Mansfield Park
lang über sich selbst verfügen darf. Ihr Haar war so glatt und ordentlich wie immer, nur ein einziges kleines Löckchen fiel ihr beim Schreiben in die Stirn, und sie schüttelte es von Zeit zu Zeit zurück. Und mitten in dem Hin und Her sprach sie noch manchmal zu mir – oder hörte zu, als hörte sie mich gern sprechen. Wenn du sie so gesehen hättest, Mary, könntest du nicht an die Möglichkeit denken, daß sie jemals die Macht über mein Herz verlieren wird.»
Mary blieb stehen und lachte ihn strahlend an. «Liebster, liebster Henry! Wie froh bin ich, dich so verliebt zu sehen! Es macht mich überglücklich. Aber was werden Maria und Julia sagen?»
«Es kümmert mich nicht, was sie sagen und was sie denken. Jetzt werden sie wenigstens merken, wie die Frau aussieht, die mich fesseln kann – die einen vernünftigen Mann zu fesseln vermag! Ich kann ihnen nur wünschen, daß sie aus dieser Entdeckung Nutzen ziehen! Jetzt werden sie sehen, wie ihre Cousine behandelt zu werden verdient, und ich kann ihnen nur wünschen, daß sie sich ihrer eigenen abscheulichen Lieblosigkeit und Unfreundlichkeit von Herzen schämen! Sie werden sich ärgern», fuhr er nach kurzem Schweigen in weniger heftigem Ton fort. «Maria wird sich furchtbar ärgern. Es wird eine bittere Pille für sie sein – das heißt, es wird wie jede bittere Pille zwei Minuten lang unangenehm schmecken, und dann wird sie es hinunterschlucken und vergessen. Ich bin nicht der Narr, mir einzubilden, daß ihre Gefühle beständiger sind als die anderer Frauen, auch wenn sie meiner eigenen Person gegolten haben. Ja, Mary, meine Fanny wird täglich, stündlich, den großen Unterschied im Benehmen jedes Menschen fühlen, der in ihre Nähe kommt, und es wird die Krönung meines Glücks sein, daß sie dies mir zu verdanken hat, daß ich der Mann bin, der sie an den ihr gebührenden Platz stellt. Was ist sie denn jetzt? Ein abhängiges, hilfloses Geschöpf, ohne Freunde, von allen vernachlässigt und übersehen …»
«Nein, Henry, sie ist nicht ganz freundlos, sie wird nicht von allen übersehen. Ihr Vetter Edmund vergißt ihrer nie.»
«Edmund – das mag stimmen. Ich glaube, er behandelt sie alles in allem recht freundlich. Auch Sir Thomas ist nett zu ihr, aber so wie ein reicher, hochmütiger, pompöser, tyrannischer Onkel es eben versteht. Was können Sir Thomas und Edmund zusammengenommen für sie tun? Was tun sie tatsächlich für ihr Glück und ihr Behagen, für ihre Ehre und ihr Ansehen in der Welt, verglichen mit dem, was ich für sie tun werde?»
31. Kapitel
Am nächsten Morgen erschien Henry Crawford zu einer früheren Stunde, als es für Besucher üblich ist, wieder in Mansfield Park und fand die beiden Damen im Frühstückszimmer. Es traf sich für ihn sehr glücklich, daß Lady Bertram gerade im Begriff stand, hinauszugehen. Sie war schon fast bei der Tür angelangt, und da sie nicht gesonnen war, sich ganz umsonst so angestrengt zu haben, begrüßte sie ihn nur freundlich, murmelte etwas von «erwartet werden» und verließ das Zimmer, indem sie dem Bedienten auftrug, Sir Thomas von dem Besuch zu verständigen.
Henry sah sie mit Befriedigung verschwinden. Nachdem er unter Verbeugungen die Tür hinter ihr geschlossen hatte, wandte er sich rasch zu Fanny und sagte mit der größten Lebhaftigkeit, während er einige Papiere aus der Tasche zog: «Ich kann Ihnen nicht sagen, wie dankbar ich für diese Gelegenheit bin, Sie allein zu sprechen, ich habe es inniger gewünscht, als Sie ahnen können. Ich weiß, wie Sie Ihren Bruder lieben, und darum wäre es mir unerträglich, daß irgend jemand eine Nachricht mit Ihnen teilt, die Sie als erste erfahren müssen. Ich bringe Ihnen die Beförderung Ihres Bruders. Er ist Leutnant geworden, und es bereitet mir eine unbeschreibliche Freude, Ihnen dazu Glück zu wünschen. Hier sind die Briefe, die ich diesen Augenblick erhalten habe. Sie werden sie vielleicht selbst lesen wollen.»
Fanny vermochte nicht zu sprechen, aber das verlangte er auch gar nicht. Den Ausdruck ihrer Augen, das Erröten ihrer Wangen zu sehen, zu beobachten, wie sich Zweifel, Verwirrung und Beglückung in ihren Zügen malten, war ihm genug. Sie las die Briefe, wie er ihr sie reichte. Der erste war vom Admiral, der seinem Neffen in wenigen Worten mitteilte, es sei ihm nun gelungen, die Beförderung des jungen Price zu erwirken. Zwei weitere Briefe waren beigeschlossen: der eine vom Sekretär des Ersten Lords an den Freund, den der Admiral in
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