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Manta 02 - Orn

Manta 02 - Orn

Titel: Manta 02 - Orn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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genug. Er sprang nach vorne, wenn Abwarten am besten war, und er wartete ab, wenn der direkte Weg ihm den Sieg einbringen würde. Aber das war sein Handicap: Für ein Reptil war er klug genug, aber für die Intelligenz eines Menschen reichte es nicht.
    In Wahrheit wäre Tyrann besser beraten gewesen, die Jagd auf Cal aufzugeben und sich statt dessen um einige sorglose, im Hügelland lebende Baby- Brachiosaurus zu bemühen. Diese Jungen gingen nicht ins Wasser, bis es ihre sich entwickelnde Masse erforderlich machte, und bis dahin hatte sich ihre Zahl nahe an den Rand des Aussterbens verringert. Die erwachsenen weiblichen Brachs machten jährliche Pilgergänge landaufwärts, um ihre Eier zu legen, und auch diese wären eine mühelose Ernte für Tyrann gewesen. Aber dieser Dinosaurier war zielbewußt. Er hatte sich Cal als Beute für den Tag ausgesucht und wollte nicht aufgeben. Cal respektierte dies. Er hatte es mit einem würdigen Gegner zu tun, über den zu siegen bedeutungsvoll war.
    Als Tyrann zu der Überzeugung kam, daß sich sein Opfer nicht entfernen würde, hatte sich Cal gut erholt. Auch der Schmerz in seinen Eingeweiden war verflogen. Seltsamerweise fühlte .er sich stärker denn je, so als sei er gestählt worden, als hätten die Anstrengungen ihn mit Energie ausgestartet, anstatt sie zu verbrauchen. Dies war möglich: Seine Schwäche war mehr das Symptom eines auf der Erde genährten psychologischen Syndroms gewesen als irgend etwas ursprünglich Physisches. Auf Nacre hatte er einen ersten Vorgeschmack der Befreiung davon bekommen, dort auf dieser dünn besiedelten Welt und in Begleitung starker Freunde. Auf Paläo hatte er die zweite Erfahrung gemacht, und obwohl es Elemente der Disharmonie gab, war der Gesamteffekt wohltuend. Und durch diese Hetzjagd hier Löste er den letzten dieser inneren Konflikte. Die lange Agonie der Unentschlossenheit war vorüber. Er würde sich selbst beweisen - und seine Spezies, seine Gattung, Familie, Ordnung und Klasseoder sterben. Er mußte sich nicht länger selbst verkrüppeln.
    Vielleicht kamen also jetzt die körperlichen Reserven, die so lange unterdrückt gewesen waren, zum Vorschein, und er war bereit für den Dinosaurier. Es war ein gutes Gefühl.
    Tyrann stürmte auf den Baum los, aber diesmal drehte er sich nicht, um mit dem Schwanz zu drohen. Er schob seinen Kopf an dem schrägen Baumstamm vorbei und machte halt.
    Cal huschte ein Viertel um den Baum herum, aber stoppte, als er sah, daß sein Widersacher dort auch war. Ein gigantisches Bein ging neben dem Stamm nieder, während sich der alptraumhafte Schädel von der gegenüberliegenden Seite herabsenkte. Tyrann konnte den Kreis schließen, wenn ihm die richtige Technik einfiel!
    Aber mit Schwierigkeiten. Dies war ein ungewöhnliches Manöver. Die Reflexe des Dinosauriers waren mehr darauf ausgerichtet, durch etwas Hindurchzubrechen, als etwas zu umschlingen. Das Schließen des Kreises ging langsam vonstatten, und der Schwanz schaffte es überhaupt nicht. Der hochbiegsame Hals war das wichtigste Instrument. Er kam, um den Schenkel zu treffen - und Cal dazwischen.
    Speichel tropfte aus dem grinsenden Rachen und rann über die zweischneidenden Zähne. Der Gestank des Reptils war ekelerregend. Cal starrte in das nahe Auge, das kaum einen Meter entfernt war und aus dieser Entfernung riesig aussah. Der Unterkiefer darunter weitete sich, als sich die Gesichtsmuskeln anspannten. Die Haut war rauh, unregelmäßig bedeckt mit Knoten und in der Gegend der Ohröffnung mit Runzeln übersät und hing wie ein verlängerter Kehllappen unterhalb des Kinns: die Wamme. Oh, hätte er doch jetzt den verlorenen Knüppel! Er könnte ihn brauchen, um ihn in das Auge zu stoßen!
    Er blickte nach unten und suchte nach einer Waffe, aber dort lagen nur Lehm und Eicheln. Eine in das Auge geschleuderte Handvoll grober Sand könnte etwas erreichen. Aber Eicheln? Langsam teilten sich die Kiefer. Die lippenlose Haut zog sich von jedem dolchartigen Zahn zurück und glitt über die muskelgefüllten Fenestrae, die Fenster im Schädel. Der fremde Reptilatem quoll hervor, heiß, nicht kalt. Es war eine falsche Bezeichnung, wenn man Reptilien als kaltblütig beschrieb. Ihre Körpertemperatur variierte und wurde durch die äußeren Bedingungen und körperlichen Anstrengungen bestimmt. In diesem wannen Tal war das Reptil so warmblütig wie ein Säugetier und funktionierte genauso gut.
    Die verkümmerten Vorderglieder stellten sich als so groß heraus

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