Manta 02 - Orn
die Seebewohner kaum unter Bäume dieser Größe wagen würden, selbst wenn sie in der Lage waren, das Wasser zu verlassen. Die beiden wateten hinein und paddelten mit ihren Stummelflügeln; betraten das Wasser, während die Kälte in der Luft zurückblieb. Der See selbst war warm, und sie würden untergetauchten Räubern gegenüber verwundbar sein. Aber die Reptilien an der Oberfläche oder am Ufer würden noch träge und deshalb weniger gefährlich sein als üblich. Wenn sich solche Kreaturen in der Nähe aufhielten, war der Morgen die beste Zeit zum Stöbern.
Nicht eine Störung kräuselte den See, abgesehen von ihren eigenen Bewegungen. Sie kamen schnell und sicher hinüber aber dies war kein Wagnis, das sie so bald wieder auf sich nehmen würden.
Der Inselboden war schwammig, aber nicht sumpfig; die Matten der abgefallenen Föhrennadeln bildeten ein hervorragendes Fundament. Obgleich die Insel klein war, so war sie doch nicht flach. Die Bäume stiegen in der Mitte einen Hügel hinauf. Orn erkannte ihn als das, was er war: die Spitze eines überspülten Bergs. Einst mochte er so hoch und kalt dagestanden haben wie die Gipfel der Kette, die dieses warme Tal einschlossen, aber seine unteren Gesteinsschichten waren eingebrochen und hatten der Bucht gestattet, Besitz von ihnen zu ergreifen. Seine ursprüngliche Gestaltwerdung war vulkanisch gewesen. Nichts von dieser Tätigkeit war
jetzt noch übrig, sonst wäre Orn nicht geblieben.
Nahe am Wasser standen dichte Bärlappbüschel, die Spitzen so hoch wie sein Kopf. Einst war diese Spezies ein Riese mit einem Vielfachen dieser Größe gewesen, aber irgendwie war sie auf diesen harmlosen Status hinabgesunken und schrumpfte anderswo auf dem Kontinent noch mehr. Schachtelhalmbinsen waren ebenfalls überreich vorhanden, obwohl in der Größe ebenfalls reduziert.
Am Rand eines sich windenden Einschnitts entdeckten sie den idealen Nistplatz: eine moosige Halbinsel, abgeschirmt innerhalb einer nördlichen kleinen Bucht. Sie war vor den heftigeren Wellen des Ozeans geschützt und vor dem offenen Gelände der Hauptinsel. Die Brücke zu dem Platz war schmal, so daß ein einzelner Vogel sie verteidigen konnte, und die Bucht selbst war tief genug, um ein Durchwaten nicht angebracht erscheinen zu lassen. Auch war die Mündung des Einschnitts mit gezackten Felsen gespickt, die den meisten großen Seekreaturen den Zugang verwehrten. Eine Gruppe von mehreren Kiefern diente als Brecher des Landwinds, und der Hauptteil der Insel schützte vor dem Seewind. Die Erde war reich an Larven, kleine Fische wimmelten in der Bucht und Muscheln im groben Sand darunter.
Ornette war befriedigt, sah sich bereits nach einer speziellen Stelle für das Nest um. Aber Orn war vorsichtiger. Die Erfahrung seiner Ahnen sagte ihm, daß scheinbar ideale Örtlichkeiten mehr als ein Individuum oder eine Spezies reizten. Manchmal war eine fehlerhafte Örtlichkeit sogar vorteilhafter, wegen des Wettbewerbsfaktors. Und er war sich unmittelbar des Schicksals seiner Eltern bewußt, die auf einer anderen scheinbar idealen Insel genistet hatten. Orn wollte nicht, daß seine eigenen Küken verwaisten, während sie schlüpften.
Der Reptiliengeruch war stark hier, und es gab viele Ausscheidungen. Irgend etwas benutzte diese Halbinsel regelmäßig, aber er war nicht in der Lage, die betreffende Kreatur zu identifizieren, bevor er sie tatsächlich sah.
Ornette, weiblich, hatte wenige solcher Bedenken. Verteidigung des Nests war nicht ihre erste Verantwortlichkeit; sein Füllen war es. Sie kratzte die Erde an mehreren Stellen auf und flatterte, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dieser Ort? Dieser? Oder näher am Wasser?
Unfähig, ihre Begeisterung ohne unvernünftige Schroffheit zu unterdrücken, stimmte Orn einer Örtlichkeit neben der Bucht zu. Diese befand sich auf einem breiten, erhöhten Stein, oben muldenförmig, den er sowohl vor der Flut als auch vor Eier aufsaugenden Reptilien und landgebundenen Insekten sicher wähnte. Eine Flügelspanne breit und halb so hoch, war er groß genug für ein ordentliches Nest und hatte doch einen scharf abgegrenzten Umkreis. Die Eier würden dort genauso sicher sein wie sonst irgendwo im Freien, und natürlich würden sie niemals ohne Aufsicht gelassen werden.
Wenn er nur wüßte, was für eine Art von Reptil diese Lokalität aufsuchte. Sie mochte harmlos sein. Den ganzen Nachmittag arbeiteten sie am Nest, suchten zwischen den Kiefern nach Nadeln und Zapfen und
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