Mann meiner Sehnsucht (German Edition)
Welle der Hoffnung durchströmte ihn und verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Erfüllt mit neuer Energie robbte Gabriel vorwärts.
“Hope?”
Warum antwortete sie ihm nicht? Wieso sagte sie nichts, wenn sie ihm doch entgegenkam?
Angestrengt starrte Gabriel in die Dunkelheit jenseits des schwachen Lichtkegels, den die Lampe warf.
Bewegte sich dort nicht etwas? War dort nicht etwas heller als der Fels? Ein Jubelschrei entrang sich seiner Kehle, als er tatsächlich eine Bewegung ausmachte.
Hope!
Und sie lebte!
Erleichtert streckte Gabriel die Hand nach ihr aus – und berührte nasses Fell.
Mit einem kläglichen Mauzen drängte sich Motte gegen seine Hand, rieb ihren Kopf an seinen Fingern, so als wäre sie froh und erleichtert, endlich auf ein anderes lebendes Wesen zu treffen. Sie war schmutzig und klatschnass und sah so elend aus, wie eine nasse Katze nur aussehen kann. Noch immer schnurrte und maunzte sie, aber Gabriel spürte bei ihrem Anblick nur Enttäuschung und Wut.
Entsetzliche Wut. Einen Moment lang zuckte es ihn in den Fingern, als ihm bewusst wurde, warum Hope ihm nicht ihre andere Hand gereicht hatte.
Natürlich.
Weil sie damit ihre verdammte Katze umklammert gehalten hatte. Die Katze, die die Katastrophe nass aber ansonsten unbeschadet überlebt hatte. Nur von Hope fehlte nach wie vor jede Spur.
Kälte breitete sich in Gabriels Innerem aus, aber es war keine Kälte, die von außen in seine Glieder drang. Er hatte die Katze gehört, die auf sein Rufen geantwortet hatte, nicht Hope.
Hope lag noch immer irgendwo in den Tiefen des Stollens, besinnungslos oder gar….
Gabriel wagte noch immer nicht, den Gedanken zu Ende zu bringen.
Nein. Das durfte nicht sein.
Auch wenn er die Katze dafür hasste, dass sie überhaupt der Auslöser gewesen war, der dazu geführt hatte, dass Hope vom Wasser hinfort gerissen worden war, so brachte er es dennoch nicht über sich, ihr den mageren Hals umzudrehen. Immerhin liebte Hope dieses Tier, war sogar bereit gewesen, ihr Leben dafür zu riskieren. Er wollte Motte an sich vorbei schieben, damit sie allein den Weg zum Ausgang fand, aber die Katze entwand sich seinem Griff und tapste zurück in die Dunkelheit. Der magere Schein der Lampe reichte soeben aus, um zu zeigen, dass sie verharrte und ihn ansah.
“Verdammtes Miststück. Komm schon her. Du bist überhaupt an allem Schuld”, schimpfte Gabriel. Gerade als er die Hand ausstrecken wollte, wich Motte weiter zurück. Ihr Mauzen erfüllte den Gang, dann drehte sie sich um und schritt mit erhobenem Schwanz hinein in die Dunkelheit. Hin und wieder wartete sie und maunzte, wenn Gabriel ihr nicht schnell genug folgte, und Gabriel fragte sich nicht zum ersten Mal, was die Katze damit bezweckte. Wäre sie ein Hund gewesen, hätte er angenommen, sie wollte ihn zu Hope führen, aber das war ja wohl unmöglich. Schließlich war sie nur eine Katze.
Wieder hörte er Motte maunzen. Drängender, so als wollte sie ihn zur Eile antreiben. Er wusste, es war verrückt, aber noch einmal mobilisierte Gabriel seine letzten Reserven.
“Verdammt, Mistvieh, wo bist du?”, rief er in die Dunkelheit hinein. Überrascht stellte er fest, dass der Tunnel sich weitete, so sehr, dass er sich erst auf Händen und Knien fortbewegen konnte und schließlich sogar aufstehen. Der Hohlraum, in dem er sich befand, war klein, aber von Katze oder Hope fehlte jede Spur.
“Hope?”, versuchte er es noch einmal. Er hob die Laterne höher. Links von ihm befand sich ein schmaler Spalt. Sollte Hope hindurchgegangen oder hindurchgespült worden sein? Er ging darauf zu und glaubte, Licht zu sehen.
“Hope?”
“Hier!”
Gabriel erstarrte, dann spürte er, wie unbändige Freude ihn erfüllte. Die Stimme klang schwach, erschöpft, aber es war eindeutig die von Hope.
“Hope!”, rief er und wandte sich nach rechts, der Stimme entgegen.
“Hope?”
“Hier drin. Ich… ich schaffe es nicht allein…”
Suchend sah Gabriel sich um. Schließlich entdeckte er die Öffnung ziemlich weit unten in der Wand. Sie war schmal, zu schmal für ihn, aber er ließ sich davor auf dem Boden nieder und spähte hinein.
“Hope?” Er leuchtete mit der Laterne und tatsächlich, dort, nur wenige Meter von ihm entfernt, erkannte er Hopes blasses Gesicht.
“Warte, ich hol dich raus.” Er entrollte das Seil, das er zusätzlich zu seiner Sicherungsleine am Gürtel befestigt hatte und ließ das Ende zu ihr herab.
“Kannst du dich festhalten?”
“Ich glaube schon.”
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