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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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peinliche Angelegenheit mit Chris. Wenigstens nicht mehr so sehr. Wahrscheinlich war er mir vom Universum gesandt worden. Nicht um der Mann an meiner Seite zu werden, sondern um endlich aufzuwachen aus meiner zynischen und materialistischen Existenz. Und mich an Orte und zu Menschen zu führen, die mich geistig weiterbringen konnten. Ich legte mich auf den Boden, nahm die Ruhestellung ein und ließ meine Gedanken fließen.
    Sie flossen zu meinem Kleiderschrank. Und sie flossen zu Chris.
    So hatte ich das eigentlich nicht vorgehabt.

    Es war nicht zu leugnen: So aufregend ich Siv fand, ich war immer noch nicht ganz über Chris hinweg. Und sei es, weil ich genau wusste, was ich angezogen hätte für unser Wiedersehen. Wenn es denn eines gegeben hätte.
    Ganz im Gegensatz zu dieser Verabredung mit Siv heute Nachmittag. Es gab da dieses unschlagbare Kleid, türkis, mit aufgenähter Stoffblume. Mädchenhaft, aber nicht kitschig, sexy, aber nicht aufreizend. Im Sommer funktionierte es mit Flipflops, im Winter mit Stiefeln, und man konnte es auch noch mit einem Not-Blazer am nächsten Tag ins Büro anziehen, ohne dass Berger komische Bemerkungen machte. (»Na, Frau Frank? Auswärtsspiel gehabt?«) Ein Kleid, das mich so unnachahmlich umarmte, dass Männer, die mich darin sahen, regelmäßig Lust bekamen, es auch zu tun.
    Hatte jedenfalls schon ein paarmal hervorragend funktioniert. Bloß passte mein Datekleid etwa so gut zum »Delhi Deli« wie eine Hollywood-Robe in eine rheinische Trinkhalle. Noch dazu am Nachmittag.
    Ach, Chris.
    Yogaklamotten. Vielleicht war das die rettende Idee.
    Bis halb drei hatte ich noch Hoffnung, dass der Paketbote rechtzeitig kommen würde. Denn die Aurahose und die Stulpen vom Namaste-Versand wären auf jeden Fall eine gute Basis gewesen. So als käme ich gerade von der letzten Übungsreihe oder ginge gerade hin, nein, noch besser: Als seien mein Leben und meine Yogapraxis so untrennbar miteinander verwoben, dass es gar keinen Unterschied mehr machte, was ich trug.
    Aber daraus wurde ja nun nichts. Also entschied ich mich wieder für die Variante »fröhliche Gärtnerin«: gekrempelte Röhrenjeans, Karoblüschen, flache Sneakers. Trotz meines Missgeschicks mit dem Stromkabel konnte Siv ja immer noch denken, dass ich der Typ für Grünpflanzen war. Gerade als ich einen Finger in meinen einzigen Blumentopf tauchte, um mir mit Erde ein paar authentische Ränder unter den Nägeln zu machen, sah ich aus dem Augenwinkel ein vertrautes Gesicht. Es blickte mich von einem Flyer an, der zuoberst auf einem Fensterbankstapel gelandet war.

    Ich versuchte, so zu tun, als hätte ich ihn nicht gesehen, aber mit Buddha waren solche Spielchen nicht zu machen. Schon hörte ich wieder die altbekannte Stimme.
    »Ich will mich ja nicht einmischen«, mischte Buddha sich ein, »aber warum arbeitest du so hart an einem Bild, das gar nichts mit dir zu tun hat?«
    »Wie jetzt?«, gab ich mich begriffsstutzig.
    Nicht mit Buddha!
    »Du weißt genau, was ich meine. Du willst diesem Mann etwas verkaufen, das ihm gefällt. Obwohl das gar nicht du bist.«
    »Bin ich wohl!«, gab ich patzig zurück. »Hast du die neuen Blätter an meinem Ficus gesehen?«
    »Das liegt nur daran, dass du die Pflanze nicht mehr abwechselnd vertrocknen lässt und dann vor lauter schlechtem Gewissen ertränkst«, erklärte Buddha sachlich.
    »Was bist du eigentlich? Ein Gott oder ein Gartenratgeber?«, fragte ich spitz.
    »Ich bin für dich immer der, den du gerade am nötigsten brauchst«, gab Buddha sanft zurück.
    »Ach was. Dann sag mir mal, was ich anziehen soll.«
    »Nimm die grüne.«
    »Bitte, wie?«
    »Nicht die lila Bluse. Die grüne. Du bist Frühlingstyp, nicht Sommertyp. «
    »Toll. Warst du in deinem früheren Leben mal Frauenzeitschriftenredakteurin? «
    Ich musterte das gütige Gesicht auf dem Flyer. Wieso hatte ich den überhaupt aufbewahrt, nach meiner missglückten Probestunde bei Nitya? Dann zwinkerte Buddha mir zu, und ich wunderte mich nicht einmal mehr darüber.
    »Was glaubst du denn, Schätzchen?«, fragte er. »Bei so vielen Leben, wie ich sie schon hinter mir habe?«
    Ich tätschelte freundschaftlich seine Glatze. »Wer hätte das gedacht«, sagte ich, »mit dir kann man ja richtig Spaß haben.«
    »Du solltest dir trotzdem mal Gedanken machen. Über das Bild,
das du versuchst abzugeben. Und was in dir ist, wenn du dich nicht in einem Gegenüber spiegelst.«
    Ich hätte das nicht sagen sollen, mit dem Spaß. Jetzt wurde er

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