Manta 01 - Omnivor
verbucht hatte. »Das merke ich schon. Sie behalten diese Pose bei, als seien Sie eine Statue. Nicht einmal ein leichtes Zittern. Man braucht eine sehr spezielle Kontrolle, um das zu schaffen. Aber nehmen wir einmal an, jemand weigert sich ganz einfach, mit Ihnen zu sprechen?«
»Ich kann dann immer noch viel von dem in Erfahrung bringen, was ich wissen will. Aber ich ziehe Kooperation bei weitem vor.«
Sie war wieder nervös. »Ziehen Sie das jetzt an«, sagte sie und brachte ihm ein anderes Kostüm.
Subble kehrte in ihr Schlafzimmer zurück und wechselte die Kleidung. Er stellte fest, daß sie hier keins ihrer eigenen Gemälde aufgehängt hatte. Und es waren überhaupt keine von Nacre vorhanden.
Das neue Kostüm war ein konservativer BusinessAnzug aus dem zwanzigsten Jahrhundert, dessen einziges unpassendes Merkmal aus einer bunten Wahlplakette mit der Aufschrift ICH UNTERSTÜTZE JACK am rechten Rockaufschlag bestand.
Aquilon hatte sich ebenfalls umgezogen und trug jetzt einen vom Kopf bis zu den Zehen reichenden Sporttaucheranzug, der echt zu sein schien. Der enganliegende Gummianzug stellte eine Figur zur Schau, die ohne jeden Makel war. Sie war eine der gesündesten, lieblichsten Frauen aller Zeiten, gemessen an seinem objektiven Standard. Es war ungewöhnlich für so ein Wesen, sich von der Umwelt abzukapseln.
»Dies ist für einen zeitgenössischen Bekenntnisnachdruck bestimmt«, sagte sie. »Sie stehen mir zugewandt da und blicken interessiert drein, so als ob sie im Begriff wären, sich unsterblich in ein süßes Mädchen zu verlieben. Nein, nicht lüstern. Interessiert. Sie sehen in ihr die ideale Hausfrau, Ehefrau und. Nein.«
Sie klemmte den Pinsel hinter das rechte Ohr und kam hinter der Leinwand hervor.
»Sehen Sie mich an. Ich bin die zukünftige Mutter Ihrer Kinder, aber Sie lieben mich noch nicht. Das ist alles noch latent. Heben Sie die Augenbrauen ein bißchen und strecken Sie eine Hand wie suchend aus, Finger gekrümmt, aber entspannt. Ihr Gewicht ruht auf den Fußballen, aber ein bißchen schief, als ob Sie einen Schritt nach vorne machen wollen. Ja!« Sie holte tief Atem, was ihren bemerkenswerten Busen noch mehr betonte. »Nun stellen Sie sich mich in einer Küchenschürze beim Bügeln Ihrer Hemden vor. Wir sind im Jahr 1960, müssen Sie wissen. Alles muß gebügelt werden. Man muß dies alles von Ihrem Gesicht ablesen können, einschließlich des Jahres und der Jahreszeit.
Frühling natürlich. Sie kennen den Spruch: Der Mann begehrt die Frau, aber die Frau begehrt das Begehren des Mannes. Aber es muß ein sauberes Begehren sein. Es ist für eine saubere Publikation bestimmt. Sie müssen der Typ Mann sein, dessen Begehren das nette Mädchen begehrt, wenn Sie verstehen, was ich meine. So! Behalten Sie diesen Ausdruck bei.«
Sie malte eifrig. »Nun zeigen Sie mir, wie Sie aus einem unkooperativen Kunden Informationen herausholen«, sagte sie mit einer Stimme, die plötzlich wie leblos klang. Genau wie Veg verlangte sie einen persönlichen Beweis.
Subble beobachtete sie und entdeckte die Falle. Die Staffelei verdeckte den größten Teil ihres Körpers, so daß er die Schwankungen ihres Atems und der Körperhaltung nicht direkt wahrnehmen konnte, und der undurchsichtige Anzug verbarg mögliche Errötungen der Haut und feine Muskelzuckungen und ließ auch keinen Körpergeruch frei werden. Sie legte eine getönte Gesichtsmaske aus Plastik an und atmete durch ein funktionierendes Sauerstoffsystem, so daß es auch hier keine Hinweise gab. Er konnte ihr Gesicht noch immer sehen, aber es war so ausdruckslos wie eine Fotografie.
Aquilon kannte sich mit Spezialagenten aus.
»Sehr hübsch«, sagte er. »Aber allein die Tatsache, daß Sie Ihr Gesicht leblos werden lassen können, gibt mir einen Anhaltspunkt. Und selbst wenn ich gar keine anderen Quellen hätte, könnte ich viel in Erfahrung bringen, indem ich Ihr Apartment studiere. Wenn es unbedingt nötig wäre, könnte ich sie ausziehen und den physischen Signalen wieder freien Lauf lassen. Interessant wäre das schon - man müßte die Wettbewerbsbedingungen ändern, wenn Sie an einer Schönheitswahl teilnehmen. Aber ich wiederhole: Ich will nur das, was Sie mir freiwillig geben.«
Sie nahm die Maske ab. »Informationen, meinen Sie.«
»Sicher.«
»Ich frage mich, ob es stimmt, daß man Ihr Bewußtsein nach jedem Auftrag löscht.«
»Es stimmt.«
»Ist das nicht so, als ob man stirbt?«
»Nein. Es ist so, als ob man vom Sterben befreit
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