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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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mir
vorstellten und daß Sie mich am liebsten wieder ins Wasser werfen würden.«
    Er versuchte einen väterlichen
Ton anzuschlagen. »Sie sind ein sehr eigensinniges Kind. Und bockig dazu.«
    »Ich kenne diese Eigenschaften.
Und noch ein paar andere dazu, eher positive. Ich bin zum Beispiel ein ganz
hübsches und reiches und sozusagen begehrtes Mädchen.«
    Der sonndurchglühte schmale
Mädchenkörper war ihm so nah. Mein Gott! Und der Mond und das Meer! Und die
Gesichtszüge von Jeannette, ganz dieselben Augen, die nun fast lauernd auf ihn
gerichtet waren.
    »Wir wollten doch zusammen zu
Abend essen«, sagte er mit einer Stimme, deren Unsicherheit ihm selbst auf die
Nerven ging.
    »Essen? Denken Sie eigentlich
immer an Sauerkraut und Stampfkartoffeln, wenn die Nacht romantisch ist?«
    »Ich denke im Augenblick offen
gestanden mehr an Langustenschwänze und eine Karaffe Wein. Und ich denke daran,
daß Sie getrost zehn Pfund zunehmen könnten.«
    Die Enttäuschung machte ihr
Gesicht düster. »Sie sind um kein Haar besser als Jonny. Auch er behütet und
beonkelt mich ständig. Wenn ich Schnupfen habe, bereitet ihm das mehr Kummer,
als wenn ich ihn schlecht behandle.«
    Ronald zog sie mit sich fort,
und sie folgte ihm wie ein Kind, das sich widerwillig zu einer Suppe schleppen
läßt. Im gleichen Augenblick begann Jacky seinen Schwanztanz, immer rund um die
eigene Achse. Die Wiederentdeckung seines Schwanzes regte ihn von Zeit zu Zeit
zu solchen Tänzen an.
    »Ist Ihr Hund verrückt?« fragte
Sheila.
    »Nicht mehr und nicht weniger
als alle anderen Geschöpfe.« Ronald war froh, daß nun Jacky im Mittelpunkt des
Gespräches stand.
    »Verrückt sein ist herrlich.
Wenn ich einen verrückten Partner fände, würde ich mich längst nicht so einsam
fühlen.«
    Er begann ihre Hand zu
tätscheln wie ein Arzt, der im nächsten Augenblick eine Injektion gibt. »Wissen
Sie, was wir tun, Sheila? Wir essen jetzt in Ihrem Hotel gut zur Nacht, und
später schreiben wir eine gemeinsame Postkarte an Jeannette. An Ihre Mutter,
ja?«
    »Das fehlte noch!« Sheila
entzog ihm ihren Arm mit einer heftigen Bewegung. »Mama ist imstande und setzt
sich ins nächste Flugzeug und kommt hierher. Sie wird sich einreden, daß sie
mich vor einer Dummheit bewahren muß. In Wirklichkeit aber wird sie nur erscheinen,
weil sie mir Sie nicht gönnt. Aus Eifersucht.«
    »Absurd.«
    »O nein, gar nicht. Frauen
untereinander wissen so etwas. Sie spüren es. Ich habe Mamas Gesicht
beobachtet, wenn sie von Ihnen sprach, sie wird Sie nie loswerden.«
    »Nun gut«, hörte er sich sagen,
»schreiben wir eben keine Postkarte. Postkarten schreiben ist eine schlechte
Gewohnheit. Seien wir groß, essen wir nur, rauchen wir hinterher eine Zigarette
und sprechen wir von moderner Malerei.«
     
    Sie aßen im Hotel die
köstlichen frischen Fische, mit denen das Meer täglich die Netze füllte, und
sie tranken den süßen, schweren Wein, der auf der bröselnden, lehmfarbenen
Erdkrume dieses Landstriches wuchs.
    Sheilas Augen glänzten. Sie
trat an die Brüstung der Terrasse und setzte sich auf die kleine Mauer, die die
Wärme des heißen Tages gefangenhielt. Ronald stand vor ihr und ertappte sich
dabei, wie er sie abwesend anstarrte. Er beobachtete jede Regung ihres
ausdrucksvollen Gesichtes, ohne auf ihre Worte zu achten. Jeannette, dachte er.
Das ist sie, und ich brauche nur die Hand auszustrecken und sie mir zu holen.
Wir sind beide zwanzig Jahre alt. Alles andere ist unwirklich.
    Plötzlich erlosch der Glanz in
Sheilas Augen. »Sie sind mit Ihren Gedanken nicht hier«, sagte sie enttäuscht.
Dann erhob sie sich. »Ich bin müde.«
    Ronald nickte. »Kleine Kinder
gehören auch vor Mitternacht ins Bett.« Er machte eine Bewegung zu dem dunklen
Felsbrocken hin. »Morgen steigen wir auf den Ifach.«
    »Wir beide? Nie«, sagte sie
betrübt, als ahnte sie bereits die Geschehnisse voraus, die das unmöglich
machen sollten.
    Von der Terrasse aus führten
wenige Stufen zu dem Platz, wo die Autos mit ihren Nummern aus allen fünf
Erdteilen parkten. Beim Hinabgehen zog Sheila den linken Fuß wieder stark nach,
aber Ronald hatte sich schon daran gewöhnt. Er fand, daß es bei diesem Mädchen
nicht störte, sondern ihren Reiz eher hob. Vielleicht übertrieb sie auch
unbewußt. Unten angekommen, lief sie behende und ohne ein Zeichen der
Behinderung über den Platz und sprang in ein Auto. Es war ein weißes Kabriolett
mit einer französischen Nummer.
    Sie ließ den Motor

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