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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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Ebene ist? Wie soll ich dir das nur erklären?«
    »Brauchst du nicht«, sagte ich. »Kenn ich gut.«
    Musste mein Vater mich jetzt ausgerechnet an meine letzte zauberhafte Begegnung der dritten Art erinnern?
    »Ilona jedenfalls«, fuhr er träumerisch fort, »ich glaube, in diese Frau hätte ich mich auch verliebt, wenn sie zehn Jahre älter gewesen wäre als ich und zwanzig Kilo mehr wiegen würde. Oder wenn sie rosa T-Shirts mit Mickymäusen tragen würde. Dass sie auch noch eine so attraktive Person ist, nun ja, das hat jedenfalls nicht geschadet. Aber glaub mir, dass ihr Kolleginnen seid, das weiß ich erst seit etwa einem halben Jahr.«
    »Einem halben Jahr? Da war sie doch schon schwanger!«
    »Eben«, er nickte, als erklärte das alles. »Das mit dem Baby war nicht geplant, jedenfalls nicht so schnell. Wir kannten uns ja noch nicht lange. Als dann klar war, dass wir Eltern werden, haben wir uns natürlich mehr über unser Leben erzählt. Und da dachte ich mir schon, dass es nicht so einfach werden könnte für dich. Dass dein alter Vater sich neu verliebt, in eine Frau, die deine große Schwester sein könnte.«
    Endlich blickte er auf. Er sah mich erwartungsvoll an, als müsste
ich sofort etwas sagen wie »na, so alt bist du ja nun auch wieder nicht«, aber da konnte er lange schmoren.
    »Jedenfalls«, sagte er nach einer Weile und drückte mit seinem Daumen auf meinen Schienbeinen herum, »jedenfalls habe ich dann ja immer wieder versucht, dir alles zu erzählen. Ilona war mir schon ganz böse, dass wir uns nie getroffen haben, du und ich. Aber es kam ja nie etwas von dir. Dass Ilona das nun selbst in die Hand nehmen wollte – na, da muss ich wohl noch einmal ein ernstes Wort mit ihr reden. Sie hat sich jedenfalls große Sorgen darum gemacht, wie du es aufnehmen würdest. Schließlich mag sie dich sehr.«
    »Die mag mich sehr?«, fragte ich ungläubig. »Die kennt mich doch überhaupt nicht!«
    »Sie hat mir erzählt, dass du dich in den letzten Monaten sehr verändert hast«, mein Vater bohrte einen Zeigefinger unter mein Knie, »eine Art inneres Strahlen, das du früher nicht hattest. Sagt sie. Wir haben uns schon gefragt … Evke, gibt es vielleicht einen neuen Mann in deinem Leben?«
    Grob riss ich ihm mein Bein weg. »Falsche Frage«, sagte ich finster, »nächste Frage.«
    »Entschuldigung«, gab mein Vater kleinlaut zurück, »ich hätte mich ja nur gefreut, wenn es von dir auch so schöne Neuigkeiten gegeben hätte wie von mir. Ich dachte, wir können ja auf jeden Fall bald mal zusammen mit Finn-Luca …«
    »Finn-Luca? Wer ist das nun wieder?«
    »Na, dein kleiner Bruder natürlich«, erklärte er mit einem beinahe vorwurfsvollen Ton, als hätte ich das längst wissen müssen.
    Aber da hatte ich wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden.
    »Der soll Finn heißen? Das geht nicht!«, rief ich aufgeregt. »Den Namen hatte ich mir doch selbst ausgesucht. Für meinen – ich meine, für deinen Enkel!«
    Mein Vater lachte. »Mein Enkel? Ich hatte dich gerade so verstanden, dass gerade gar kein Vater für das Kind in Sicht ist?«
    »Egal«, schmollte ich, »der Name gehört mir.«
    »Okay«, sagte mein Vater und nickte langsam, »dann schreiben wir ihn eben anders, den Finn-Luca. Mit Ypsilon, das geht auch.«

    Ich blickte auf seinen Daumen. Den breiten Fingernagel, die schwarzen Härchen darauf. Plötzlich musste ich wieder daran denken, wie ich mich früher gefühlt hatte, wenn mein Vater am Steuer unseres Autos saß. Das Lenkrad so fest und sicher umfasst, diese Klarheit im Blick, als wüsste er immer, wo es langgeht.
    Jedenfalls glaubte ich das damals.
    »Du hast dich ganz schön verändert«, sagte ich leise.
    Er nickte. »Du ja vielleicht auch. Und weißt du, was ich wirklich bereue? Dass ich es nicht einmal beurteilen kann. Dass ich es zugelassen habe, wie weit wir in den letzten Jahren auseinandergedriftet sind, Evke. Mein Mäuschen.«
    Und dann war es um mich geschehen. Schluchzend lag ich an seiner Brust, so, als sei ich selbst so winzig wie Finn-Luca und als könnte ein Vater so etwas sein wie ein Bollwerk gegen alles Böse auf der Welt. Dabei stellte ich mir vor, wie eine wild gewordene energetische Lichtdusche um sich spritzte und einfach alle Wesen mit Goldstaub bepuderte, meinen Vater und meine Mutter, IPS und das kleine Wesen in ihrem Bauch. Meine Freundinnen, von denen die wichtigste mich nicht mehr mochte. Selbst Siv bekam ein paar Spritzer ab.
    Aber nur aus Versehen.
    Bei aller Harmonie:

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