Mansfield Park
dich nicht mehr haben kann. Weiß Gott, ob ich überhaupt etwas davon hätte, wenn ich zur Réunion ginge – ich würde am Ende gar keine Tänzerinnen finden. Die Mädel von Portsmouth rümpfen die Nase über jeden, der nicht Offizier ist. Als Fähnrich ist man einfach ein Nichts. Erinnerst du dich an die Gregorys? Sie sind bildhübsche Mädel geworden, aber mit mir reden sie kaum, weil Lucy einen Leutnant zum Verehrer hat.»
«Sie sollten sich schämen! Aber mach dir nichts daraus, William! (Dabei glühten ihre eigenen Wangen vor Empörung.) Es lohnt sich wirklich nicht, einen Gedanken daran zu verlieren. Es bedeutet ja keine persönliche Herabsetzung für dich – die größten Admiräle haben zu ihrer Zeit mehr oder weniger das gleiche durchgemacht. Daran mußt du immer denken. Du mußt es als eine der Unannehmlichkeiten betrachten, die eben einmal zum Los des Seemanns gehören – wie schlechtes Wetter und harte Mühsal – nur mit dem Unterschied, daß diese Plage bald ein Ende nimmt, daß schließlich doch die Zeit kommt, da du davon nichts mehr zu erdulden hast. Wenn du erst Leutnant bist – stell dir nur vor, William, wie nichtig dir das alles erscheinen wird, wenn du erst Leutnant bist!»
«Ach, Fanny, ich beginne zu glauben, daß ich niemals Leutnant sein werde. Jeder ist schon befördert worden – nur ich nicht.»
«Liebster William, sprich nicht so, verlier nicht den Mut! Onkel redet nicht darüber, aber ich bin sicher, er tut alles, was in seiner Macht steht, für deine Beförderung. Er weiß genauso gut wie du, wie wichtig es für dich ist.»
Sie verstummte, da sie plötzlich merkte, daß ihr Onkel viel näher stand, als sie gedacht hatte, und beide fühlten sich bewogen, von etwas anderem zu sprechen.
«Tanzt du gern, Fanny?»
«Schrecklich gern – nur werde ich so rasch müde.»
«Ich würde gern einmal mit dir auf einen Ball gehen und dich tanzen sehen. Habt ihr hier niemals Bälle? Ich würde dich gern tanzen sehen und selbst mit dir tanzen, wenn es dir recht wäre – denn hier wüßte ja niemand, wer ich bin, und ich möchte es wieder einmal mit dir probieren. Weißt du noch, wie lustig wir miteinander herumgehüpft sind, wenn draußen der Drehorgelmann gespielt hat? Ich bin jetzt kein schlechter Tänzer, aber du verstehst es wohl noch besser.» Und zu seinem Onkel gewandt, der zu ihnen herangetreten war: «Ist Fanny nicht eine sehr gute Tänzerin, Sir?»
Fanny war über diese unerhörte Frage so entsetzt, daß sie nicht wußte, wo sie bleiben und wie sie sich gegen die Antwort wappnen sollte. Was sie erwartete, war ein strenger Tadel oder zumindest der Ausdruck der eisigsten Gleichgültigkeit, die ihren Bruder tief verletzen und sie selber völlig zu Boden werfen würde. Doch ihr Onkel erwiderte im Gegenteil ganz freundlich: «Leider bin ich nicht in der Lage, deine Frage zu beantworten. Ich habe Fanny nicht tanzen gesehen, seit sie ein kleines Mädchen war – aber wir dürfen wohl annehmen, daß sie sich mit Anstand aus der Affäre zieht. Vielleicht werden wir in absehbarer Zeit Gelegenheit haben, uns selbst davon zu überzeugen.»
«Ich hatte das Vergnügen, Ihre Schwester tanzen zu sehen, Mr. Price», mischte sich Henry Crawford ein, «und kann Ihnen versprechen, alle Ihre Fragen zu Ihrer größten Zufriedenheit zu beantworten. Aber ich fürchte (mit einem Blick auf Fannys verzweifeltes Gesicht), wir müssen das Gespräch auf ein anderes Mal verschieben. In unserer Gesellschaft befindet sich eine Person, die es nicht mag, wenn man über Miss Price spricht.»
Er war tatsächlich einmal dabei gewesen, als Fanny tanzte, und jetzt hätte er sich auch ohne weiteres dafür verbürgt, daß sie mit leichter Anmut und feinem rhythmischem Gefühl durch den Saal geglitten sei, doch er konnte sich daran absolut nicht erinnern. Er nahm es eher als wahrscheinlich an, daß sie an jenem improvisierten Ball teilgenommen hatte; damals hatte sie keinen Eindruck auf ihn gemacht.
Immerhin galt er jetzt für einen Bewunderer von Fannys Tanzkunst, und Sir Thomas, dem dies gar nicht schlecht gefiel, setzte wohlgelaunt das Gespräch fort; er vertiefte sich so eifrig in die Beschreibung der Bälle von Antigua und hörte so interessiert zu, was sein Neffe über verschiedene exotische Volkstänze, die er kennengelernt, zu berichten wußte, daß er nicht hörte, wie man seinen Wagen meldete, und erst durch Mrs. Norris’ umständliches Getue darauf aufmerksam wurde.
«So komm doch, Fanny, was trödelst du wieder? Wir
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