Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mannerfreie Zone

Mannerfreie Zone

Titel: Mannerfreie Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Papa Ariella
Vom Netzwerk:
Thanksgiving versuche ich Tabitha anzurufen, kurz bevor wir losfahren. Wir sitzen auf der Couch und schauen uns die Parade von
Macey’s
an, obwohl
Macey’s
nur zehn Blöcke von uns entfernt ist. Allerdings ist es recht kalt, und Roseanne ist von der ganzen Kocherei letzte Nacht völlig erschöpft. Unsere Energie reicht gerade noch, um unsere Nägel zu lackieren, die Anrufe von Roseannes Familie zu umgehen und diese schreckliche Parade im Fernsehen anzusehen. Bei Tabitha geht nur der Anrufbeantworter ran. Ich hinterlasse eine lange Nachricht und bitte sie, doch noch zu kommen.
    Roseanne streckt eine Hand von sich, um den pinkfarbenen Nagellack zu betrachten. „Das hörte sich an, als wolltest du ihr anbieten, auch noch den Truthahn für sie zu verdauen.“
    „Ro, solche Feiertage sind immer schwierig, wenn man alleine ist. Hast du das noch nie in den Nachrichten gehört? Die Selbstmordrate steigt immens.“
    „Ich bezweifle, dass wir uns um Tabitha Sorgen machen müssen. Wirklich.“
    Ich erspare Ihnen die meisten Details unseres Thanksgiving-Essens. Alle waren ganz begeistert von den Speisen, die Roseanne zubereitet hat. Meine Tante hat tatsächlich meinem Onkel das Kartoffel-Gratin gereicht, als er sie darum gebeten hat. Und als gerade alle ganz still und gedankenverloren waren, beugte sich meine völlig senile Oma zu meiner Mutter und sagte: „Kannst du sie auch hören?“ Meine Mutter schüttelte den Kopf, und meine Oma fuhr fort, laut schmatzend zu kauen.
    Roseanne und ich verbringen praktisch zwei komplette Tage auf der Couch im Wohnzimmer. Wir übernachten auch dort, weil unsere Betten ja in New York stehen. Wir machen uns nicht einmal die Mühe, das Sofa auszuziehen, ich schlafe einfach so auf dem Sofa und Roseanne in dem großen Lehnstuhl. Roseanne geht nicht einmal joggen, dabei hatte ich schon befürchtet, dass sie mich nach jedem Essen rausscheuchen würde. Am Freitagabend gehen wir in eine Kneipe im Ort.
    „Die Gäste hier sehen aus wie meine Kollegen“, bemerkt Roseanne angewidert. Und tatsächlich handelt es sich um besonders spießige Leute. Mir wird klar, wie sehr sich Roseanne bereits verändert hat. Wir trinken schnell was und laufen dann nach Hause (ja, ich hatte meinen Vater gebeten, uns hier abzusetzen, weil ich dachte, wir würden ein Taxi zurücknehmen.)
    Am Samstag rufe ich Tabitha von der Couch aus an. Sie nimmt ab, als ich schon beginne, eine Nachricht zu hinterlassen. „Wie ist es an der Küste?“
    „Keine Ahnung, weil ich nicht mal in der Nähe bin. Nicht ganz Jersey liegt an der Küste, weißt du? Und, wie ist dein Wochenende?“
    „Langweilig. Jaques hat nicht angerufen. Wann kommt ihr zurück?“ Weil sie Roseanne in die Frage mit einschließt, sage ich, dass ich das klären und sie gleich zurückrufen werde.
    „Hey, Ro.“ Roseanne lackiert jetzt ihre Fußnägel, diesmal in einem ordentlichen Rot. „Sollen wir etwas früher nach Hause fahren?“
    Tabitha will am Samstagabend unbedingt tanzen gehen. Sie ist froh, dass wir früher zurück gekommen sind. Sie ruft in dem Club an und benutzt wieder ihre alte MTV-Masche. Sie hat mal drei Wochen da ausgeholfen und besitzt noch immer ihren Ausweis. Sobald sie irgendwo rein will, versucht sie es entweder durch
NY By Night
oder aber sie behauptet, Produzentin bei MTV zu sein. Manchmal wollen sie tatsächlich den Ausweis sehen, meistens aber reicht es, sich entsprechend anzuziehen, dann wird einem alles abgenommen.
    Man hat uns einen Tisch reserviert. Da wünscht sich offenbar jemand, dass MTV mal hier dreht, denn die Getränke gehen aufs Haus. Roseanne ist besonders beeindruckt.
    „Kommst du oft hierher? Ist ja echt cool hier.“
    „Nur wenn ich in der richtigen Stimmung dafür bin“, antwortet Tabitha, um zu betonen, dass alles nur von ihren Launen abhängt. Sie ist noch immer etwas beleidigt wegen Thanksgiving. Ich habe keine Lust auf ihr Rumgezicke.
    „Wollen wir tanzen?“ frage ich, und es ist mir egal, falls Tabitha lieber hier sitzen und schmollen will.
    „Ja, gerne“, sagt Roseanne. Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe und schaue Tabitha an, die zurückstarrt. Sie hätte doch einfach mit mir nach Hause kommen können. Dann würden wir alle noch immer auf der Couch liegen, statt unsere Bäuche in total unbequeme Kleider zu quetschen.
    „Ich bin noch nicht annähernd betrunken genug, um zu tanzen.“
    „Weißt du Tabitha, hier ist absolut nichts los, niemand unterhält sich mit uns. Ich will hier nicht die ganze

Weitere Kostenlose Bücher