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Manta 02 - Orn

Manta 02 - Orn

Titel: Manta 02 - Orn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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war die eines Vogels, der noch nicht gebrütet hatte. Dergleichen war eine Besonderheit seiner Linie.
    Am Morgen erkundete er das benachbarte Terrain. Sie war hier gewesen. Es mußte Zeichen geben, die auf ihren Weg hindeuteten. Er würde sie entdecken, wie flüchtig sie auch sein mochten.
    Es war nicht einfach, aber er war darauf programmiert. Er wäre gar nicht in der Lage gewesen, eine so alte Spur überhaupt wahrzunehmen, wenn sie von einer anderen Kreatur gestammt hätte. Aber seine angeregten Drüsen schärften die Sinne, und alle Erinnerungen richteten sich auf dieses eine Unterfangen. Sein Such- muster identifizierte flußabwärts eine weitere Spur, dann eine dritte, und er war auf seinem Weg. In zwei Tagen lokalisierte er frischere Spuren und einen Tag darauf den Schlafsitz, den sie für einige Zeit benutzt hatte. Er befand sich in der erhöht liegenden Aushöhlung eines verrottenden Flachblattbaums. Nase und Auge und Gedächtnis informierten ihn, daß sie gegangen war, als ein räuberisches Reptil die Region durchstreift hatte. Sie hatte ein paar Federn verloren, aber nicht ihr Leben.
    Sie war in die Berge geflüchtet, vielleicht erst zu dem Zeitpunkt in jüngster Zeit, zu dem Orn auf der anderen Seite des Kontinents mit dem tobenden Meer zusammengetroffen war. Diese Reifeperiode sicherlich.
    Jetzt wurde die Suche außerordentlich schwierig, denn sie war über bebende, erhitzte Felsen gerannt, um der Verfolgung zu entgehen. Aber Orn erweiterte sein Suchmuster und blieb hartnäckig, so wie er es(mußte, und nach einiger Zeit fand er die Spur dort wieder, wo sie ins Tal hinabgestiegen war.
    Ihre Abdrücke und ihr Geruch vermischten sich mit denen anderer Tiere, so als ob sie sich unter eine Tri- cerherde gedrängt hatte. Wieder mußte er das Netz weiter spannen, und wieder blieb er erfolgreich, wie er es mußte. Tage alt jetzt nur noch, stimulierte ihre Spur ihn ungemein. Sie war allein und geschlechtsreif und nicht viel älter als er. Sie wollte einen Partner, hatte aber keinen gefunden. All dies las er aus ihrer Spur heraus, deren Signale er seit vielen Jahrtausenden kannte, und sein Begehren nach ihr wurde wild und wilder.
    Aber er fand sie nicht.
    Sie fand ihn.
    Sie war auf seine eigene Spur gestoßen, während sie herumstreifte, und hatte sie augenblicklich erkannt. In weniger als einem Tag hatte sie zu ihm aufgeschlossen.
    Orn blickte, sich ihrer Gegenwart plötzlich bewußt, von dem gerade geschlüpften Brach hoch, den er verzehrte. Über den freien Raum des verlassenen Tricer- weideplatzes starrten sie einander an. Sein Schnabel war beschmiert mit dem Blut des jungen Reptils, seine Nase umnebelt von den frischen Gerüchen des aufgerissenen Leichnams, und in diesem köstlichen und romantischen Augenblick sah er den Vogel, der sein Partner werden würde. Ornette: Um die Breite einer trockenen Schwanzfeder war sie kleiner als er. Ihr Schnabel war schlank, ein delikates Braun, das genau zu den Schuppen ihrer muskulösen Schenkel paßte. Ihre Augen waren groß und rund, halb überschattet von der grauen Blinzhaut. Ihre weißen Nackenfedern waren glatt und glänzend und gingen sanft in den grauen Brustteil über. Ihr Körpergefieder, heller an der Unterseite, war leicht aufgeplustert, denn sie hatte sich durch hohes Gesträuch bewegt. Ihre Flügel waren gepflegt und schön. Aufgrund der ungewöhnlichen, fast regressiven Länge ihrer Schwungfedern sahen sie größer aus, als sie tatsächlich waren. Selbst die Krallen ihrer Füße glänzten mit natürlichem Fett. Sie gab einen weiblichen Duft von sich, der den Mann gleichzeitig erregte und verrückt machte. Sie war wunderschön und ganz und gar begehrenswert.
    Dann war sie weg, ihr wohlgeformtes Brustbein herumwerfend und vor ihm davonlaufend. Und er rannte mit aller Kraft hinter ihr her, die Mahlzeit vergessen. Sie verschwanden hohem Palmettengesträuch und ließ ihn hinter sich zurück. Aber dies war eine Jagd, die er mit Gewißheit erfolgreich abschließen würde, denn seine Sehnen waren kräftiger, seine männliche Ausdauer größer. Dies war so, wie es sein mußte und wie es während der gesamten Existenz der Spezies immer gewesen war.
    Sie flüchtete in den Sumpf und drang in das Territorium des Struth ein, jenes hitzigen Reptils, das Orn so ähnlich war. Das mochte Ärger bedeuten, aber es gab nichts, was Orn dagegen tun konnte. Wenn er einen Bogen schlug, um ihr den Weg abzuschneiden, würde sich nur der Abstand vergrößern, denn im Augenblick war

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