Mannerfreie Zone
der winzigsten Apartments auf, das ich je gesehen habe. Wenn Rosie und ich siamesische Zwillinge wären, könnten wir hier vielleicht zusammen leben, aber dann würden wir wahrscheinlich auch in Talkshows auftreten und ein Buch schreiben und hätten genug Geld, in einer anständigen Wohnung zu leben. Umgebaute Einzimmerwohnung? Umgebaut in was? Zwei winzige Wandschränke? Was stimmt ist, dass man in der Küche essen kann. Die Küche, das Wohnzimmer und die „umgebauten“ Schlafzimmer befinden sich alle in einem einzigen Zimmer. Wenn man also in der Wohnung essen will, dann muss man es buchstäblich in der Küche tun.
„Sie dürfen sich gerne umsehen“, ermutigt uns Craig. Aber es gibt nichts, was ich mir ansehen müsste, weil sich ja das komplette Apartment in meinem Gesichtsfeld befindet. Einschließlich des Badezimmers. Craig scheint meine Gedanken lesen zu können. „Auf jeden Fall wird noch eine Badezimmertür eingebaut, bevor Sie einziehen.“
Das macht Mut. Ich schaue Rosie an. Ihr Gesicht hat eine Farbe angenommen, die sich so nie zuvor gesehen habe. „Ich werde verflucht noch mal auf gar keinen Fall in diesem schäbigen Apartment leben“, sagt sie langsam, und ich kann sehen, dass sie immer wütender wird. Für ihre Verhältnisse ist das schon ziemlich grob.
Craig sieht schockiert aus – genauso schockiert wie ich. „Wie bitte?“
„Sie haben schon verstanden, das hier ist eine Frechheit. Wie viel soll das kosten? Vierzehnhundert? Das Schlimmste ist, dass irgendein Idiot das sogar bezahlen wird.“
„Hören Sie, Miss, ich weiß nicht, wo Sie herkommen. Aber das hier ist New York.“
„Das ist Müll!“ Wow! Craig kann es nicht glauben, ich auch nicht. Er deutet auf das winzige Apartment und hoch zu den vergitterten Fenstern, die direkt auf den Gehsteig blicken.
„Was glauben Sie, wo in New York Sie so eine Aussicht bekommen?“
Rosie schüttelt den Kopf, packt mich am Arm und zerrt mich aus der Wohnung. Gerade als wir durch die Tür gehen, ruft sie ihm zu: „Die können Sie sich in den Arsch stecken.“ Das ist das Derbste, was ich je aus ihrem Mund gehört habe. Ich halte mich an der Mauer des Brownstone-Hauses fest, damit ich vor Lachen nicht umfalle. Die hat Nerven! Die gut gekleideten Passanten werden uns vielleicht wegen Herumlungerns anzeigen, aber ich kann einfach nicht aufhören zu lachen. Mein Bauch tut weh, und ich fange schon fast an zu heulen. Ich schaue Rosie an, weil ich erwarte, dass es ihr genauso geht, aber jetzt weint sie, schluchzt geradezu, und das überrascht mich.
„Roseanne.“ Ich berühre ihre Schulter. „Bist du okay?“ Sie schweigt eine Weile. Sie schüttelt nur den Kopf und bemüht sich, nicht mehr zu heulen.
„Ich habe in drei Wochen zweitausend Dollar ausgegeben.“
„Wie denn?“
„Kleinigkeiten, Getränke, Essen – ich schwöre, ich habe mir nur einen Rock gekauft, daran liegt es nicht. Nur Kleinigkeiten. Das wäre ja nicht schlimm, wenn ich arbeiten würde, aber was, wenn ich mein ganzes Erspartes ausgebe und immer noch keinen Job habe? Wir werden außerdem eine Kaution zahlen müssen. Was soll ich nur tun?“
„Du findest schon noch einen Job.“
„Bisher hat mich niemand zurückgerufen, um ein zweites Vorstellungsgespräch zu vereinbaren. Ich habe mir sogar überlegt, meine Unterlagen zu Prescott zu schicken.“
„Nun, das solltest du auch. Ich glaube, irgendwann arbeitet einfach jeder für Onkel Pres.“
„Und außerdem spaziere ich den ganzen Tag durch die Gegend, was ja toll wäre, wenn ich im Urlaub wäre, aber so habe ich ein schlechtes Gewissen. Weil ich nicht tue, was ich eigentlich tun sollte.“
„Ich verstehe.“ Aber das tue ich nicht.
„Und weißt du, heute morgen hat es doch so furchtbar geregnet. Da bin ich in eine Buchhandlung gegangen, habe angefangen zu gelesen und bin plötzlich eingeschlafen. Eine der Verkäuferinnen hat mich geweckt und gesagt, dass ich da nicht schlafen dürfe. Als ob ich irgendeine verrückte Obdachlose wäre oder so.“ Wow! Was sagt man denn dazu? Da gibt es nur eines.
„Lass uns was trinken gehen.“
Wir bleiben wieder im Village hängen, in einer kleinen Bar. Nichts hilft schneller, als das Leid in Alkohol zu ertränken. Ich zahle die Rechnung. Das ist das Mindeste, was ich tun kann. Ich beschließe, Tabitha nicht anzurufen, obwohl sie diese Bar liebt und mich umbringen wird, wenn sie hört, dass ich ohne sie hier war. Ich versuche, Roseanne zu trösten. „Wir müssen einfach positiv
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