Mantel, Hilary
können plündern gehen.«
Cavendish hat hohle Wangen und
hohle Augen, als er ihn beim ersten Morgenlicht auf ein frisches Pferd setzt.
»Fordern Sie ein paar Gefälligkeiten ein. Es gibt kaum einen Herrn im
Königreich, der dem Lordkardinal nicht etwas schuldet.«
Es ist Ende Oktober, die Sonne
eine knapp über den Horizont geworfene Münze. »Halten Sie ihn bei guter Laune«,
sagt Cavendish. »Halten Sie ihn am Reden. Halten Sie ihn am Reden über das, was
Harry Norris gesagt hat...«
»Fort mit Ihnen. Sollten Sie
die Kohlen finden, auf denen der Heilige Laurentius geröstet wurde: Wir können
sie hier gut gebrauchen.«
»Oh, bitte nicht«, fleht
Cavendish. Seit gestern ist er weit gekommen und kann Witze über heilige
Märtyrer machen; aber er hat zu viel getrunken letzte Nacht, und es schmerzt,
wenn er lacht. Aber nicht zu lachen schmerzt auch. George lässt den Kopf
hängen, das Pferd bewegt sich unter ihm, seine Augen sind voller Verwunderung.
»Wie ist es dazu gekommen?«, fragt er. »Dass Mylord Kardinal im Dreck kniet?
Wie konnte das geschehen? Wie in aller Welt?«
Er sagt: »Safran. Rosinen.
Äpfel. Und Katzen, besorgen Sie Katzen, große, die am Verhungern sind. Ich weiß
nicht, George, woher kommen Katzen? Ach, warten Sie! Glauben Sie, wir können
irgendwie an Rebhühner kommen?«
Wenn wir an Rebhühner kommen,
können wir die Brüste in Scheiben schneiden und bei Tisch schmoren. Wir werden
so viel wie möglich auf diese Weise zubereiten; und wenn wir es verhindern
können, wird Mylord nicht vergiftet.
Eine
okkulte Geschichte Britanniens
1521-1529
Einst, in unvordenklichen Zeiten
gab es einen König von Griechenland, der dreiunddreißig Töchter hatte. Jede
einzelne dieser Töchter lehnte sich auf und brachte ihren Ehemann um. Er war
fassungslos darüber, wie er solche Rebellinnen hatte zeugen können, wollte
sein eigenes Fleisch und Blut jedoch nicht töten, und so verbannte der fürstliche
Vater sie und setzte sie in einem ruderlosen Schiff aus.
Das Schiff hatte Vorräte für
sechs Monate an Bord. Am Ende dieses Zeitraums hatten der Wind und die Gezeiten
sie an den Rand der bekannten Welt getragen. Sie landeten an einer in Nebel
gehüllten Insel. Weil sie keinen Namen hatte, gab ihr die älteste der
Mörderinnen ihren eigenen: Abina.
Als sie ans Ufer kamen, waren
sie hungrig und gierten nach männlichem Fleisch. Aber Männer waren nirgendwo
zu finden. Die Insel war nur von Dämonen bewohnt.
Die dreiunddreißig
Prinzessinnen paarten sich mit den Dämonen und brachten eine Rasse von Riesen
zur Welt, die sich ihrerseits mit ihren Müttern paarten und weitere Wesen ihrer
Art zeugten. Diese Riesen verteilten sich über die gesamte Landmasse
Britanniens. Es gab keine Priester, keine Kirchen und keine Gesetze. Es gab
auch keine Möglichkeit, die Zeit zu bestimmen.
Nach acht Jahrhunderten der
Herrschaft wurden sie durch Brutus von Troja gestürzt.
Brutus, Urenkel des Äneas,
wurde in Italien geboren; seine Mutter starb bei seiner Geburt, und seinen
Vater tötete er versehentlich mit einem Pfeil. Er floh den Ort seiner Geburt
und wurde zum Anführer einer Gruppe von Männern, die Sklaven in Troja gewesen
waren. Gemeinsam gingen sie mit dem Schiff auf eine Reise nach Norden, und die
Launen des Windes und der Strömung trieben sie genauso an Albinas Küste wie
zuvor die Schwestern. Als sie an Land gingen, waren sie zu einem Kampf mit den
Riesen gezwungen, die von Gogmagog angeführt wurden. Sie schlugen die Riesen
und warfen ihre Anführer ins Meer.
Von welcher Seite man es auch
betrachtet: Alles beginnt mit einem Gemetzel. Brutus von Troja und seine
Abkömmlinge herrschten so lange, bis die Römer kamen. Bevor London Lud's Town genannt wurde, hieß es Neues
Troja. Und wir waren Trojaner.
Manche Leute sagen, dass die
Tudors diese Geschichte noch übertreffen, so blutig und dämonisch sie auch
ist: dass sie über die Linie Konstantins, Sohn der St. Helena und Brite, von Brutus
abstammen. Arthur, Großkönig von Britannien, war Konstantins Enkel. Vermutlich
heiratete er drei Frauen, die alle Guinevere hießen, und sein Grabmal liegt in
Glastonbury, aber man muss begreifen, dass er nicht wirklich tot ist und nur
darauf wartet zurückzukehren.
Sein gesegneter Abkömmling,
Prinz Arthur von England, wurde im Jahr i486 geboren, als ältester Sohn Henrys,
des ersten Tudor-Königs. Dieser Arthur heiratete Katherine, die Prinzessin von
Aragon, starb mit fünfzehn und wurde in der Kathedrale von
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