Mannerfreie Zone
ich.“
Und das war’s.
Mai
I ch kenne mich mit Blumen nicht sonderlich aus, aber es ist auf jeden Fall ein wunderschöner Tag. Wir stehen auf der großen Rasenfläche im Central Park und lauschen den Promis, die erzählen, für welchen guten Zweck wir gleich loslaufen werden. Alle klatschen. Wir drei haben den Namen meiner Mutter auf unsere coolen Prescott-T-Shirts gemalt, dazu hat man uns ermutigt. Ich habe auch den Namen einer ehemaligen Lehrerin gewählt, die an Brustkrebs gestorben ist, als ich auf dem College war, während Tabitha noch den Namen einer Cousine drauf geschrieben hat. Es ist erstaunlich, wie viele Namen auf all den T-Shirts stehen, und ich frage mich, wie viele wohl schon tot sind.
Jeder von uns hat eine Menge Geld zusammenbekommen. Wahrscheinlich haben die meisten Leute aus einem schlechten Gewissen heraus gespendet, aber das ist mir egal. Tabitha hat sich erst bereit erklärt mitzumachen, als wir ihr gesagt haben, dass
Krispy Kreme
einer der Sponsoren ist. Bisher aber habe ich noch keine dieser köstlichen Leckereien erblickt, ich hoffe, sie wird nicht sauer.
„Also, wir treffen uns später im Ziel, okay?“ Roseanne zieht nacheinander ihre Knie an die Brust. Ich nicke. Irgendwie wünschte ich, ich hätte meiner Schwester erzählt, dass ich so was mache. Denn so was ist eigentlich eher ihre Art, sie hätte sich darüber bestimmt gefreut. Die Zuschauer feuern uns fröhlich an, als es los geht. Roseanne winkt uns zu und rennt davon.
„Es ist ziemlich heiß“, sagt Tabitha.
„Es ist kühl und windig! Einen besseren Tag hätten wir uns nicht aussuchen können, Tabitha, komm schon, ich habe gehört, dass sogar Halle Berry mitmacht.“ Sie täuscht Gleichgültigkeit vor, aber ich weiß genau, dass sie jetzt hinter ihrer Sonnenbrille nach Halle Ausschau hält. Plötzlich zerrt sie an meinem Arm und deutet auf jemanden.
„Sieh doch. Gütige Mutter Gottes!“ Ich sehe, dass Lacey und
Big C
an uns vorbeijoggen, plaudernd. Sie sind von Kopf bis Fuß in Designerklamotten gehüllt und komplett mit allem Notwendigen ausstaffiert.
„Wow, Lacey hat gar nicht gesagt, dass sie hier mitmacht. Als sie mir kein Geld gespendet hat, dachte ich nur, dass sie eine blöde Kuh ist. Worüber die wohl sprechen?“
„Darüber, wie wenig sie essen“, antwortet Tabitha. „Und sie beglückwünschen sich dafür, dass sie die durchtrainiertesten Frauen der Welt sind. Das ist doch ihre einzige Freude im Leben.“ Vielleicht hat sie ja Recht. Nach ein paar Minuten habe ich das Gefühl, das Tabitha das Laufen sogar Spaß macht. Sie beschwert sich nicht mehr so oft und lächelt sogar ein wenig. Natürlich muss sie trotzdem den Schein wahren.
„Ist es noch weit?“
„Hey, wir machen das doch richtig gut.“
„Ich hoffe nur, dass das so viel bringt wie der Aids-Lauf.“
„Ich wusste gar nicht, dass du beim Aids-Lauf mitgemacht hast. Willst du das dieses Jahr auch machen?“
„Vielleicht.“
„In Wahrheit bist du ein echter Menschenfreund.“
„Wie auch immer.“
Als der Lauf vorbei ist, finde ich es fast ein wenig schade. Die Presse ist da, und die Zuschauer klatschen und winken, als wir durch die Zielgerade kommen. Auch ich bleibe noch eine Weile dort stehen und juble den nachfolgenden Läufern zu, während Tabitha sich auf die Suche nach Roseanne macht. Nicht jeder, der hier mitmacht, ist gesund, einige Frauen sind offenbar selbst Betroffene, und irgendwie bin ich stolz auf sie, obwohl ich sie nicht einmal kenne. Als ich ihnen, applaudiere denke ich an all die Redaktionskonferenzen, wo ich automatisch geklatscht habe, selbst wenn es um einen Artikel über einen schottischen Radfahrer ging.
„Hey Eve.“ Ich drehe mich um und sehe, dass Tabitha und Roseanne neben meinen Eltern stehen. Oh mein Gott! Beide tragen Jogginganzüge. Meine Mom hat einen von den Schals, die ich ihr geschenkt habe, um den Kopf geschlungen. Ich renne zu ihnen.
„Habt ihr hier etwa mitgemacht?“
„Was glaubst du denn, meinst du, ich habe umsonst mit dem Rauchen aufgehört?“ Mein Vater tätschelt seinen etwas kleiner gewordenen Bauch.
„Und du, Mom, geht’s dir gut?“
„Honey, mir geht es großartig. Ganz viele Frauen aus meiner Therapiegruppe machen hier mit, und da dachte ich, das wäre auch was für mich. Ich habe dir nichts davon gesagt, weil ich nicht wusste, ob ich es wirklich schaffe, aber als ich heute morgen aufgewacht bin, war mir klar, dass ich es einfach versuchen muss. Ich habe dir noch auf deinen
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