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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lange nichts von Amelia gehört. Mein Bruder, der Krautjunker, schreibt mir nicht. Erst schnauzte er mich an, daß wir Militärs zu lasch seien gegenüber Frankreich und England – das war 1913 –, und jetzt schnauzt er mich an, weil wir den Krieg verloren hätten und schuld an der Inflation seien. Wir Soldaten sind ja immer an allem schuld, was die Politiker verbocken.«
    Ruck. Heinrich Emanuel stand wieder. »Es ist eine Infamie!« rief er hochrot im Gesicht. »Es wird Zeit, daß das deutsche Volk wieder den Soldaten im rechten Licht sieht!«
    »Das hat es immer getan. Aber setzen Sie sich doch, lieber angeheirateter Neffe.« Heinrich Emanuel setzte sich wieder. Auf die Kante. Lauernd. Bereit zum Emporschnellen. »Sie möchten also wieder in die Uniform?« fuhr Generalmajor v. Perritz fort. »Sie waren Hauptmann?«
    Ruck. Schütze stand wieder. »Jawohl«, sagte er knapp. Es wurde dienstlich. Wie heißt es in der Instruktion: Die Sprache des Soldaten ist knapp und klar. Frage und Antwort haben deutlich und laut, im Inhalt konzentriert zu sein.
    »1918 als Hauptmann abgegangen. EK II und I. Zur Zeit als –« er stockte und sprach es dann tapfer aus: »… als Margarineverteiler tätig. In Köln.«
    »Soso.« Der Onkel General sah Heinrich Emanuel mit geneigtem Kopf an. Was er dachte, sagte er nicht. Es wäre unhöflich gewesen. Er begann, Amelia zu bedauern. Und dieses Bedauern stimmte ihn milde.
    »Ein ehrenwerter Beruf, nicht wahr?«
    »Sicherlich. Aber ich war Zeit meines Lebens ein glühender Soldat. Die Niederlage Deutschlands war meine eigene. Der Dolchstoß in den Rücken traf mich persönlich –«
    »Soso. Der Dolchstoß. Sie haben ihn gespürt?«
    »Ich habe geweint, als wir in Compiègne unterzeichneten. In einem Eisenbahnwagen …«
    Generalmajor v. Perritz erhob sich und trat an das Fenster. Er blickte hinaus auf die Alleebäume der Straße, er sehnte sich nach frischer Luft nach dieser verstaubten Rede Heinrich Emanuels. Wie kann ein Mensch bloß so denken, grübelte er. Gewiß, wir haben wieder eine Reichswehr … aber sie ist mehr Polizeitruppe denn eine Kampftruppe. Und wenn wir in Versailles auch die Alleinschuld Deutschlands am Krieg unterschrieben haben, weiß es doch mittlerweile die Welt, daß dies eine geschichtliche Vergewaltigung ist. Das alles aber ändert nichts daran, daß wir den Krieg militärisch völlig verloren haben, daß wir am Ende waren im November 1918, daß der ›Dolchstoß‹ eine fromme Mär ist für Nationalisten und Revanchisten und daß es nie wieder dazu kommen darf, daß Europa erneut verbrennt, weil einige wenige Gehirne sich entflammten.
    »Sie haben geweint«, sagte Generalmajor v. Perritz. Er blickte sich nicht um. Er wußte, daß Schütze schon wieder stand, stramm und in seinem schäbigen Zivil lächerlich wirkend. »Und Sie wollen wieder eingestellt werden. Sie wissen, daß die Wiederverwendung von Offizieren in der Reichswehr vom Chef der Heeresleitung, General v. Seeckt, selbst bestimmt wird. Die Auslese ist streng. Nur die Besten kommen zu uns zurück …«
    »Ich wäre glücklich, unter diesen Ausgewählten sein zu dürfen –«
    »Sie werden Truppendienst machen müssen …«
    »Ich bitte darum, Herr Generalmajor.«
    »Sie werden in eine kleine Garnison kommen …«
    »Meine Heimat ist dort, wo es Soldaten gibt.«
    »Na … dann wollen wir es versuchen.« Generalmajor v. Perritz drehte sich herum und kam auf Schütze zu. Er gab ihm die Hand. Heinrich Emanuel machte eine knappe, zackige Verbeugung. In Gedanken sah er die Zivilkleidung von sich abfallen wie trockenen Zunder. Auf seinen Schultern glänzten unsichtbar die silbernen Schulterstücke mit den beiden Hauptmannssternen.
    »Grüßen Sie mir Amelia, Herr Schütze.«
    »Ich werde es sofort bestellen, Herr General.«
    »Ist sie denn hier?«
    Heinrich Emanuel rang nach Worten. Jetzt ist das gekommen, was ich befürchtet habe, dachte er. Amelia hatte darauf bestanden, mit nach Münster zu fahren. Mit den Kindern. Er hatte versucht, es auszureden: Was soll der General denken? Bin ich ein Kind, daß du mich begleiten mußt? Du blamierst mich. Wenn er mich fragt, was soll ich sagen? – Sie hatte sich nicht beirren lassen … mit Christian-Siegbert und Giselher-Wolfram hatte sie Heinrich Emanuel nach Münster begleitet. Es war wie ein Begräbnis seines Zivilistentums.
    Schütze nickte kurz. »Jawohl, Herr General. Sie wartet mit den Kindern im Café Lamberti.«
    »Und das sagen Sie mir jetzt erst? Mit den

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