Mansfield Park
einzuprägen; davon erhoffte er sich einen nachhaltigeren Eindruck als von allem, was er sonst sagen oder tun könnte.
«Ich erröte für dich, Tom», sprach er mit seiner würdevollsten Miene. «Ich erröte, daß ich gezwungen bin, zu diesem Mittel zu greifen, und ich darf wohl annehmen, daß auch du tiefe Beschämung empfindest. Du hast deinen Bruder für zehn, zwanzig, dreißig Jahre, vielleicht für sein ganzes Leben, um mehr als die Hälfte der ihm zustehenden Einkünfte gebracht. In Zukunft mag es mir oder dir (wie ich hoffe) möglich sein, ihm das einträglichere Amt zurückzuerstatten, aber du darfst nie vergessen, daß damit nicht mehr als sein selbstverständlicher Rechtsanspruch erfüllt würde und daß ihn in Wirklichkeit nichts für das sichere Einkommen entschädigen kann, das er jetzt durch die Dringlichkeit deiner Schulden verliert.»
Tom hörte seinem Vater zwar mit einiger Zerknirschung zu, entschlüpfte ihm aber so rasch wie möglich und war in seinem erfreulichen Egoismus bald imstande, einige tröstliche Überlegungen anzustellen: erstens, daß er nicht halb soviel Schulden gemacht hätte wie einige seiner Freunde, zweitens, daß sein Vater sich doch gar zu langweilig über die Sache ausgelassen hätte, und drittens, daß der nächste Inhaber der Pfarre, wer immer er sein mochte, ja doch aller Wahrscheinlichkeit nach bald sterben würde.
Der Nachfolger von Pastor Norris wurde ein gewisser Dr. Grant, der sich in Mansfield niederließ und als kräftiger Mann von fünfundvierzig Jahren nicht gerade geneigt schien, die freundlichen Erwartungen des jungen Mr. Bertram zu erfüllen. Aber nein, meinte der, so ein kurzhalsiger, schlagflüssiger Kerl, der sich mit allen guten Dingen vollstopfte, würde schon rechtzeitig abkratzen.
Dr. Grant besaß eine um etwa fünfzehn Jahre jüngere Frau, aber keine Kinder, und dem Eintreffen des Paares gingen die üblichen wohlwollenden Gerüchte voraus, daß sie höchst achtbare und angenehme Leute seien.
Nun war der von Sir Thomas erwartete Zeitpunkt gekommen, zu dem, wie er stets geglaubt hatte, seine Schwägerin ihren Anspruch auf ihre Nichte geltend machen würde. Mrs. Norris’ veränderte Umstände und Fannys reiferes Alter schienen nicht nur angetan, alle früheren Bedenken gegen ein Zusammenleben der beiden zu zerstreuen, sondern ließen es im Gegenteil als die vorzüglichste Lösung erscheinen; da Sir Thomas’ Vermögenslage nicht nur durch die Verschwendungssucht seines ältesten Sohnes, sondern auch durch kürzlich erlittene Verluste aus seinen westindischen Besitzungen einigermaßen gelitten hatte, wäre es ihm nicht unerwünscht gewesen, von den Kosten für Fannys Unterhalt und der Verpflichtung ihrer künftigen Versorgung entlastet zu werden. Er war so fest davon überzeugt, es werde bald zu dieser Veränderung kommen, daß er seine Frau auf diese Wahrscheinlichkeit vorbereitete; und da Fanny zufällig anwesend war, als die Sache Lady Bertram zum erstenmal wieder in den Sinn kam, bemerkte diese in aller Ruhe: «Jetzt wirst du uns also verlassen, Fanny, und bei meiner Schwester leben. Wie wird es dir dort gefallen?»
Fanny war derart überrascht, daß sie nur die Worte ihrer Tante zu wiederholen vermochte:
«Sie verlassen, Tante?»
«Ja, mein Kind, warum verwundert dich das? Du bist jetzt fünf Jahre bei uns gewesen, und meine Schwester hatte stets die Absicht, dich zu sich zu nehmen, wenn ihr Mann nicht mehr da wäre. Aber du mußt trotzdem immer herüberkommen und mir meine Stickmuster einrichten.»
Die Nachricht war für Fanny ebenso schrecklich wie unerwartet. Sie hatte niemals etwas Gutes von ihrer Tante Norris erfahren und war nicht imstande, sie zu lieben.
«Es wird mir sehr schwerfallen, von hier fortzugehen», stammelte sie.
«Ja, Kind, das glaube ich dir. Das ist ganz natürlich. Es kann wohl keinem Menschen besser gehen, als es dir bei uns ergangen ist.»
«Ich hoffe, ich bin nicht undankbar, Tante», sagte Fanny bescheiden.
«Nein, liebes Kind, sicher nicht. Du warst immer ein sehr braves, gutes Mädchen.»
«Und ich soll niemals wieder hier leben?»
«Niemals, mein Kind. Aber du wirst ja auch dort ein behagliches Heim haben. Es kann für dich keinen Unterschied machen, in welchem Haus du wohnst, dort oder hier.»
Fanny verließ das Zimmer mit bleischwerem Herzen. Ihr erschien der Unterschied gewaltig, sie konnte nicht mit Gleichmut an ein Zusammenleben mit ihrer Tante denken. Sobald sie Edmund begegnete, gestand sie ihm ihren
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