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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Entschluß kam nicht von ungefähr. Er war lange überlegt und untermauert mit der Gewißheit, daß die Reichswehr in ihrer jetzigen Gestalt stabil war.
    Reichswehrminister war nach Noskes Sturz der Demokrat und ehemalige Oberbürgermeister von Nürnberg Otto Geßler. Er verstand sich gut mit General v. Seeckt. Er ließ ihm viel freie Hand. Vor allem aber entstand unter den Augen der alliierten Kontrollkommissionen mit den 100.000 Mann der Reichswehr eine kleine Heerschar, die, wie v. Seeckt stolz sagte, die Elite des Deutschbewußtseins war.
    Es war klar, daß Heinrich Emanuel Schütze hier nicht mehr abseitsstehen konnte. Er fühlte sich berufen.
    Panikartig wurde seine Stimme, als der Generalvertreter der ›Morgenröte‹-Margarine plötzlich seinen Posten niederlegte. Spät erst sickerte durch, daß der Oberst a.D. wieder ›dabei‹ war und ein Reichswehrmagazin in Pommern übernommen hatte.
    »Er auch«, sagte Schütze, als die Nachricht sich bestätigte. »Nur ich hocke noch hier herum und verteile unter Asozialen meine verfluchte Margarine. Ist das eines Hauptmanns würdig? Eines Mannes, der bald sogar den Kaiser besiegt hätte? Der das EK I trägt? Nein. Das mußt du zugeben, Amelia …«
    »Ich sage nichts mehr.« Amelia hatte es aufgegeben, Heinrich Emanuel mit Vernunftgründen zu kommen. »Du mußt es wissen. Du wirst einmal für alle die volle Verantwortung übernehmen.«
    »Das habe ich immer getan.«
    »Im Mai wird unser drittes Kind kommen –«
    »Was hat das mit der Reichswehr zu tun? Fruchtbare Offiziersfrauen liebte schon der Alte Fritz –«
    »Du bist geschmacklos«, sagte Amelia bitter. Und schloß sich wieder im Schlafzimmer ein. Das war die härteste und zermürbendste Waffe gegen Heinrich Emanuel. Denn mochte er am Tage noch so unsinnig reden … wenn es dunkel wurde und er neben Amelia in den Federbetten lag, wurde er normal wie jeder Mann und sogar Argumenten zugänglich. Zuerst hatte Amelia Angst gehabt, daß er in altgewohnter Kampfmanier nach dem Sieg über seine Frau auch im Bett Hurra rief … aber das tat er nicht. In dieser Situation entsagte er dem Militarismus und wurde ganz Mensch. So war es eine unsäglich wirksame Waffe Amelias, das Schlafzimmer hinter sich abzuschließen. Am nächsten Morgen war Heinrich Emanuel weicher als seine Margarine.
    Vier Tage lang schrieb er an dem Brief an Generalmajor Eberhard v. Perritz. Immer wieder zerriß er das Konzept und setzte von neuem an.
    Vierzehn Entwürfe las er Amelia vor. Dann warf er sie in den Papierkorb, weil er an ihrem Gesicht ablesen konnte, daß die Schreiben nicht gut waren.
    Am fünften Tag, nach dem vierzehnten Entwurf, legte er den Kopf seufzend zwischen seine Hände und starrte Amelia an. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der vor lauter Spielen die Zeit verpaßt und sich in die Hosen genäßt hatte.
    »Hilf mir, Amelia«, sagte er stockend. »Wenn ich dem Onkel Generalmajor gegenüberstehen würde … aber schriftlich. Das klingt doch alles hölzern.«
    Er nahm ein neues Blatt Papier und schrieb mit unruhiger Hand. Dann blickte er wieder auf.
    »Wie ist denn das?
    Sehr verehrter Herr Generalmajor.
    Unterzeichneter erlaubt sich, der Ehre bewußt zu sein, mit Ihnen verwandt zu sein. Meine Frau Gemahlin, eine geborene v. Perritz auf Perritzau, ist …«
    Amelia schüttelte den Kopf. Heinrich Emanuel nahm den Bogen und zerknüllte ihn, warf ihn in eine Ecke des Zimmers und sprang auf.
    »Wie soll man denn schreiben?« rief er verzweifelt. »So sage doch was! Sitz nicht so herum und schüttle den Kopf! Kopfschütteln kann jeder … aber besser machen! Besser! Es ist beschämend, wie du deinen Mann behandelst!«
    Amelia schwieg. Sie war in einen schrecklichen Gewissenskonflikt geraten. Die Hilflosigkeit Heinrichs griff ihr ans Herz … half sie ihm aber, so würde durch ihre Hand das Leben jene neue Wendung bekommen, die sie tief im Inneren verabscheute. Soldaten müssen sein … sie war nicht so unlogisch, das zu bestreiten … aber wenn Heinrich Emanuel wieder reaktiviert wurde, würden sie und die Kinder völlig in seinem Schatten leben. Das wußte sie. Als Frau eines Margarineakquisiteurs hatte sie sich in die Rolle der ausgleichenden Opposition eingelebt … als Frau Hauptmann oder gar als Kommandeuse würde sie für Heinrich Emanuel wieder nur ein notwendiges Anhängsel sein, wie eine Gasmaskenbüchse etwa oder eine Erkennungsmarke. Daran änderte dann auch die Nacht nichts mehr. Mit dem Anziehen der Uniform würde

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