Mansfield Park
die Frage verstanden hatte, zögerte er nicht mit der Antwort.
«Gewiß, Papa, ich habe nie etwas anderes im Sinn gehabt. Als Mieter muß ich Sie leider abweisen, Crawford, aber als Freund sind Sie herzlich eingeladen. Betrachten Sie sich jeden Winter als Mitbesitzer des Hauses. Wir werden für Sie Stallungen dazubauen, nach Ihrem eigenen verbesserten Plan und allen Verbesserungen Ihres verbesserten Plans, die Ihnen im Lauf des Frühjahrs noch einfallen können.»
«Wir sind dabei die Verlusttragenden», fuhr Sir Thomas fort. «Daß Edmund uns verläßt, auch wenn es sich nur um eine Entfernung von acht Meilen handelt, bedeutet eine bedauerliche Verkleinerung unseres Familienkreises. Andererseits wäre es eine große Enttäuschung für mich, wenn ein Sohn von mir sich mit einer bequemeren Lösung zufriedengäbe. Es ist durchaus natürlich, daß Sie, Mr. Crawford, sich über diesen Punkt noch nicht viele Gedanken gemacht haben, aber eine Pfarrgemeinde hat ihre Bedürfnisse und Ansprüche, die nur der Pfarrer, der ständig mit ihr lebt, genau kennen und die kein Vertreter im gleichen Maß befriedigen kann. Edmund könnte, wie man so zu sagen pflegt, seine Pflichten in Thornton erfüllen, das heißt die Gebete sprechen und die Predigt halten, ohne Mansfield Park zu verlassen. Er könnte jeden Sonntag zu einem dem Namen nach von ihm bewohnten Pfarrhaus hinüberreiten und den Gottesdienst abhalten, also, falls er daran sein Genügen fände, jeden siebenten Tag drei bis vier Stunden lang Pfarrer von Thornton Lacey sein. Aber das kann ihm nicht genug sein, denn er weiß, daß die menschliche Natur mehr Leitung und Belehrung braucht, als eine Predigt in der Woche ihr zu geben vermag. Wenn er nicht selbst mitten unter seinen Pfarrkindern lebt und sich durch ständige Teilnahme als ihr Freund und Berater erweist, leistet er ihnen und sich selber keinen großen Dienst.»
Mr. Crawford verneigte sich zustimmend.
«Ich wiederhole indes», fügte Sir Thomas hinzu, «daß Thornton Lacey das einzige Haus in der Nachbarschaft ist, als dessen ständigen Bewohner ich Mr. Crawford nicht gerne aufsuchen würde.»
Mr. Crawford verneigte sich dankend.
«Mein Vater», sagte Edmund, «kennt zweifellos die Pflichten eines Gemeindepfarrers. Hoffentlich wird sein Sohn beweisen, daß er sich ihrer gleichfalls bewußt ist.»
Welchen Eindruck Sir Thomas’ kleine Stegreifpredigt auch auf Henry Crawford gemacht haben mochte – in zwei seiner aufmerksamsten Zuhörerinnen, Mary Crawford und Fanny, erregte sie peinliche Empfindungen. Fanny, der es bis jetzt noch nie so klar geworden war, daß Edmund sein Heim so bald und so endgültig verlassen würde, suchte sich hinter gesenkten Lidern vorzustellen, was es für sie bedeuten würde, ihn nicht mehr täglich zu sehen; Mary hingegen, aus den verlockenden Phantasien herausgerissen, denen sie sich auf Grund von Henrys Beschreibung hingegeben hatte, war nun nicht mehr fähig, in dem Zukunftsbild, das sie sich ausgemalt hatte, einfach den Pfarrer und die Kirche wegzulassen und das Pfarrhaus nur als den stattlichen, aufs vornehmste modernisierten Lustsitz eines unabhängigen, vermögenden Edelmanns anzusehen. Sie betrachtete Sir Thomas, der das schöne Bild zerstört hatte, mit ausgesprochenem Unwillen und litt um so mehr unter dem Respekt, den sein Wesen ihr unwillkürlich einflößte, als sie nicht den kleinsten Versuch wagte, seine Worte ins Lächerliche zu ziehen und sich dadurch Erleichterung zu verschaffen.
An ihrer «Spekulation» hatte sie nun kein Vergnügen mehr. Es war Zeit, das Spiel zu beenden, wenn dabei gepredigt wurde, und sie war froh, daß man endlich zu einem Abschluß kam, so daß sie ihren Platz und ihre Nachbarn wechseln konnte.
Die Teilnehmer der Gesellschaft scharten sich in Erwartung des allgemeinen Aufbruchs zwanglos um den Kamin. Nur William und Fanny blieben allein an dem verlassenen Spieltisch sitzen, plauderten gemütlich miteinander und dachten nicht an die anderen – bis man an sie zu denken begann. Zuerst drehte Henry Crawford seinen Stuhl in ihre Richtung und beobachtete sie einige Minuten lang schweigend, wobei er selbst von Sir Thomas beobachtet wurde, der im Gespräch mit Dr. Grant in der Nähe stand.
«Heute ist Réunion-Abend», sagte William.
«Wenn ich in Portsmouth wäre, wäre ich vielleicht mit dabei.»
«Aber du wärest nicht lieber in Portsmouth, William?»
«Nein, Fanny, ganz bestimmt nicht. Ich werde von Portsmouth und vom Tanzen noch genug bekommen, wenn ich
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