Manta 02 - Orn
herausragten. Im wahrsten Sinne des Wortes: Tyrann säuberte seine Zähne mit diesen rudimentären, zweiklauigen Armen, obwohl er selbst dabei den Hals verdrehen mußte. Es schien also so, als könne er nicht an Cal herankommen, solange der breite Baumstamm dazwischen war. Keineswegs.
Der Dinosaurier drehte sich und klatschte seinen massigen Schwanz gegen den Stamm. Der Baum zitterte. Wedel fielen nach unten und zwangen Cal, sich zu ducken. Eine speerartige Samenschote fuhr in den Boden neben seinem Kopf. Das Ding war fast einen Meter lang und sehr spitz. Er sprang von dem Baum weg, als er merkte, wie gefährlich seine Deckung war.
Und stoppte, denn er erkannte, daß genau dies die Absicht Tyranns gewesen war.
Der Schwanz peitschte um den Baum herum, eine narbige Säule aus Fleisch, und traf ihn an der Hüfte, als er gerade versuchte, wieder hinter der Palme in Deckung zu gehen. Seine Kraft war durch den Stamm gebrochen worden, und die Rückenwirbel erlaubten nicht viel Biegsamkeit, aber der abgeschwächte Stoß reichte vollkommen aus, Cal wieder aus der Deckung zu schleudern. Sein Knüppel flog davon, und er hatte keine Chance, ihn wieder in die Hand zu bekommen. Jetzt besaß er nicht einmal mehr eine symbolische Waffe.
Und natürlich war Tyrann bereit. Er griff an.
Cal tauchte unter dem Dinosaurier hindurch und entging den klaffenden Kiefern abermals durch den Überraschungseffekt seiner Bewegung. Tyrann hatte erwartet, daß er von ihm weg fliehen würde, und sich entsprechend eingestellt. Cal prallte von der faltigen Haut des Reptilnackens zurück, wobei sein Arm an den hornigen Schuppen entlangscharrte, und sprang schwer atmend wieder auf den Baum zu.
Er war dankbar dafür, daß er nicht versucht hatte, sich durch Erklettern der Palme in Sicherheit zu bringen. Er wäre für diesen Schwanz ein willkommenes Ziel gewesen. Tyrann konnte ihn nicht einsetzen, um damit zu greifen oder zu umschlingen, aber das rohe Hämmern gegen die Basis des Baums hätte so ziemlich alles heruntergeschüttelt. Tyrann wandte sich wieder um, beobachtete Cal mit einem Auge. Der Schwanz hob sich, schlug zu.
Diesmal wartete Cal nicht auf ihn. Mit offenen Augen sprintete er von dem Stamm weg. Als der Schwanz traf, warf er sich auf den Boden und ließ die Spitze über sich hinwegjagen. Sofort war er wieder auf den Füßen und rannte mit schmerzenden Beinen und Lungen zur nächsten Palme.
Tyrann ließ ein Gebrüll los, das sich anhörte, als würde man Kies auf ein Metalldach schütten. Er folgte.
Cal machte bei dem Baum nicht halt. Er umkurvte ihn und steuerte auf ein kleines Waldstück zu, das über hundert Meter von ihm entfernt lag. Sein Atem rasselte in der Kehle, Speichel rann ihm übers Kinn, und in seiner Seite steigerte sich ein Schmerz zu einem Quadratmeter von Agonie, aber er konnte nicht stehenbleiben.
Der Dinosaurier wurde durch die Bäume aufgehalten, weil er mehr Raum brauchte, um sie zu umkurven, kam aber trotzdem, schneller voran. Seine Füße stampften wie Rammklötze und erschütterten den Boden in einem seltsam gleichmäßigen Rhythmus.
Cal Herz pumpte schwer, und jetzt stand seine ganze Brust in Flammen. Er erkannte, daß er es nicht bis zu den Kiefern und Rottannen schaffen würde. Eigentlich sollte Tyrann inzwischen auch schon ermüden, aber es schien so, als seien die Schritte des Dinosauriers so lang, daß sein Laufen mehr ein Gehen war und keine Erschöpfung hervorrief. Cal tauchte hinter eine schräg geneigte Eiche und lehnte sich dagegen, zu müde, um mehr zu tun, als Tyrann zu beobachten.
Aber jetzt stand ihm das Glück zur Seite. Das kleingeistige Reptil hatte die Vorliebe seines Opfers für Richtungsänderungen vergessen und preschte an dem Baum vorbei. Dann, seinen Irrtum erkennend, sann er nach, konnte aber den Kontakt nicht sofort wiederherstellen; der Geruch des Säugetiers war hinter ihm stärker als vor ihm, und das gab für das Reptil im Augenblick keinen Sinn.
Cal glitt um den Baum herum. Er war sich bewußt, daß die mehr zufällige Ruhepause vermutlich sein Leben gerettet hatte. Aber er wußte nur zu gut, daß der Krieg noch nicht vorüber war. Dies war nur eine Unterbrechung, und zwar eine sehr kurze.
Tyrann faßt sich wieder und näherte sich dem Baum. Diesmal wartete er, um zu sehen, in welche Richtung Cal davonlaufen würde. Er bekam nicht mit, daß der Mann kaum noch Energie hatte, um überhaupt zu laufen. Ja, der Dinosaurier lernte durch Erfahrungen, aber in diesem Fall nicht schnell
Weitere Kostenlose Bücher