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Mann meiner Sehnsucht (German Edition)

Mann meiner Sehnsucht (German Edition)

Titel: Mann meiner Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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waren die Siedler in Scharen aus dem Osten gekommen, auch später noch bis ’55, als es noch immer 64 Hektar Land für jeden willigen Siedler gab. Aber seit die Regierung überhaupt kein Land mehr verschenkte, machten sich nur noch wenige Familien jedes Jahr auf den beschwerlichen Weg in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Trotzdem waren es noch immer genug, sodass ein weiteres Gespann nicht weiter auffallen würde, und sie die Stadt, ohne Aufsehen zu erregen, verlassen konnten.
    “Oh nein”, stöhnte Hope entsetzt und senkte hastig den Blick. Gabriel erblickte Nigel Cummings im gleichen Augenblick. Er eilte über den hölzernen Gehweg, direkt auf sie zu.
    “Warten Sie!”, rief er, und Gabriel legte warnend eine Hand auf Hopes zitternde Finger. Widerstrebend brachte sie den Wagen zum Stehen.
    “Kann ich Ihnen helfen?”, fragte Gabriel.
    “Vielleicht. Sieht so aus, als wollten Sie die Stadt verlassen.”
    Gabriel brummelte etwas Unverbindliches.
    “Sie haben nicht zufällig eine junge Frau gesehen. Etwa so groß”, seine Hand pendelte auf Schulterhöhe, “und ziemlich mager. Unansehnlich, fast schon hässlich mit langen, staubfarbenen Haaren.”
    Gabriel spürte, wie Hope sich neben ihm anspannte.
    “Nicht dass ich wüsste”, erwiderte er ruhig. “Wieso suchen Sie nach ihr?”
    “Sie ist eine Diebin. Das faule Stück hat meinen halben Laden ausgeräumt und sich dann aus dem Staub gemacht. Und das, nachdem ich mich von Kindheit an wie ein Vater um sie gekümmert habe. Hat sich möglicherweise als Mann verkleidet.” Er versuchte, einen Blick auf Hopes Gesicht zu erhaschen.
    Gabriel konnte sehen, wie sich Hopes Finger fester um die Zügel schlossen, bis ihre Knöchel weiß hervortraten. Die Mulis spürten ihre Anspannung und wurden unruhig. Ohne sich ganz zu ihr umzudrehen, versetzte er Hope eine schallende Ohrfeige.
    “Wie oft hab ich dir schon gesagt, du sollst die Zügel nicht so fest halten, Junge, dass sie den Mulis im Maul reißen? Lass die Zügel lockerer.
    “Tut mir leid”, meinte er dann wieder an Cummings gewandt. “Falls ich sie gesehen habe, ist sie mir jedenfalls nicht aufgefallen. Mein Junge macht mir mit seiner ewigen Träumerei schon genug Scherereien. Ich weiß gar nicht, was seine Mutter – Gott hab sie selig – sich dabei gedacht hat, so einen wie den in die Welt zu setzen.”
    Cummings grinste. “Ja, so was kenne ich. Nehmen Sie den Bengel nur immer hart ran. Parieren und ordentlich arbeiten hat noch keinem geschadet. Falls Sie das nächste Mal nach Silver Springs kommen, kaufen Sie doch bei Cummings’ Mercantile.” Noch einmal versuchte er, einen Blick auf Gabriels “Sohn” zu erhaschen. “Schönen Tag noch”, meinte er dann und trat einen Schritt zurück.
    Wieder knurrte Gabriel etwas Nichtssagendes und tippte dann grüßend an seinen Hut. Hope schwang die Zügel, und die Mulis traben los.
    “Mussten Sie so fest zuschlagen?”, beschwerte sie sich aufgebracht, als sie außer Hörweite waren.
    “Das wäre nicht nötig gewesen, wenn Sie sich besser beherrscht hätten. Jeden Augenblick habe ich gedacht, Sie würden die Nerven verlieren und Cummings an die Gurgel gehen.”
    Hope biss die Zähne zusammen, dennoch konnte sie sich eine Erwiderung nicht verkneifen.
    “Geschähe Cummings recht, wenn ihn sich jemand vornähme.”
    “Schon möglich, aber das werden ganz bestimmt nicht Sie sein. Überlassen Sie das anderen. Früher oder später gerät er an den Falschen.”
    “Lieber früher als später. Denn solange Cummings lebt, werde ich ständig auf der Flucht sein und mich niemals sicher fühlen.”

KAPITEL SIEBEN
    Majestätisch ragten die steilen Gipfel und schroffen Abhänge der Rocky Mountains rings um sie auf. Ein Gebirgssee glitzerte tiefblau zu ihrer Rechten, und ein Wasserfall, gespeist vom Schmelzwasser, stürzte tosend in die Tiefe. Im Osten wogten dichte Wälder, saftig und grün, während weiter im Westen weiße Hauben den ganzen Sommer über die Bergkämme zierten. Der Weg aber, den sie eingeschlagen hatten, war frei von Schnee.
    Tief sog Hope die klare, saubere Luft in ihre Lungen. Fast hatte sie in all den Jahren vergessen wie schön die Berge waren. Übermütig riss sie sich den Hut vom Kopf und reckte ihr Gesicht der Sonne entgegen. Der lange, schwere Zopf, zu dem sie ihr Haar geflochten hatte, entwand sich den Zwängen der Haarnadeln und fiel hinab bis über ihre Hüften. Gabriel, der an der Stadtgrenze die Zügel übernommen hatte, lächelte

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