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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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Wort Yogastellung ziemlich frei interpretiert.«
    Siv verschanzte sich hinter seiner Teekanne und trank noch einen Schluck. Dann schüttelte er den Kopf. Er sah noch immer nicht annähernd so schuldbewusst aus, wie wir es uns vorgestellt hatten. Eher milde amüsiert.
    »Wir reden aneinander vorbei«, sagte er schließlich, »und das können wir noch eine ganze Weile tun, wir können es aber auch bleiben lassen. Denn Worte helfen uns hier nicht weiter. So, wie sie meistens überhaupt nicht besonders viel weiterhelfen. Ich muss ohnehin los. Ein Freund von mir gibt ein Sitar-Konzert im deutsch-indischen Kulturtreff.«
    Er stand auf, dann legte er die Handflächen vor der Brust zusammen und machte eine kleine Verneigung, erst zu mir, dann zu Nadine.
    »Ich grüße euch«, säuselte er, »und ich ehre euch.«
    Darauf fiel Nadine nichts mehr ein.
    Mir aber auch nicht.
    Wortlos starrten wir Siv nach, der an der Theke seinen Tee bezahlte. An einem Barhocker hatte der Brezenfahrer Platz genommen und trank missmutig ein Bier. Dann rauschte Siv durch den roten Vorhang hinaus, und nur ein leiser Luftzug erinnerte noch daran, dass er überhaupt hier gewesen war.
    »Arsch«, sagte Nadine schließlich.
    Ich zuckte die Achseln. »Irgendwie schon. Aber dann auch wieder nicht.«
    »Wie?«, sie sah mich erstaunt an, »willst du etwa behaupten, dass er recht hat mit seinen idiotischen Sprüchen von Wärme und Liebe?«
    »Nein«, ich nahm einen großen Schluck von meinem Getränk, »das nicht. Aber irgendwie imponiert er mir. Weil er – ja, weil er so bei sich bleibt. In jedem Moment. Als könnte er sich an sich selbst festhalten. So stark und so beweglich.«
    Nadine nickte nachdenklich. »Stark und beweglich. Das trifft es ganz gut. So fühle ich mich jedenfalls manchmal nach einer Yogastunde. Wie eines von diesen Engelchen da oben, das mit einem stabilen Faden an den Himmel geknüpft ist.«

    »Engelchen? Du?«
    »Na ja«, sie grinste, »natürlich hab ich auch ein kleines Teufelchen in mir. Aber du doch auch, oder?«
    »So ein Teufelchen ist ja auch eine feine Sache. Mit einer Menge Kraft.«
    »Um andere auf die Hörner zu nehmen, zum Beispiel.«
    »Ja. Was du nicht selbst an Stärke hast, kann dir auch kein anderer geben.«
    »Ach du Scheiße!« Nadine beendete abrupt das erste Treffen unseres kleinen, neu gegründeten Philosophiezirkels und sprang auf. »Was, hat der Brezenfahrer gesagt, hatte das Damenfahrrad für eine Farbe?« Und sie durchmaß den Raum mit großen Schritten und tippte nun ihrerseits den Mann an die Schulter.
    »Das ist mir furchtbar peinlich!«, hörte ich sie sagen. »Aber es hat vorhin so doll geregnet, da muss ich deinen Fahrradständer mit dem Fahrradständer vom ›Caféhaus‹ verwechselt haben.«
    Der Brezenfahrer sah sie an, und man merkte, dass er nicht recht wusste, ob er sich freuen sollte oder wütend sein. Eine Frau hatte seine Pläne durchkreuzt. Aber immerhin eine ziemlich gut aussehende. Mit jeder Menge Feuerenergie.
    »Und außerdem«, setzte sie nach, »war ich vorhin ein bisschen nervös. Aus einem bestimmten Grund. Hat sich aber erledigt.«
    »Ist schon okay«, sagte er und lächelte jetzt fast widerwillig, »aber dafür musst du mir jetzt auch einen ausgeben.«
    Auf diese Weise bekam Nadine an diesem Samstagabend doch noch ihr Date. Auch wenn es deutlich erfreulicher werden sollte, als sie es sich zu Beginn des Abends vorgestellt hatte. Und ich ging immerhin mit einer Person ins Bett, die ich langsam zu schätzen lernte. Auch wenn Liebe vielleicht ein etwas zu großes Wort gewesen wäre.
    Mit Evke Frank.
    Was hatte der Glückskeksspruch mir verraten?
    Nur der lange, gewundene Weg führt zu dir selbst.

NATARAJASANA
    Der Tänzer (Natarajasana) verleiht ein stabiles Gleichgewicht, das durch die Stürme des Lebens nicht erschüttert werden kann.

    Das Fernsehstudio lag in einem Vorort von München, aber es hätte auch in einem Vorort von Hannover liegen können. Oder von Hongkong. Oder von Hoyerswerda. Es sah nicht aus wie ein Gebäude, in dem lebendige Menschen arbeiteten, atmeten oder nachdachten. Eher wie ein überdimensionales Architekturmodell, das zu groß geraten war für seinen Schaukasten. Chrom- und Glasfassade, türkise Wandplatten. Als ich hereinkam, fror ich. Und das lag sicher nicht nur an der amerikanisch überdrehten Klimaanlage, die frische Polarluft ins Foyer pumpte.
    Unter einem riesigen Plakat, das Benita von Zitzewitz als Comicfigur mit Staublappen und Putzeimer zeigte,

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