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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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sehr vernünftig. »Also kann er vielleicht für weit e re anderthalb Stunden mit meinem Zug trainieren. Es wäre mir ein Vergnügen, ihn zu beaufsichtigen.«
    »Wenn man seinen gesundheitlichen Zustand b e denkt …« , begann Sergeant Bane einzuwenden, aber dann schien er seine Meinung zu ändern. »Danke, Serg e ant Markey. Schicken Sie ihn einfach rein, sobald er fe r tig ist.«
    Nachdem mein Zug wieder drinnen war und Stirlings mit dem Laufen angefangen hatte, wandte sich Sergeant Markey zu mir um. »Du hältst dich wohl für zu gut, um hart zu trainieren«, sagte er sehr leise. »Du hältst dich für einen verdammten Prinzen, North. Diese eineinhalb Stunden werden dir eine Lehre sein.« Er starrte mich u n verwandt an, um mich zu zwingen wegzusehen. Ich tat es nicht. »Dreißig Runden«, sagte er schließlich. »Heb das Gewehr über den Kopf. Wenn du es senkst, fängst du von vorne an.«
    Noch immer hustend lief ich los. »Eins!«, rief er, als ich das erste Mal an ihm vorbeikam. »Zwei!« Ich ve r suchte, wieder an die Geschichte zu denken, so als würde ich damit den scharfen Schmerz in meiner Brust nicht spüren, aber es funktionierte nicht. Ich kam bis Runde sechs, dann stolperte ich und ließ das Gewehr fallen. Ich beugte mich vornüber, um wieder zu Atem zu kommen.
    Sergeant Markey hob die Waffe auf und drückte sie mir in die Hände, dann gab er mir einen harten Stoß g e gen die Schulter, damit ich mich aufrichtete. »Wirst du jetzt aufgeben?«, fragte er, sein Gesicht ganz nah an meinem. »Ich habe dir befohlen, dreißig Runden zu la u fen und das Gewehr dabei nicht zu se nk en. Möchtest du vielleicht lieber etwas anderes trainieren? Gewichtheben? Oder einfach aufgeben? Ist es das, was du willst?« Ich schüttelte den Kopf. »Wie war das?«
    »Nein«, murmelte ich.
    »Nein, Sergeant Markey!«, brüllte er und boxte mich wieder gegen die Schulter.
    »Nein, Sergeant Markey«, wiederholte ich. Ich betonte das Wort »Sergeant«, als würde ich mit einem Geiste s kranken sprechen, der auf dieser unangemessenen Anr e de besteht. Ich hätte es nicht so betonen sollen.
    Er fixierte mich einen Moment, während ich hustend und nach Luft schnappend vor ihm stand. Dann glitt sein Blick zu den jüngeren Schülern. »Lauf schneller, North!«, brüllte er Stirling an. »Du bist genauso langsam wie dein verfluchter Bruder! Hörst du mich?«
    Er wandte sich wieder mir zu. »Das ist jetzt deine erste Runde«, sagte er. »Fang an.«
    Ich starrte ihn wortlos an. In dieser Sekunde beschloss ich, die dreißig Runden zu laufen, selbst wenn es mich umbringen sollte. Ich hustete und keuchte, aber trotzdem rannte ich wieder los und hielt die Arme dabei senkrecht über dem Kopf. Sie begannen, bis runter zu meinen Schultern vor Schmerz zu brennen, und das Gewehr wurde so schwer, dass ich mein Tempo verlangsamen musste. Aber ich lief weiter. Jedes Mal, wenn ich an Se r geant Markey vorbeikam, starrte er mir direkt in die A u gen, so als ob er versuchen würde, mich mit seinem fin s teren Blick aus der Fassung zu bringen. Inzwischen brannte mein ganzer Körper, nur meine Haut war kalt vom Regen und von dem Schweiß, der sich auf ihr bild e te.
    In der einundzwanzigsten Runde stürzte ich mitten im Schlamm auf die Knie. Wieder brüllte er irgendetwas, aber plötzlich konnte ich nichts mehr hören. Ich sah, dass Sti r ling sich umdrehte und »Leo« sagte, aber ich konnte auch seine Stimme nicht hören. Dann kam er zu mir g e rannt und griff nach meinem Arm. Danach wurde alles schwarz.
     
    I rgendwo unter mir höre ic h jemanden lachen. Ich zucke zu sammen und lasse das Buch fallen. Mein Herz schlägt rasend schnell. Ich stehe auf und gehe zur Balkonbrüstung. Ich muss langsam den Verstand verli e ren, wegen eines so winzigen G e räuschs weit unten in einem dieser hell erleuchteten Räume so zu erschrecken. Aber ich konnte nichts dagegen m a chen. Ich war weit weg gewesen und hatte vergessen, dass ich in Wirklic h keit noch hier bin. Vielleicht ist das verrückt. Du hast mir einmal gesagt, dass der Wah n sinn nur eine Grenzlinie ist, die von niema n dem als den Menschen gezogen wird und ansonsten keinerlei Bedeutung hat. Aber du siehst es als The o rie. Du bist niemals in der Nähe dieser Linie gew e sen.
    Ich habe versucht, dir von meinem alten Leben zu e r zählen und davon, wie die Dinge waren. Vielleicht war ich zu unbesonnen; vielleicht war ich zu stolz. Aber du musst verstehen, dass ich mich wie in einer Falle gefühlt habe.

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