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Mantelkinder

Mantelkinder

Titel: Mantelkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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Brieftasche. Sie würden Nadine von der Arbeit abhalten und ihr den Verdienstausfall bezahlen müssen.
    „Pah!“, schnaubte Karin. „Ich hätte nie gedacht, dass es so vielen Männern egal ist, wo sie ihren Schwanz reinstecken. Hast du schon mal? Mit ´ner Nutte, meine ich.“
    „Ein Mal, ja“, gab er zu. „Ich war knappe zwanzig und wollte wissen, was es mit der schnellen Nummer auf sich hat, von der die Kumpels immer geredet haben.“
    „Und?“
    Chris überlegte kurz. „Es war ziemlich miserabel. Die Frau hatte richtig was drauf, aber ich fand es total bescheuert, mich mit einer Fremden im Bett zu wälzen. — Hier musst du rechts rein.“
    Das Gelände war zur Straße hin mit Büschen abgeschirmt. Am Rand eines Kreisverkehrs standen fast zwei Dutzend für diese Jahreszeit viel zu dünn bekleidete Frauen. Die meisten trugen Netzstrümpfe und Röcke, die nur den halben Po bedeckten. Manche hatten wenigstens kurze Felljacken übergezogen, andere bibberten in durchscheinenden, glänzenden Oberteilen.
    Der Platz war gut ausgeleuchtet und am Rand, halb verdeckt von den Büschen, entdeckte Chris einen Streifenwagen. Die ständige Polizeipräsenz hier war bis heute umstritten. Die einen fragten sich, wieso mit Steuergeldern Prostitution unterstützt, wenn nicht gar gefördert wurde. Die anderen waren der Meinung, dass die Frauen natürlich geschützt werden mussten. Und nur ganz wenige machten sich Gedanken darüber, dass sie in einer Gesellschaft lebten, die es überhaupt nötig machte, Frauen vor Männern schützen zu müssen.
    Etwas abseits stand der Bus vom SkF. Chris überlegte kurz, ob sie dort mit Nadine reden sollten, aber das hätte vielleicht ihren Loddel aufgebracht. Also bedeutete er Karin, sich in den Kreisverkehr einzufädeln. Nur drei Wagen befanden sich darin. Zwei bewegten sich im Schritttempo fort, einer hatte angehalten, weil dessen Insasse wahrscheinlich in nähere Verhandlungen trat.
    Karin hielt bei der erstbesten Frau und Chris ließ die Seitenscheibe herunter, um nach Nadine zu fragen. Die Prostituierte trat näher und zeigte auf eine Gestalt genau gegenüber. Ihr Zittern dabei war nicht zu übersehen. Ob nun wegen der Kälte oder weil sie dringend einen Schuss brauchte, vermochte Chris nicht zu beurteilen. Ihr Blick war teilnahmslos und leer. Sie schien auch nicht überrascht, dass Karin mit im Wagen saß. Aber vielleicht war es ja gar nicht so selten, dass hier Pärchen auftauchten, die ihr eingerostetes Eheleben aufpeppen wollten, überlegte Chris, während er Ausschau nach bekannten Gesichtern hielt. In der Dunkelheit konnte er jedoch nur Bettina ausmachen, die durch ihre enorme Größe überall auffiel. Nachdem sie mindestens zehn Mal wegen illegaler Prostitution verhaftet worden war, verlor der Richter die Geduld und wollte sie sechs Monate aus dem Verkehr ziehen. Chris überredete sie jedoch zu einem Drogenentzug und konnte so die drohende Haft abwenden. Nach der Therapie tauchte sie allerdings bald wieder hier auf und verweigerte zurzeit jedes Hilfsangebot des SkF. Auch auf ein noch so harmloses Gespräch mit Chris ließ sie sich nicht ein.
    Als Karin vor Nadine anhielt, trat die nur einen einzigen Schritt vor. Sie war vorsichtig, und sie war blutjung. Wahrscheinlich knappe achtzehn. Das schwarz gefärbte Haar fiel locker auf den Kragen einer pinkfarbenen Jacke aus Nylonpelz, die ihr bis zu den Oberschenkeln reichte. Darunter sah man Netzstrümpfe und ebenfalls pinkfarbene Lackstiefel. Chris vermutete, dass sie weiter nichts trug.
    „Tinni schickt uns“, rief er aus dem Fenster.
    Sofort flog Nadines Blick in alle Richtungen. Sie musste eine Heidenangst vor ihrem Zuhälter haben.
    „Können wir irgendwo in Ruhe reden?“, fragte er deshalb.
    Sie deutete mit dem Kopf auf die alte Scheune hinter dem Kreisverkehr, wo die „Verrichtungsboxen“ untergebracht waren.
    „Na, Klasse!“, stöhnte Karin, als Nadine hinten einstieg, steuerte aber gottergeben eine gerade freigewordene Box an.
    Chris konnte sich dem durchdachten System nicht entziehen. Eine Art Garage ohne Dach, mit Wänden so hoch, dass jeder neugierige Blick ausgeschlossen war. Die Abmessungen der Box erlaubten es dem Fahrer nicht, die Wagentür zu öffnen. Auf der Beifahrerseite, wo die Mädchen normalerweise saßen, war ein kleiner Bürgersteig, so dass sie jederzeit aussteigen und die Box über eine Nottüre verlassen konnten.
    „Hasse Standheizung?“, war Nadines erste Frage, als Karin den Motor abgestellt

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