Mansfield Park
eilte ihr nach: «Nein, gehen Sie nicht, schenken Sie mir noch fünf Minuten!» Er nahm sie bei der Hand, er führte sie zu ihrem Stuhl zurück und war schon mitten in seiner Liebeserklärung, bevor sie noch recht begriff, warum er sie zurückgehalten hatte. Als sie es aber verstand, als sie zu hören bekam, daß sie Gefühle in seiner Brust erregt hatte, wie er sie nie zuvor gekannt, und daß alles, was er für William getan, nur seiner grenzenlosen, unsagbaren Verehrung für sie entsprang, war sie tief bekümmert und fand zuerst keine Worte. Ihr erschien das alles als leeres Gerede, als galante Tändelei, die keinen anderen Sinn hätte, als ihm eine müßige Stunde zu vertreiben. Sie hatte das Gefühl, daß es ungebührlich und unwürdig wäre, sie so zu behandeln, daß sie es nicht verdient hätte – aber es sah ihm ähnlich und paßte zu seinem früheren Benehmen; andrerseits wollte sie sich nicht gestatten, ihr ganzes Mißvergnügen zu zeigen, weil sie sich ihm zu so großem Dank verpflichtet fühlte, daß selbst seine unpassende Aufführung sie nicht davon entbinden konnte. Während ihr Herz noch vor Freude und Dankbarkeit über Williams Glück bebte, konnte sie wegen einer Beleidigung, die nur ihre Person betraf, nicht ernstlich grollen. Nachdem sie ihm zweimal ihre Hand entzogen und zweimal vergeblich versucht hatte, sich abzuwenden, sprang sie auf und rief in großer Erregung: «Bitte, hören Sie auf, Mr. Crawford, ich bitte Sie sehr darum! Es ist mir sehr unangenehm, wenn Sie so reden. Ich muß gehen – ich kann das nicht anhören.»
Doch er redete weiter, gestand ihr seine Liebe, hoffte auf ihre Gegenliebe und bot ihr schließlich in so klaren Worten, daß selbst sie nicht an ihrem Sinn zweifeln konnte, sein Herz, seine Hand, sein Vermögen an – alles, was er besaß. So war es. Er hatte es gesagt. Ihre Verwirrung und Verblüffung wurden immer größer, und obwohl sie noch immer nicht glauben konnte, daß er es ernst meinte, hielt sie sich kaum mehr aufrecht. Er drängte sie um eine Antwort.
«Nein, nein, nein!» rief sie, ihr Gesicht verbergend. «Das ist ja alles Unsinn. Kränken Sie mich nicht – ich kann das nicht mehr anhören.
Sie waren so gut zu William, daß ich Ihnen unendlich dankbar bin – ich kann nicht sagen, wie dankbar … Aber ich will das nicht hören, ich kann und darf das nicht hören … Nein, nein, denken Sie nicht an mich – aber Sie tun es ja gar nicht! Ich weiß, daß das alles nichts bedeutet …»
Sie hatte sich von ihm losgerissen, und in diesem Augenblick hörte man draußen Sir Thomas mit einem Bedienten sprechen. Es blieb keine Zeit für weitere Beteuerungen und Erklärungen, und Henry mußte sie gehen lassen, obwohl er in seinem zuversichtlichen Optimismus überzeugt war, daß in diesem Augenblick nur noch ihre mädchenhafte Scheu seinem Glück im Weg stand. Sie stürzte aus dem Zimmer, während ihr Onkel gleichzeitig durch die gegenüberliegende Tür eintrat; und bevor noch Sir Thomas mit seinen höflichen Begrüßungen und Entschuldigungen zu Ende kam, bevor er noch ahnte, welch erfreuliche Nachricht sein Besucher ihm mitzuteilen hatte, war Fanny ins Ostzimmer geflüchtet, wo sie in der äußersten Verwirrung widerstrebender Gefühle unruhig umherwanderte.
Fanny bebte am ganzen Körper, während sie ihre Gedanken und Gefühle zu ordnen suchte – sie war aufgeregt, glücklich, verzweifelt, unbeschreiblich dankbar, tief empört und erzürnt, alles auf einmal … Es war einfach nicht zu glauben! Es war unverzeihlich, unbegreiflich! Aber so war er eben, daß er nichts Gutes tun konnte, ohne dabei schlecht zu handeln. Zuerst hatte er sie zum glücklichsten Geschöpf der Welt gemacht – und gleich darauf hatte er sie beleidigt – beschimpft – sie wußte nicht, wie sie es nennen, wie sie es ansehen sollte. Daß er es ernst meinte – das durfte einfach nicht sein! Und doch! Wie hätte er solche Worte gebrauchen, solche Anträge machen können, wenn er es nicht ernst meinte?
Aber William war Leutnant! Das war Tatsache, daran war nicht zu zweifeln und zu deuteln. Daran wollte sie stets denken und alles übrige vergessen. Mr. Crawford würde sicher nie wieder in diesem Ton mit ihr reden – er mußte gemerkt haben, wie unangenehm es ihr war. Und wenn er sie nur in Ruhe ließ, wie dankbar konnte sie dann seiner Freundschaft für William gedenken!
Sie wagte sich aus dem Zimmer nicht weiter als bis zur großen Treppe, bevor sie nicht ganz sicher war, daß Mr. Crawford das
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