Mann meiner Sehnsucht (German Edition)
Nase. “Und das geht?”
Gabriel grinste. “Nun erzählen Sie mir nicht, Sie hätten noch nie Trockenfleisch gegessen.”
“Nein.” Schaudernd dachte Hope an die dunklen, ledrig aussehenden und dazu steinharten Streifen, die auch in Cummings’ Mercantile verkauft worden waren. Sie hatte oft Hunger gehabt in ihrem Leben, aber auf den Gedanken, etwas davon zu essen, wäre sie nie gekommen. “Ich habe es zwar schon mal gesehen, aber das Zeug kann man doch unmöglich essen.”
Gabriels Grinsen wurde breiter. “Glauben Sie mir, Hope. Man kann es essen. Und wenn man es vor dem Trocknen würzt, ist es sogar recht schmackhaft. Aber auch ungewürzt ist es nicht schlecht. Es ist haltbar, leicht zu transportieren, und es stillt den Hunger. Ansonsten kann man immer noch prima Suppe daraus kochen.” Er sah, dass Hope immer noch nicht überzeugt war. “Also wenn es Sie beruhigt, dann können wir auch einen Teil davon räuchern. Schinken essen sie doch zumindest, oder?” Hope nickte begeistert, und Gabriel reichte ihr eines der Rebhühner am Spieß.
“Ganz ruhig”, wisperte Gabriel ihr so leise zu, dass Hope die Worte kaum verstand. Sie wagte kaum zu atmen, als Gabriel das Gewehr anlegte, den Hahn mit einem kaum hörbaren Knacken spannte und zielte. Der junge Hirschbock sah aus, als würde er nichts Böses vermuten, wie er auf seinen langen, schlanken Läufen grazil durch das Unterholz stakste, und fast tat es Hope leid, dass sie ihn töten würden. Andererseits würden ihre Vorräte nicht ewig reichen, und sie mussten etwas essen. Um sie herum erfüllten scheinbar Tausende von Vogelstimmen den Wald, und riesige bunt schillernde Schmetterlinge tanzten taumelnd durch die laue Luft. Hope hielt den Atem an und presste die Augen fest zusammen, als ein ohrenbetäubender Knall die friedliche Stille zerriss. Aufgeregtes Vogelgeschrei und heftiges Flügelschlagen erfüllten einen Moment lang die wieder einkehrende Ruhe, während der Donner des Schusses von den Bergwänden in der Nähe widerhallte. Hope blinzelte dorthin, wo der Hirsch gestanden hatte und konnte einen klagenden Laut nicht unterdrücken, als sie das schöne Tier ausgestreckt im saftigen Grün liegen sah. Gabriel beugte sich bereits über die Beute, und Hope beobachtete, wie er die Halsschlagader des Hirschen mit seinem Messer öffnete und etwas murmelte, das wie ein leises Gebet klang.
“Was haben Sie da gesagt?”, wollte Hope wissen, als sie näher kam. Gabriel hob kurz den Kopf, dann wandte er sich wieder dem Hirsch zu. Mit geschickten Schnitten nahm er den Kadaver aus. Hope wandte angeekelt den Kopf ab. Auch wenn sie selbst jahrelang die niedrigsten Arbeiten verrichtet hatte, mit den Ausweiden von Tieren hatte sie sich nie anfreunden können.
“Ein Gebet”, hörte sie ihn sagen. “Möchten Sie ein Stück Leber?” Verwirrt sah Hope erst ihn an, dann das dunkelrote, blutige Etwas, das er ihr entgegen hielt.
“Nein!”, stieß sie hervor und erschauderte, als Gabriel ohne zu Zögern einen kräftigen Bissen von dem rohen Fleisch nahm.
“Wie können Sie das nur essen?” Angewidert wandte sie den Blick ab, nicht ohne noch zu sehen, dass sein halbes Gesicht blutverschmiert war.
Wie furchtbar!
“Leber muss man sofort essen, solange sie warm ist. Dann schmeckt sie am besten. Wenn es Ihnen lieber ist, können Sie sich aber auch ein Stück braten. Ist gesund.”
“Nein”, entgegnete Hope und hielt ihm demonstrativ den Rücken zugedreht.
“Ihre Entscheidung, aber Sie wissen nicht, was Ihnen entgeht.”
“Aber das Fleisch ist noch roh”, entrüstete Hope sich und vergaß dabei völlig, dass sie ihn nicht ansehen wollte. Noch immer war Gabriels Gesicht blutbeschmiert, und seine weißen Zähne leuchteten beinahe unnatürlich, als er sie erneut in das blutige Stück Leber schlug. Hope schluckte, als seine Augen sie spöttisch über das Fleisch in seiner Hand hinweg anstrahlten. Sie wusste, er wollte sie provozieren, aber sie konnte dennoch den Blick nicht von dieser zu Schau gestellten Primitivität abwenden.
“Macht es Ihnen Spaß, sich wie ein Wilder aufzuführen?”, presste Hope missbilligend und mit steifen Lippen hervor. Gabriel zuckte nichts sagend mit den Achseln. Falls sie ihn damit beleidigt haben sollte, dass sie ihn als Wilden bezeichnet hatte, so ließ er es sich nicht anmerken. Er verspeiste genüsslich den Rest Leber, dann machte er sich daran, den Kadaver in eine mitgebrachte Haut einzuschlagen, um ihn vor den Fliegen zu
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