Mannerfreie Zone
Anrufbeantworter gesprochen, aber da warst du vermutlich schon weg. Kommt, lasst uns jetzt die Süßigkeiten abholen.“
Später sitzen wir auf dem Rasen und essen Käsekräcker und Eis am Stiel. Wir haben eine ganz nette Kriegsbeute gemacht – Make-up und Zeitschriften und so was von den Sponsoren.
„Sie haben sich gut geschlagen, Mrs. Vitali“, sagt Tabitha, als sie die Tüte meiner Mom durchwühlt. „Ich bin ein bisschen neidisch.“
„Ja, wir Überlebenden würden gute Banditen abgeben.“
Roseanne hat sich im Gras ausgestreckt. Ich bette meinen Kopf auf einer der Zeitschriften, lege mein neues Brustkrebs-Aufklärungs-T-Shirt über die Augen und schlafe ein.
„Eve, Liebling.“ Meine Mom steht über mir. Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen ist. Ich finde, ohne Haare sieht sie viel jünger aus. Ich bin wohl auf dem Rasen eingeschlafen, mein Hintern fühlt sich feucht an. Toll, Grasflecken. „Daddy und ich werden jetzt nach Hause fahren. Sollen wir euch zurück zu eurer Wohnung bringen?“
Ich setze mich auf. Roseanne und Tabitha haben nicht geschlafen. Ich frage mich, worüber sie wohl mit meinen Eltern gesprochen haben. Wir beschließen, gemeinsam zurückzufahren. Meine Mom erinnert mich (und vermutlich meine Freundinnen) daran, dass ich in zwei Wochen Geburtstag habe. Gott sei Dank ist das ein Wochentag, da kann ich zu Hause mit meinen Eltern essen und, für den Fall, dass irgendjemand irgendetwas plant, am Wochenende mit meinen Freunden feiern.
Meine Eltern umarmen uns. Roseanne und Tabitha beglückwünschen meine Mom noch mal zu ihrem Rennen (ja, tatsächlich, sie ist gerannt – ich bin gegangen). Nachdem sie weg sind, setzen wir uns eine Weile auf die Veranda. Roseanne macht uns Limonade. Tabitha raucht nicht.
„Leute, ich glaube, ich werde heute früh nach Hause gehen“, erklärt sie.
„Hast du zu viel Sonne abbekommen, Tabitha?“
„Mir geht’s gut. Ich will nur nach Hause gehen und baden und meinen neuen Lippenstift ausprobieren und vielleicht etwas Cognac trinken.“
„Cognac?“ fragen Roseanne und ich gleichzeitig.
„Tab“, fahre ich fort, „es ist Mai. Der Sommer ist bald da.“
„Bilde dir nicht ein, dass du mich Tab nennen darfst, nur weil ich etwas überhitzt bin. Also Leute, ich rufe euch morgen an. Vielleicht gehen wir ja zusammen brunchen. Ich glaube, ich habe heute zu viele Kalorien verbrannt. Ich will auf gar keinen Fall, dass mein Hintern kleiner wird.“
Sie geht, und Roseanne und ich beobachten von der Veranda aus, wie sie nach einem Taxi winkt.
„Ziemlich unwahrscheinlich, dass dieser Hintern kleiner wird.“
„Wetten, dass sie sich jetzt mit einem Typen trifft?“
„Wetten, dass sie vorher bei
Krispy Kreme
vorbeigeht?“
„Eve, warum macht es uns gar nichts aus, dass sie unsere Unterwäsche geklaut und verkauft hat – benutzte Unterwäsche –, und zwar an Männer, die damit wahrscheinlich onanieren?“
„Ich finde es schlimmer, dass sie aus einem namenlosen Kaff ist.“ Roseanne sieht mich schockiert an. „Ein Scherz. Nur ein Scherz. Mir ist das wirklich egal. Ich hätte übrigens nichts gegen ein paar Gewinnanteile und bedaure nur, dass ich nicht selbst auf die Idee gekommen bin. Und wenn dadurch irgendein Verrückter von Schlimmerem abgehalten wird und Tabitha beschäftigt ist, wem schadet es?“
„Wahrscheinlich hast du Recht. Willst du heute auch früh ins Bett?“
„Auf gar keinen Fall.“
Am Montag will Tabitha unbedingt wissen, was ich zu meinem Treffen mit Prescott anziehen werde. Ich habe die ganze Zeit versucht, nicht darüber nachzudenken. Vielleicht werde ich das Ganze doch noch abblasen.
„Eve, ich habe bei Max Mara einen wirklich hübschen Anzug gekauft. Bitte. Tu’s für mich! Komm schon.“
„Ich weiß genau, worum es dir geht. Oder erinnerst du dich nicht mehr an
Good Fellas
, als sich alle so darüber freuen, dass Joe Pesci ein gemachter Mann ist, nur, weil sie selbst es niemals so weit bringen würden? Er war nämlich der einzige echte Italiener. Aber als Pesci dann dort hinkam, sah er, dass der Boden aus PVC war und wusste sofort Bescheid. Paff!“
Und schon ist Mittwoch. Tabithas Vorstellung davon, wie ich mich am besten vorbereiten sollte, hat mich über hundert Dollar gekostet, ich habe mir nämlich erzkonservative Sandalen gekauft. Und in diesen Sandalen kann man auch sehen, dass ich bei der Pediküre war. Tabitha ist davon überzeugt, dass die falschen Schuhe oder der falsche Nagellack meine
Weitere Kostenlose Bücher