Mantel, Hilary
Kardinals verhandelt, ein Kopf, der sich auf und ab bewegte und aussah
wie gekocht. Henry hat das Bad jetzt übernommen und plätschert darin mit
ausgewählten Gentlemen, die es sich gefallen lassen, von ihrem Herrn unter
Wasser getaucht und halb ertränkt zu werden, wenn seine Stimmung ihn dazu
verleitet.
Der Maler bietet dem älteren
Kind den Pinsel an. Helen strahlt. »Vorsichtig, Schatz«, sagt sie. Ein Klecks
Blau wird aufgetragen. Du bist eine kleine Meisterin, sagt der Maler. Auf
Deutsch: Gefällt es Ihnen, Herr Cromwell, sind Sie stolz darauf?
Er übersetzt es für Helen. Sie
sagt: Wenn Sie nicht stolz darauf sind, sind es Ihre Freunde für Sie.
Immerzu übersetze ich, denkt
er: wenn nicht von einer Sprache in die andere, dann von Person zu Person. Anne
zu Henry. Henry zu Anne. An den Tagen, wenn er Besänftigung braucht und sie so
stachlig wie eine Stechpalme ist. Zu den Zeiten - sie kommen vor -, wenn sein
Blick in die Irre geht, einer anderen Frau folgt und sie es merkt und in ihre
eigenen Gemächer stürmt. Er, Cromwell, geht umher wie ein öffentlicher Dichter
und trägt Beteuerungen des Verlangens von einem zum anderen.
Es ist noch nicht einmal drei
Uhr, und schon liegt der Raum im Halbdunkel. Er hebt das jüngere Kind hoch, das
sich an seine Schulter fallen lässt und mit der Geschwindigkeit einschläft, mit
der jemand von einer Mauer fällt, wenn man ihn stößt. »Helen«, sagt er, »dieser
Haushalt ist voller ansehnlicher junger Männer, und sie werden sich alle ins
Zeug legen, um Sie das Lesen zu lehren, sie werden Ihnen Geschenke bringen und
versuchen, Ihre Tage zu versüßen. Lernen Sie und nehmen Sie die Geschenke und
seien Sie glücklich hier bei uns, aber wenn sich jemand Freiheiten erlaubt,
müssen Sie es mir sagen oder Rafe Sadler. Das ist der Junge mit dem kleinen
roten Bart. Obwohl ich nicht Junge sagen sollte.« Es ist bald zwanzig Jahre
her, dass er Rafe im Haus seines Vaters abgeholt und hergebracht hat, an einem
verhangenen, dunklen Tag wie diesem, an dem der Regen wie aus Eimern vom Himmel
fiel und das Kind an seiner Schulter zusammengesackt war, als er es in seine
Halle in der Fenchurch Street trug.
Die Stürme hatten sie zehn
Tage lang in Calais festgehalten. Schiffe, die Boulogne verließen, erlitten
Schiffbruch, Antwerpen war überflutet, ein großer Teil des Landes stand unter
Wasser. Er hätte gerne Botschaften an seine Freunde geschickt und sich nach
ihrem Leben und Besitz erkundigt, aber die Straßen sind unpassierbar, Calais
ist eine treibende Insel, auf der ein glücklicher Monarch regiert. Er geht zu
den Gemächern des Königs und bittet um eine Audienz — die Arbeit hört bei
schlechtem Wetter nicht auf-, aber man teilt ihm mit: »Der König kann Sie heute
Morgen nicht empfangen. Er und Lady Anne komponieren ein Stück für die Harfe.«
Rafe fängt seinen Blick auf,
und sie gehen wieder. »Wir wollen hoffen, dass sie nach einer gewissen Zeit ein
kleines Lied vorzuweisen haben.«
Thomas Wyatt und Henry Norris
betrinken sich zusammen in einer Spelunke. Sie schwören sich ewige
Freundschaft. Aber ihre Gefolgsleute geraten im Hof des Gasthauses in Streit
und rollen sich gegenseitig durch den Schlamm.
Mary Boleyn sieht er nicht wieder.
Vermutlich haben sie und Stafford einen Unterschlupf gefunden, in dem sie
komponieren können.
Bei Kerzenlicht, um die
Mittagszeit, zeigt ihm Lord Berners seine Bibliothek, hinkt energisch von Pult
zu Pult und behandelt die alten Folianten, von denen er seine gelehrten
Übersetzungen gemacht hat, mit großer Sorgfalt. Hier ist ein Roman von König
Arthur: »Als ich begonnen habe, ihn zu lesen, gab ich das Projekt beinahe
wieder auf. Für mich war klar, dass es zu fantastisch ist, um wahr zu sein.
Aber wissen Sie, nach und nach schien mir beim Lesen, dass die Geschichte eine
Moral hat.« Er sagt nicht, welche das ist. »Und hier ist Froissart, übertragen
ins Englische, ein Unternehmen, um das Seine Majestät mich persönlich gebeten
hat. Ich konnte gar nicht anders, denn er hatte mir gerade fünfhundert Pfund
geliehen. Würden Sie gerne meine Übersetzungen aus dem Italienischen sehen? Sie
sind ganz privat, ich habe sie nicht zum Drucker gegeben.«
Er verbringt einen Nachmittag
mit den Manuskripten, und sie diskutieren beim Abendessen darüber. Lord
Berners hat einen Posten inne, Schatzkanzler, den Henry ihm lebenslang
übertragen hat, aber weil er nicht in London ist, um ihn zu versehen, bringt er
ihm nicht viel Geld ein und auch
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