Manta 01 - Omnivor
Toben fortzufahren, weil das Opfer in Sicherheit war. Einzeln und in Gruppen kehrten die Mantas zurück.
Aquilon begann, die Bluse vom Kopf ihres Mantas abzuwickeln. »Ich habe gar nicht gewußt, daß sie so kaltblütig sind«, sagte sie, als sei dies das Wichtigste an der ganzen Sache.
Der Kreis bildete sich erneut. Der größte Manta kam nach vorne, und Aquilon trat zur Seite. Er betrachtete die zitternde Kreatur auf dem Boden. Dann erhob er sich ohne Vorankündigung in die Luft. Der Körper des Geblendeten schüttelte sich, als die mächtige Scheibe darüber hinwegglitt und ihn mit kaum wahrnehmbaren Schlägen in Stücke hieb. Schnell war nichts weiter übrig als ein Haufen zerstückelten Fleischs.
»Nein, nein!« schrie Aquilon.
Sie wehrte sich, aber diesmal war Vegs Griff ganz fest. Wirkungslos schlug sie nach ihm, fiel ihm dann schluchzend in die Arme.
»Ich wollte ihm doch nur helfen! Denken die vielleicht, daß er durch meine Berührung ver.«
»Paß auf!« brüllte Veg.
Er schleuderte sie nach links und warf sich selbst nach rechts.
Der große Manta kam, sein grausames Auge blitzend. Die Scheibe schien sich enorm auszudehnen. Veg streckte die Arme aus, so als ob er die Kreatur durch die Masse seines eigenen Körpers aufhalten und zum Stoppen bringen könne, aber der Manta drehte sich in der Luft und umkurvte ihn.
Aquilon blickte hoch. und schrie auf, als der Manta zuschlug. Viermal peitschte der Schwanz in ihr Gesicht, bevor sie die Hände zum Schutz hochreißen konnte. Dann war die rächende Gestalt wieder weg, und sie stürzte zu Boden, die Knöchel gegen die Wangen gepreßt. Blut quoll zwischen den Fingern hervor.
Veg kniete sofort neben ihr nieder. Er packte ihre Gelenke mit seinen großen Händen und bog sie gewaltsam zur Seite.
Zutiefst betrübt blickte ihm Cal über die Schulter. Als Aquilon das Gesicht hob, sah er, daß sich ihre Tränen mit dem verschmierten Blut vermischt hatten. Auf beiden Seiten wiesen Wangen und Kinn tiefe Schnitte auf, aber das Blut floß und spritzte nicht hervor. Ihre Augen hatten nichts abbekommen, und es war auch keine Arterie getroffen worden.
Sein Blick fiel auf ihre nackten Schultern und den Rücken. Nachdem sie nur ganz kurz den Strahlen der Sonne Nacres ausgesetzt worden war, rötete sich die Haut bereits und bildete Blasen. Die Verletzungen erstreckten sich bis hinunter zu den Trägern ihres Büstenhalters.
Cal zog sein eigenes Hemd aus. Die Erfordernis eines Tuchs überwand seine große Abneigung, die Skeletthaftigkeit seines Körpers zu entblößen. Er reichte es Veg, der es ohne Umstände entgegennahm und Aquilons Gesicht damit so gut säuberte, wie er nur konnte.
Die Schnitte waren sauber angesetzt worden, nicht ausgefranst, und der Blutfluß hörte schnell auf.
»Ich brauche ein neues«, stieß Veg hervor.
Da erkannte er erst, was er da in der Hand hatte.
»He!« Er blickte Cal verlegen an, packte dann den kurzen Ärmel seines eigenen Hemds und zerrte daran. Seine Muskeln spannten sich, als der widerstandsfähige Stoff zerriss. Er befeuchtete ihn mit der Zunge und wischte sorgfältig die restlichen Blutflecke weg.
»Ich kann das auch machen«, bot Cal an.
»Vielleicht solltest du das wirklich tun«, sagte Veg, der sich an etwas erinnerte, grimmig. »Ich habe noch etwas mit Bruder Manta zu erledigen!«
Während des Aufstehens griff er nach dem Gewehr und nahm es an sich. Sofort aktivierte er die Brennkammer.
»Nein, nicht!« rief Cal, der seine Absicht erkannte. »Du kannst den Manta nicht an unseren Maßstäben messen. Wir wissen nichts über seine Motive. Er könnte gedacht haben, daß Quilon für das Quälen und Blenden des Jungen verantwortlich war. Sie haben keine klare Vorstellung von der Sonne. Vielleicht verehren sie sie sogar als Verkörperung des Bösen. Sie könnten sogar glauben, daß wir das Licht mit uns gebracht haben.«
Veg beachtete ihn nicht. Er suchte nach dem großen Manta.
»Sie könnten sogar recht haben«, fuhr Cal verzweifelt fort. »Unsere Schiffe starten und landen und erschüttern die Atmosphäre, wenn wir Nachschub heranholen. Vergiß nicht, der Mensch ist ein Omnivore.«
Veg stand da, das Gewehr schußbereit, die Kammer erhitzt.
Cal wußte, daß die Waffe viel Unheil anrichten konnte, wenn ihr Dampf einen Hagel von Projektilen auf die stehenden Mantas abfeuerte. Ihre Hauptvorteile waren, abgesehen vom Zischen des entweichenden Dampfs, ihre lautlose Wirkungsweise und die zuverlässige Munition, denn die
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