Mansfield Park
geplaudert hatte, wofür sie sich augenfällig am meisten interessierte, begann Crawford ganz allgemein auf die Zweckmäßigkeit eines Morgenspaziergangs hinzuweisen. Es wäre ein so schöner Morgen, und da das Wetter um diese Jahreszeit sich häufig im Lauf des Tages zu verschlechtern pflege, sei es für jedermann angezeigt, den täglichen Spaziergang nicht zu lange hinauszuschieben. Da diese Anspielungen nichts fruchteten, ging er bald dazu über, Mrs. Price und ihren Töchtern ausdrücklich zu empfehlen, ohne weiteren Zeitverlust ihren Spaziergang anzutreten. Jetzt kam man zu einer Verständigung. Es stellte sich heraus, daß Mrs. Price sich selten aus ihren vier Wänden wegrührte, außer am Sonntag; sie gestand, daß sie mit ihrer großen Familie kaum jemals Zeit zum Spazierengehen fände. – Aber würde sie nicht wenigstens ihren Töchtern zureden, das schöne Wetter auszunützen, und ihm das große Vergnügen gestatten, die jungen Damen zu begleiten? – Mrs. Price war ihm sehr verbunden und durchaus einverstanden. Ihre Töchter wären ziemlich viel eingesperrt – Portsmouth sei ein so öder Ort – sie gingen nicht oft aus – und wie sie wisse, hätten sie einige Besorgungen in der Stadt, die sie sehr gerne erledigen würden. Und das Ende war, daß Fanny, so sonderbar es ihr auch vorkam – sonderbar, unangenehm und qualvoll – sich zehn Minuten später mit Susan und Mr. Crawford auf dem Weg zur Hauptstraße befand.
Bald häufte sich Peinlichkeit auf Peinlichkeit, Verwirrung auf Verwirrung. Sie hatten kaum die Hauptstraße erreicht, als sie ihrem Vater begegneten, dessen Äußeres durch die Tatsache, daß es Samstag war, nicht eben gewonnen hatte. Er blieb stehen, und so kompromittierend er auch aussah, fühlte Fanny sich doch gezwungen, ihn Mr. Crawford vorzustellen. Sie konnte keinen Augenblick daran zweifeln, welchen Eindruck er auf Mr. Crawford machte. Er mußte Scham und Widerwillen empfinden. Ja, jetzt würde er sie unverzüglich aufgeben und nicht mehr daran denken, sie zu heiraten … Und so sehr sie auch gewünscht hatte, ihn von seiner Verliebtheit zu kurieren, schien ihr diese Art Kur fast so schlimm wie die Krankheit selbst. Ich glaube, es gibt in ganz England kaum eine junge Dame, die sich nicht lieber mit dem Unglück abfinden möchte, von einem klugen, liebenswürdigen Mann umworben zu werden, als zu erleben, daß ihn die Gewöhnlichkeit ihrer nächsten Angehörigen verscheucht.
Mr. Crawford kam beim Anblick seines zukünftigen Schwiegervaters wohl schwerlich auf den Gedanken, ihn in puncto Kleidung zum Vorbild zu nehmen, aber ihr Vater war (wie Fanny augenblicklich und mit großer Erleichterung merkte) in seinem Benehmen diesem hochvornehmen fremden Herrn gegenüber ein ganz anderer Mensch, ein vollkommen anderer Mr. Price als zu Hause im Kreise seiner eigenen Familie. Jetzt waren seine Manieren, wenn auch nicht gerade übertrieben fein, doch durchaus annehmbar; sie drückten Dankbarkeit, Lebhaftigkeit und männliche Geradheit aus. Er sprach wie ein liebevoller Vater und ein vernünftiger Mensch. Seine schallende Stimme machte sich im Freien sehr gut, und er ließ sich keinen einzigen Fluch entschlüpfen. Das war die Achtung, die er instinktiv Crawfords guten Manieren zollte, und was auch die Folgen sein mochten – für den Augenblick fühlte Fanny sich grenzenlos erleichtert.
Die Höflichkeiten, die von den beiden Herren ausgetauscht wurden, endeten damit, daß Mr. Price sich erbötig machte, Mr. Crawford die Werft zu zeigen, und obwohl dieser sie ungezählte Male gesehen hatte, wollte er einen Vorschlag nicht zurückweisen, der als Liebenswürdigkeit gemeint war und ihn überdies auf ein längeres Zusammensein mit Fanny hoffen ließ; so erklärte er sich dankbar einverstanden, vorausgesetzt, daß die jungen Damen die Anstrengung nicht fürchteten; und da auf unerfindliche Art ermittelt oder gefolgert oder wenigstens danach gehandelt wurde, daß sie nicht die geringsten Bedenken hätten, stand es fest, daß sie allesamt auf die Werft mußten. Mr. Price hätte sich ohne jede Rücksicht auf die vorgesehenen Besorgungen seiner Töchter unverzüglich dahin aufgemacht, doch Mr. Crawford griff ein und sorgte dafür, daß man zunächst die Geschäfte in der Hauptstraße aufsuchte, die das eigentliche Ziel des Spaziergangs gebildet hatten. Es hielt sie nicht lange auf, denn für Fanny war es ein schreckliches Gefühl, jemanden warten zu lassen oder Ungeduld zu erregen; daher waren die
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