Sorgen machen musste, dass lange, vorwitzige Haarsträhnen unter ihrem Hut hervor krochen.
Sie hatte die Nacht in McKinlays Zimmer verbracht. Trotz ihrer leisen Bedenken, mit ihm allein zu sein, schien er keine Probleme damit zu haben, sich an ihre Bedingung zu halten. Er hatte noch einige Zeit unten im Saloon verbracht, zumindest nahm sie an, dass er unten im Saloon gewesen war, und sie hatte in der Zwischenzeit ein Lager aus Decken auf dem Boden am Fußende des Bettes aufgeschlagen. Als er einige Stunden später wieder hinaufgekommen war ins Zimmer, hatte er sie überhaupt nicht beachtet, sondern sich entkleidet und war ohne ein Wort ins Bett gegangen. Gemessen an der Aufmerksamkeit, die er ihr geschenkt hatte, hätte man meinen können, sie sei überhaupt nicht vorhanden. Aber ihr konnte es nur recht sein.
Am Morgen dann hatte McKinlay für sie ein Pferd erworben – eigentlich mehr ein Indianerpony, weiß-braun gescheckt – und dazu einen Wagen, weil es damit einfacher sein würde, ihre Vorräte zu transportieren. Er selbst war noch im Laden, und so hatte Hope bereits damit begonnen, die Einkäufe zu verladen. Selbstverständlich waren sie nicht zu Cummings’ Mercantile gegangen, sondern zu den Lindsays.
Es war ungewohnt gewesen, im Laden so zu tun, als wäre sie McKinlays Sohn. Während er mit der Charade anscheinend keine Probleme hatte, war ihr das Wort “Dad” einfach nicht über die Lippen gekommen. Wenn überhaupt, hatte sie ihn respektvoll mir “Sir” angesprochen, wie sie es auch schon von anderen Söhnen ihren Vätern gegenüber gehört hatte. Somit war ihr Widerstreben, die vertrautere Anrede zu benutzen, nicht weiter aufgefallen. Einzig McKinlay hatte überrascht die Augenbrauen hochgezogen.
“Darf ich fragen, was Sie da machen?”, erklang seine dunkle Stimme in diesem Augenblick genau hinter ihr.
Hope war so beschäftigt damit gewesen, einen weiteren Mehlsack auf das Wagenbett zu stemmen, dass sie Gabriel nicht hatte kommen hören. In ihrer Konzentration gestört, entglitt der schwere Leinensack ihren Fingern und hätte sie beinahe erschlagen. Geistesgegenwärtig griff Gabriel zu und beförderte den Sack ohne größere Mühen auf den Wagen.
Schwer atmend sah Hope ihn an. Schon seit Jahren schleppte sie 50-Pfund-Säcke und hatte niemals Probleme damit gehabt. Offensichtlich betrog Cummings seine Kunden auch dabei, denn seine 50-Pfund-Säcke waren wesentlich leichter gewesen.
“Nun”, schnaufte sie, “ich belade den Wagen. Das machen Söhne so, während ihre Väter noch einkaufen.” Immerhin hatte sie den Vorgang oft genug selbst beobachten können. Gabriel sah sie einen Moment lang wütend an, dann drehte er sich um und ergriff einen viel kleineren Sack mit Zucker.
“Solche Säcke können Sie verladen, haben Sie verstanden? Wenn ich Sie noch
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