Mansfield Park
Vorschläge parat, wie die Räume am besten einzuteilen wären, fand aber, daß Sir Thomas bereits alles organisiert hatte; und als sie über den Termin zu mutmaßen begann, zeigte es sich, daß der Tag schon bestimmt war. Es hatte Sir Thomas Spaß gemacht, ein vollständiges Programm auszuarbeiten. Sobald Mrs. Norris sich ruhig zuzuhören bequemte, las er die Liste der einzuladenden Familien vor; auch unter Berücksichtigung der kurzen Frist rechnete er damit, genug junge Leute zusammenzubringen, um zwölf bis vierzehn Paare aufzustellen. Er legte auch die Gründe dar, die ihn bewogen hatten, den Ball auf den Zweiundzwanzigsten festzusetzen. William mußte am Vierundzwanzigsten wieder in Portsmouth sein, der Zweiundzwanzigste war also der letzte Tag seines Besuches, und da bis dahin nur noch wenige Tage blieben, wäre es unklug, einen noch früheren Termin zu bestimmen. Mrs. Norris mußte sich damit begnügen, genau das gleiche gedacht zu haben und gerade im Begriff gewesen zu sein, den Zweiundzwanzigsten als den allerpassendsten Tag für das Unternehmen vorzuschlagen.
Der Ball war jetzt also beschlossene Tatsache, und bevor es Abend wurde, eine Tatsache, die allen, die es anging, kundgetan war. Die Einladungen wurden ohne Verzug ausgesandt, und manche junge Dame ging an diesem Abend von erfreulichen Sorgen erfüllt zu Bett. Für Fanny überwogen die Sorgen beinahe die Freude. Jung und unerfahren, wie sie war, in ihren Mitteln beschränkt und ohne Zutrauen zu ihrem eigenen Geschmack, bedeutete die Frage, wie sie sich anziehen sollte, für sie eine quälende Sorge. Das nahezu einzige Schmuckstück, das sie besaß, ein sehr hübsches Bernsteinkreuz, das William ihr aus Sizilien mitgebracht hatte, bereitete ihr den allergrößten Kummer, denn sie besaß nichts als ein Stückchen Band, um es um den Hals zu hängen. Sie hatte es zwar schon einmal so getragen, aber war das statthaft zu einem so großartigen Anlaß, unter all dem prachtvollen Schmuck, in dem ihrer Meinung nach die anderen jungen Damen prangen würden? Und es nicht zu tragen, war undenkbar! William hatte ihr auch noch ein goldenes Kettchen dazu kaufen wollen, doch dies überstieg seine Mittel – darum wäre es eine große Kränkung für ihn, wenn sie das Kreuz nicht trüge. Das waren sorgenvolle Gedanken – sorgenvoll genug, um ihr Gemüt trotz der Aussicht auf den Ball, der hauptsächlich ihr zuliebe gegeben wurde, zu verdüstern.
Inzwischen waren die Vorbereitungen in vollem Gange, und Lady Bertram auf ihrem Sofa ließ sich dadurch nicht im geringsten stören. Sie empfing ein paar außertourliche Besuche der Haushälterin, und ihre Zofe mußte sich ziemlich abhetzen, um ihr ein neues Kleid zu nähen. Sir Thomas erteilte Anweisungen, und Mrs. Norris hastete im Haus umher, aber all das bedeutete für sie keine Störung. Wie sie richtig vorausgesehen hatte, brachte ein Ball «überhaupt keine Unruhe» mit sich.
Edmund hatte zu dieser Zeit seine ganz besonderen Sorgen. Seine Gedanken drehten sich um zwei wichtige Fragen, die sich nun bald entscheiden und sein ganzes künftiges Leben bestimmen würden – Ordinierung und Ehe. Das waren Ereignisse von solcher Tragweite, daß der Ball ihm weniger wichtig erschien als jedem anderen Menschen im Hause. Am Dreiundzwanzigsten sollte er zu einem Freund in der Nähe von Peterborough reisen, der sich in der gleichen Lage befand, und beide sollten sie im Laufe der Weihnachtswoche ordiniert werden. Damit war sein Geschick zur Hälfte entschieden – doch die andere Hälfte würde sich vielleicht nicht so glatt und reibungslos bewältigen lassen. Er war dann in seine Pflichten eingesetzt, aber die Frau, die dazu ausersehen war, diese Pflichten zu teilen und ihnen einen beglückenden Sinn zu geben, war damit noch nicht gewonnen … Über seine eigenen Gefühle war er sich im klaren, doch Miss Crawfords war er nicht so sicher. Es gab Punkte, in denen sie nicht übereinstimmten, es gab Augenblicke, in denen sie ihm nicht gewogen schien, und obwohl er sich alles in allem ihrer Zuneigung so sicher fühlte, daß er entschlossen (oder doch beinahe entschlossen) war, die Entscheidung in Kürze herbeizuführen, sobald nur die mannigfaltigen, vor ihm liegenden Geschäfte erledigt wären und er wüßte, was er ihr zu bieten hatte – so gab es für ihn doch manchen angstvollen Augenblick, manche Stunde, da er an seinem Erfolg zweifelte. Manchmal war er überzeugt, daß sie ihn wirklich liebte; er durfte sich sagen, daß sie
Weitere Kostenlose Bücher